Dramatischer Klima-Appell
Guterres: Erderwärmung hat verheerende Folgen
(epd) - Kurz vor Beginn der Weltklimakonferenz hat UN-Generalsekretär António Guterres die Staaten zu einem entschlossenen Kampf gegen die Erderwärmung aufgerufen. Die Menschheit sei mit einer globalen Klimakrise konfrontiert, sagte Guterres in Madrid. Die verheerenden Folgen der steigenden Temperaturen stellten eine dramatische Bedrohung für die menschliche Gesundheit und die menschliche Sicherheit dar.
Er appellierte an die Staaten, weitere ambitionierte Klimaziele und -pläne vorzulegen. Die Verpflichtungen, die 2015 auf der Klimakonferenz in Paris eingegangen wurden, reichten bei Weitem nicht aus.
Der 25. Klimagipfel der Vereinten Nationen beginnt am heutigen Montag in Madrid. Viele Hoffnungen ruhen auf der Europäischen Union, die in der spanischen Hauptstadt eine Erhöhung ihrer CO2-Ziele verkünden könnte.
- Großereignisse wie ein Klimagipfel können der ausrichtenden Stadt neue Impulse bringen. Madrid, Spaniens Stau- und Abgasmetropole, kann diesen Anschub in Sachen Klimaschutz gut gebrauchen. Erst recht, seit der neue konservative Bürgermeister José Luis MartínezAlmeida ankündigte, dass er die bisherigen Fahrverbote für Altfahrzeuge in der City lockern will. Und dass er einige der von der linksalternativen Vorgängerregierung gebauten Radwege wieder in Autospuren verwandeln möchte. Spaniens Ökoverbände beklagen einem „umweltpolitischen Rückschritt“in Madrid.
Während der morgen, am 2. Dezember, startenden zehntägigen UNKlimakonferenz COP25, die wegen sozialer Unruhen von Santiago de Chile nach Madrid verlegt wurde, werden die Teilnehmer gleich vor Ort den Kurs von Bürgermeister Almeida – lieber freie Fahrt statt besserer Luft – studieren können. Madrids Abgasglocke macht besonders im Winter das Atmen schwer. Auch weil die Verkehrsstaus im Dezember, also genau zur Klimagipfel- und Vorweihnachtszeit, noch ein bisschen länger als in anderen Monaten sind.
Glücklicherweise tagt der Gipfel, auf dem über die Umsetzung des Pariser
Klimaabkommens aus dem Jahre 2015 beraten wird, nicht in der City, sondern auf dem Messegelände am Stadtrand. Spaniens größtes Kongressund Ausstellungszentrum liegt rund fünf Kilometer vom Flughafen und etwa 20 Kilometer von Madrids Zentrum entfernt. Auf dem Messegelände ist die Luft deutlich besser als in der City.
Das Mittelmeerland Spanien bekommt den Klimawandel längst zu spüren – auch wenn die Auswirkungen für Spätherbsturlauber auf Mallorca und an der Mittelmeerküste derzeit erfreulich scheinen: Es herrscht keine Spur von nasskaltem Hundewetter. Stattdessen schlendern Strandspaziergänger in Shorts und T-Shirt unter der knallenden Sonne, gegen die man sich mit Lotion und Baseballkappe schützen muss.
Normal seien diese Temperaturen nicht, heißt es im staatlichen Wetteramt Aemet. Die Meteorologen beobachten mit Sorge, dass das Klima an der Mittelmeerküste zunehmend verrückt spielt: mehr Trockenheit, mehr Hitzeperioden. Und dies nicht nur im Sommer, der inzwischen fünf Wochen länger dauert als vor 20 Jahren. Hinzu kommen plötzliche Unwetter mit heftigem Starkregen, der Dörfer und Küstenzonen unter Wasser setzt.
Extremes Wetter, das auch die Teilnehmer der UN-Klimakonferenz beschäftigen wird. Auf dem Klimagipfel, an dem 25 000 Politiker, Wissenschaftler und Umweltschützer aus 200 Ländern teilnehmen werden, soll über die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens aus dem Jahre 2015 beraten werden.
Erst kürzlich warnten in Barcelona Hunderte Wissenschaftler, die im
Forschernetzwerk MedECC zusammengeschlossen sind, dass der Klimawandel im Mittelmeerraum weiter vorangeschritten ist als andernorts: Schon jetzt sei in der Region eine Erwärmung von 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau erreicht – jenes Limit, das laut dem Pariser Klimaabkommen weltweit als Maximalwert bis zum Jahr 2100 angestrebt werden soll. „Ohne zusätzliche Maßnahmen wird der regionale Temperaturanstieg bis zum Jahr 2040 2,2 Grad Celsius betragen, und er kann möglicherweise in einigen Gebieten bis 2100 sogar 3,8 Grad übersteigen“, warnen die Forscher.
Diese Untersuchung weist nach, dass die Erderwärmung in Südeuropa, Nordafrika und dem Nahen Osten um 20 Prozent schneller vonstatten geht als im globalen Durchschnitt. Das Mittelmeergebiet werde deswegen einer der wichtigsten Krisenherde des globalen Klimawandels werden, prophezeien die Experten. Schon innerhalb der nächsten 20 Jahre müssten rund 250 Millionen Menschen in den Anrainerländern mit den Folgen von Dürre und Trinkwassermangel kämpfen.
Der Meeresspiegel steigt
Mit einem beschleunigten Temperaturanstieg könnte sich auch der Wasserspiegel mehr als bisher befürchtet erhöhen. Mit dramatischen Folgen für Strände und Küstenlandschaften, die dann möglicherweise im Meer versinken – etwa auf Mallorca: Nach den Schätzungen der MedECC-Wissenschaftler könnte das Mittelmeer bis zum Jahr 2100 zwischen 52 und 190 Zentimeter ansteigen.
Spanien ist ein Beispiel dafür, wie Gesellschaften und Regierungen im Mittelmeerraum die Risiken der Erderwärmung unterschätzen. Langfristige Umweltpolitik existierte bis vor Kurzem nicht. Die reichlich vorhandene Sonne wurde bisher kaum als Energiequelle genutzt. Entsprechend schlecht sieht Spaniens Umweltbilanz aus: In keinem anderen EU-Land nahmen die Treibhausgase stärker zu als im spanischen Königreich. Zwischen 1990 und 2017 stieg nach der EU-Statistik Spaniens Schadstoffausstoß um 17,9 Prozent. Im europäischen Durchschnitt sanken die Emissionen um 23,5 Prozent. Doch Spaniens sozialistischer Regierungschef Pedro Sánchez will, dass auch sein Land bis 2050 zu den abgasfreien, klimaneutralen Staaten gehört. Und er appellierte an die Spanier: „Wir müssen aufwachen.“