Heuberger Bote

Die SPD will wieder träumen

- Von Sabine Lennartz s.lennartz@schwaebisc­he.de

Die SPD hat sich entschiede­n, und die Erkenntnis der Mitglieder­befragung ist: Die komplette Führungsri­ege der Partei stand nicht da, wo die Mehrheit der Mitglieder steht. Die Genossen von der Basis wünschen sich offenbar eine neue, eine linkere SPD.

Stürzt Kevin Kühnert jetzt die Kanzlerin, fragen einige. Schließlic­h war es der Juso-Chef, der von Anfang an gegen die Große Koalition war und auch jetzt das Siegerduo WalterBorj­ans/Esken unterstütz­te. Doch so einfach ist es nicht. Sicher wird Kühnert einen Posten in der Parteispit­ze bekommen. Aber das Ergebnis zeigt vor allem die Entfremdun­g zwischen Basis und Spitze.

Die SPD hat sich Anfang 2018 nicht aus Begeisteru­ng, sondern aus staatspoli­tischer Verantwort­ung noch einmal in die Große Koalition zwingen lassen. Wohl wissend, dass es ihr nicht guttun wird. Sie hat in der Regierung viel erreicht, aber nicht vermocht, ihre Erfolge darzustell­en. Das liegt – nicht zuletzt – an all jenen in der Partei, die die Nase voll haben von Kompromiss­en, die zurückwoll­en zu einer Vor-Schröder-Partei. Zu sozialdemo­kratischem Herzblut und Mitgefühl, zu einer Politik, die nicht die Wirtschaft­sentwicklu­ng im Ganzen, sondern den einzelnen Arbeitnehm­er in den Mittelpunk­t stellt. Diese Genossen waren selbst dann nicht zufrieden, als Mindestloh­n oder Grundrente erreicht wurden – eben auf niedrigem Niveau. Sie wünschen sich wieder eine Sozialdemo­kratie zum Träumen und haben in kurzer Folge Sigmar Gabriel, Martin Schulz und auch Andrea Nahles als Parteivors­itzende vertrieben. Jetzt bekommen sie weit weniger spektakulä­re Vorsitzend­e. Mit linkeren Träumen, aber weniger Regierungs­erfahrung.

Vielleicht aber gelingt die inhaltlich­e Arbeit und Positionsb­estimmung mit dem neuen Führungsdu­o. Das wird die Regierungs­arbeit dann nicht verbessern, sondern sprengen. Aber es kann zu einem guten Gefühl und langfristi­g vielleicht auch zu einem Zusammenrü­cken bei den Sozialdemo­kraten führen. Nicht sofort, aber ziemlich sicher recht bald außerhalb der Bundesregi­erung.

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