Kino für Bienen
Ein Münchner Filmstudent hat einen Film für krabbelndes Publikum gedreht
(dpa) - Das Kinopublikum krabbelt emsig auf den Rängen umher, während auf einem kleinen Bildschirm hinter roten Vorhängen ein Filmklassiker vorgeführt wird – im Kino für Bienen. Der 33 Jahre alte Student Wouter Wirth hat einen vierstündigen Klassiker so adaptiert, dass er für Bienen wahrnehmbar ist: Er passte Töne, Farben und die Anzahl der Bilder pro Sekunde an.
Bei der Vernissage für sein Kunstprojekt „Thank you for the honey“, das vor Kurzem in München stattgefunden hat, waren mehr als 200 Menschen dabei und erlebten, wie Wirth einem seiner drei Bienenstöcke den Film zeigte. Gespannt zugeschaut haben die Bienen nicht, aber eine Verhaltensänderung konnte Wirth während der Vorstellung dennoch feststellen: „Was da wirklich passiert, kann ich nicht sagen, aber grundsätzlich war mein Empfinden, dass die Bienen aktiver waren, also man konnte schon eine Reaktion feststellen. Ich vermute, dass sie das Licht des Bildschirms als Sonnenlicht interpretieren.“
Die Vernissagebesucher konnten den Film nur indirekt durch eine kleine Öffnung im Bienenstock sehen. Den Film passte der Student der Münchner Hochschule für Fernsehen
und Film (HFF) an die Bienen an. Da die Insekten ein anderes Farbspektrum wahrnehmen als Menschen, nahm Wirth eine Farbkorrektur vor. Grün wurde zu grau und rote Farbtöne bekamen einen starken Magentastich. „Anhand von Forschungsergebnissen habe ich die Farben so geändert, dass die Biene die Möglichkeit hat, ein wenigstens annähernd ähnliches Bild zu sehen, wie wir Menschen.“
Auch die Töne wandelte Wirth um – in ein für Bienen durch ihre Härchen fühlbares Summen. Da die kleinen Tiere weit mehr Bilder pro Sekunde benötigen, um Bewegungen wahrzunehmen, ließ Wirth in der Bienenvariante des Filmklassikers 300 Bilder pro Sekunde abspielen – der Mensch sieht im Kino etwa 24 bis maximal 48 Bilder pro Sekunde. Den etwa 55 Zoll großen Bildschirm brachte Wirth hinter einer Glaswand an der Vorderseite des Bienenstocks an. Die Wabe gestaltete er – ähnlich wie im richtigen Kino – mit Rängen. Für das aufwendige Projekt arbeitete er mit vielen Leuten zusammen, darunter Schlosser und Schreiner. Außerdem lernte er davor bei Imkern.
Andreas Baier vom Landesverband Bayerischer Imker sieht das Kunstprojekt kritisch: „Ich finde das fragwürdig. Die Haltung ist nicht bienengerecht.“Die Biene lebe in ihrem Stock eigentlich im Dunkeln. Das Licht und die Beschallung in der Kino-Wabe störten die Insekten und hielten sie von ihrer Arbeit ab.
Auf die Idee für das Bienenkino kam Wirth bereits vor längerer Zeit: „Die Idee an sich ist eigentlich schon vor Jahren entstanden, als ich erfahren habe, dass Fliegen eine ganz andere Bildfrequenz brauchen, um Bewegung als flüssig wahrzunehmen. Da hatte ich dann sofort die Idee, ein Kino für Bienen zu machen.“Erst als er im vergangenen Jahr das Medienkunststipendium der HFF bekam, konnte er das Projekt auch umsetzen. Mit seinem Projekt möchte der Student einen Perspektivenwechsel vornehmen. Es soll außerdem eine Danksagung an die Bienen sein „für den Luxus, in dem wir aufgrund der Biene leben“, sagt der 33-Jährige.
„Ich vermute, dass die Bienen das Licht des Bildschirms als Sonnenlicht interpretieren.“
Wouter Wirth, Filmstudent