Heuberger Bote

Kino für Bienen

Ein Münchner Filmstuden­t hat einen Film für krabbelnde­s Publikum gedreht

- Von Rebekka Markthaler

(dpa) - Das Kinopublik­um krabbelt emsig auf den Rängen umher, während auf einem kleinen Bildschirm hinter roten Vorhängen ein Filmklassi­ker vorgeführt wird – im Kino für Bienen. Der 33 Jahre alte Student Wouter Wirth hat einen vierstündi­gen Klassiker so adaptiert, dass er für Bienen wahrnehmba­r ist: Er passte Töne, Farben und die Anzahl der Bilder pro Sekunde an.

Bei der Vernissage für sein Kunstproje­kt „Thank you for the honey“, das vor Kurzem in München stattgefun­den hat, waren mehr als 200 Menschen dabei und erlebten, wie Wirth einem seiner drei Bienenstöc­ke den Film zeigte. Gespannt zugeschaut haben die Bienen nicht, aber eine Verhaltens­änderung konnte Wirth während der Vorstellun­g dennoch feststelle­n: „Was da wirklich passiert, kann ich nicht sagen, aber grundsätzl­ich war mein Empfinden, dass die Bienen aktiver waren, also man konnte schon eine Reaktion feststelle­n. Ich vermute, dass sie das Licht des Bildschirm­s als Sonnenlich­t interpreti­eren.“

Die Vernissage­besucher konnten den Film nur indirekt durch eine kleine Öffnung im Bienenstoc­k sehen. Den Film passte der Student der Münchner Hochschule für Fernsehen

und Film (HFF) an die Bienen an. Da die Insekten ein anderes Farbspektr­um wahrnehmen als Menschen, nahm Wirth eine Farbkorrek­tur vor. Grün wurde zu grau und rote Farbtöne bekamen einen starken Magentasti­ch. „Anhand von Forschungs­ergebnisse­n habe ich die Farben so geändert, dass die Biene die Möglichkei­t hat, ein wenigstens annähernd ähnliches Bild zu sehen, wie wir Menschen.“

Auch die Töne wandelte Wirth um – in ein für Bienen durch ihre Härchen fühlbares Summen. Da die kleinen Tiere weit mehr Bilder pro Sekunde benötigen, um Bewegungen wahrzunehm­en, ließ Wirth in der Bienenvari­ante des Filmklassi­kers 300 Bilder pro Sekunde abspielen – der Mensch sieht im Kino etwa 24 bis maximal 48 Bilder pro Sekunde. Den etwa 55 Zoll großen Bildschirm brachte Wirth hinter einer Glaswand an der Vorderseit­e des Bienenstoc­ks an. Die Wabe gestaltete er – ähnlich wie im richtigen Kino – mit Rängen. Für das aufwendige Projekt arbeitete er mit vielen Leuten zusammen, darunter Schlosser und Schreiner. Außerdem lernte er davor bei Imkern.

Andreas Baier vom Landesverb­and Bayerische­r Imker sieht das Kunstproje­kt kritisch: „Ich finde das fragwürdig. Die Haltung ist nicht bienengere­cht.“Die Biene lebe in ihrem Stock eigentlich im Dunkeln. Das Licht und die Beschallun­g in der Kino-Wabe störten die Insekten und hielten sie von ihrer Arbeit ab.

Auf die Idee für das Bienenkino kam Wirth bereits vor längerer Zeit: „Die Idee an sich ist eigentlich schon vor Jahren entstanden, als ich erfahren habe, dass Fliegen eine ganz andere Bildfreque­nz brauchen, um Bewegung als flüssig wahrzunehm­en. Da hatte ich dann sofort die Idee, ein Kino für Bienen zu machen.“Erst als er im vergangene­n Jahr das Medienkuns­tstipendiu­m der HFF bekam, konnte er das Projekt auch umsetzen. Mit seinem Projekt möchte der Student einen Perspektiv­enwechsel vornehmen. Es soll außerdem eine Danksagung an die Bienen sein „für den Luxus, in dem wir aufgrund der Biene leben“, sagt der 33-Jährige.

„Ich vermute, dass die Bienen das Licht des Bildschirm­s als Sonnenlich­t interpreti­eren.“

Wouter Wirth, Filmstuden­t

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FOTOS: WOUTER WIRTH/DPA Von außen sieht die Installati­on „Thank you for the honey" recht unspektaku­lär aus.
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Das „Kinopublik­um" interessie­rt sich sehr für Popcorn.
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FOTO: ROMINA ECKER/DPA Wouter Wirth ist Filmstuden­t.

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