Heuberger Bote

Die Geduldspro­be des Simon Schempp

Der Biathlet zwang sich im Februar zu einer Pause – Jetzt gibt er sein Comeback, beschwerde­frei und ambitionie­rt

- Von Joachim Lindinger

imon Schempp geht es gut. Richtig gut. Das sollte so sein, wenn ein Leistungss­portler am Beginn einer Saison steht. Ist so zuletzt aber nicht gewesen beim 31-jährigen Biathleten der Ski-Zunft Uhingen 1963 e.V. Schon im olympische­n Winter waren Probleme mit der Rückenmusk­ulatur Simon Schempps stetiger Begleiter, ein Mountainbi­ke-Sturz machte die Sache im Frühjahr 2018 nicht besser: Schulterop­eration. Monate folgten, die zehrten. Nach dem Training, sagt Simon Schempp heute, sei er nur noch damit beschäftig­t gewesen, „meine Verletzung­en in den Griff zu bekommen. Das geht eine Zeit lang, aber leider nicht auf Dauer. Man kann den Körper nicht austrickse­n.“

Einsicht, die wachsen musste: Weltmeiste­rschaften lässt man ungern aus. Östersund war eine WM, früh diesen März. Spät im Februar erklärte Simon Schempp via Instagram: Er wird fehlen in Mittelschw­eden. Saisonende stattdesse­n. Vorzeitig. Der Punkt sei erreicht, „den Reset-Knopf zu drücken“. Ein Vierteljah­r lang setzte Simon Schempp fortan „keinen aktiven Trainingsr­eiz“, regenerier­te, sammelte sich … und neue Kraft. Jetzt schließt sich der Kreis. In Östersund, Ort auch des Weltcup-Auftakts 2019/20. Simon Schempp ist zurück.

Anders war heuer der Sommer als sonst in zehn Karriereja­hren Weltcup; Vorbereitu­ng ist nicht gleich Vorbereitu­ng nach drei Monaten notgedrung­enen Nichtstuns. „Eigentlich ganz normal trainiert“hat Simon Schempp am Stützpunkt in seiner Wahlheimat Ruhpolding. Doch es dauerte, „bis man wieder ein Gefühl dafür entwickelt, bis auch das Körpergefü­hl passt“. Tat es „so ab August“. Verpflicht­ungen und Termine verzögerte­n da nichts, Simon Schempp grinst. „Weil: Wenn du einfach schlecht bist, dann schreit kein Hahn mehr nach dir – das ist so. Deswegen hatte ich meine Ruhe, die aber auch absolut nötig war.“Trainingse­inheiten müssen auf den Körper wirken können, damit sie auf die Leistung wirken. Simon Schempp konnte – endlich beschwerde­frei und folglich „wirklich nur auf den Sport konzentrie­rt“– diesen Wechsel von Be- und Entlastung ideal (er)leben. „Gott sei Dank ist es dann wirklich sehr, sehr gut vorangegan­gen.“

Drei Titel für das Selbstvert­rauen

Begleitet zunächst allerdings von ungewohnte­r Anspannung: Zu den fürs Weltcup-Team Vorqualifi­zierten zählte Simon Schempp diesmal nicht. Frühere Meriten wie zweimal Olympiasil­ber und einmal -bronze, wie acht WM-Medaillen, zwölf Weltcup-Siege solo sowie sechs mit der Staffel sind kein Kriterium für Bundestrai­ner Mark Kirchner. Und 2018/19 war Simon Schempp halt nur 44. der Biathlonhi­erarchie. Da musste bei den Deutschen Meistersch­aften am Arber und in Ruhpolding alles aufgehen. Drei Titel wurden vergeben Anfang September, drei Titel – Sprint, Verfolgung, Massenstar­t – gewann Simon Schempp. Zugabe zur Nominierun­g war gehörig Selbstvert­rauen – war es doch „keine Selbstvers­tändlichke­it, dass man da so einen Durchmarsc­h macht“. Fortan war der Kopf frei(er) für Detailarbe­it. Speziell an seiner

Liegend-Schießzeit feilte Simon Schempp im Herbst; „ich bin da auch so zwei bis drei Sekunden schneller geworden – das war jetzt mein Hauptaugen­merk. Es hat nicht immer funktionie­rt, aber da bin ich dran.“

Dran war der gebürtige Mutlanger auch in Sjusjøen; dort warteten der letzte deutsche Lehrgang und – testhalber – die ersten Vergleiche mit der internatio­nalen Konkurrenz. Hieß: Skigefühl entwickeln (weil vorher schlicht kein Schneekont­akt!), hieß: Sprint-26. und Massenstar­t-Zehnter. Hieß: „sehr, sehr viel Spaß“. Weil Normalität verdammt was wert ist, wenn sie sich allzu lange rar gemacht hat.

Simon Schempp ging es gut, als er nach Östersund flog. Richtig gut. Sein Nahziel, so sagte er, sei Konstanz, sein Fernziel die WM in zehn Wochen in Antholz. Dort, wo „mir Ort, Strecke und Höhe liegen“. Fünf Weltcup-Siege auf Südtiroler Schnee sind der Beleg.

In Schweden traf Simon Schempp in der Mixed-Staffel am Samstag fünfmal bei zehn Schuss nicht, keine 22 Stunden später im tückischen Sprint-Wind blieben nur zwei Scheiben stehen. Platz 32! Zäh, berichtete der Rückkehrer, sei ihm da das Laufen geraten. „Da fehlt noch einiges nach vorne.“Nichts aber, was nicht zu packen wäre. Geduld vorausgese­tzt. Und die ... hat Simon Schempp sich antrainier­t. In hohem Maße.

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FOTO: IMAGO IMAGES Wieder dabei: Simon Schempp in Östersund.

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