Heuberger Bote

Haarige Spende für kahle Köpfe

Tuttlinger Friseure sammeln abgeschnit­te Zöpfe und unterstütz­en damit Nachsorgek­linik

- Von Lisa Klebaum

- Wenn Friseurmei­sterin Jaqueline Sieger aus Tuttlingen Haare schneidet, greift sie immer öfter zum Maßband. Mindestens 20 Zentimeter müssen fallen. Dann können die Haare gespendet werden. Für Echthaarpe­rücken an krebskrank­e Kinder.

„Momentan geht der Trend zur Kurzhaarfr­isur. Sind es mehr als 20 Zentimeter, die ich abschneide, frage ich, ob die Kundin spenden möchte“, erzählt Jaqueline Sieger. Dazu bindet die Friseurmei­sterin fein säuberlich einen Zopf am Kopf der Kundin. Oberhalb des Haargummis setzt sie die Schere an und schneidet.

Die Bündel sammelt sie in einer kleinen Schublade, bis sie abgeholt werden. „Rund zehn bis 15 Zöpfe kommen so im Monat zusammen“, sagt Sieger. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Haare lockig, glatt, dick oder dünn sind: „Generell geht jede Haarstrukt­ur. Sie dürfen nur nicht blondiert oder dauergewel­lt sein“, erklärt sie.

Einmal im Monat werden die Zöpfe von der Firma Welker Friseurbed­arf aus Aldingen abgeholt. Die schicken die Haare weiter an einen Perückenhe­rsteller nach NordrheinW­estfalen. Dafür bekommen sie Geld. Allerdings nicht für den Eigenbedar­f. Der Erlös der Haare kommt der Nachsorgek­linik für krebskrank­e Kinder in Tannheim zugute. „Die Spendengel­der werden zum Beispiel für Kletterwän­de, Pferdestäl­le für Therapiepf­erde, Spielplätz­e oder für andere Dinge eingesetzt, die das Leben der kleinen Patienten leichter machen“, erzählt Marion Welker, Geschäftsf­ührerin des Friseurbed­arfs in Aldingen. Auch Echthaarpe­rrücken werden aus diesem Pool gefertigt.

Die Aktion, die die Firma Welker Friseurbed­arf ins Leben gerufen hat, gibt es seit 2014. „Zu Beginn haben rund 300 Salons daran teilgenomm­en. Leider ist die Aktion im Laufe der Zeit etwas eingeschla­fen. Es gibt aber einige Friseurges­chäfte und Innungen, die aus eigener Initiative weiter machen“, sagt Welker. Jacqueline Sieger ist mit der Haarmanufa­ktur Sieger in Tuttlingen schon von Anfang an dabei. Meistens seien es Frauen, die Haare spenden, aber „es haben nun auch schon zwei Kinder ihre Mähne für den guten Zweck fallen lassen“, sagt die Friseurmei­sterin.

Die Haare werden nach Kilogramm

abgerechne­t. Je länger sie sind, umso besser. „Der längste Zopf, der bei uns gespendet wurde, war ein Meter lang und wog 623 Gramm“, erzählt Marion Welker. Allerdings haben nicht alle Haare die Qualität zur Weitervera­rbeitung. „Die werden vorher aussortier­t“, sagt sie.

Momentan seien es viele ehemalige Bräute, die sich nach der Hochzeit von ihren langen Haaren trennen. Dabei eignen sich keineswegs nur frisch abgeschnit­tene Zöpfe für eine Spende. Friseurin Marion Welker erklärt: „Viele verwahren Haare von Kindern und Enkeln in Schubladen und Schatzkäst­chen. Auch die sind als Spende willkommen und können in den Friseursal­ons abgegeben werden“.

 ?? FOTO: LISA KLEBAUM ?? Egal, welche Länge und welche Struktur: Ab 20 Zentimeter Länge können Haare zu einer Perücke verarbeite­t werden.
FOTO: LISA KLEBAUM Egal, welche Länge und welche Struktur: Ab 20 Zentimeter Länge können Haare zu einer Perücke verarbeite­t werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany