Die CDU macht der SPD Druck
Kramp-Karrenbauer verknüpft Grundrente mit GroKo-Bekenntnis – Kühnert tritt an
(dpa/sal) - Die CDU macht die Zukunft des mühsam ausgehandelten Grundrenten-Kompromisses von einem Bekenntnis der SPD zum Fortbestand der großen Koalition abhängig. „Bei der Grundrente haben wir gesagt, wir werden in das parlamentarische Verfahren erst dann einsteigen, wenn klar ist, dass diese Koalition auch fortgesetzt wird“, sagte die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer am Dienstag bei ntv.
Nachdem sich im Ringen um den SPD-Vorsitz die GroKo-Skeptiker Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken durchgesetzt hatten, wird über ein vorzeitiges Ende der Koalition spekuliert. Baden-Württembergs CDU-Generalsekretär Manuel Hagel hat die SPD aufgefordert, die Hängepartie zu beenden und ihren Worten Taten folgen zu lassen. „Mit der neuen SPD-Spitze haben sich die Mitglieder der SPD für einen starken Linksruck entschieden. Klar ist aber auch – wie jeder weiß: Zwei rote Socken in der weißen Wäsche sind alles andere als gut. Das Gleiche gilt auch für diese Koalition.“Seit Wochen kokettiere die SPD damit, die Koalition zu verlassen, dann solle sie es tun. „Wir Christdemokraten stehen zu unserer Verantwortung – auch in einer möglichen Minderheitsregierung.“
Juso-Chef Kevin Kühnert kündigte unterdessen seine Kandidatur für einen der Vizeposten an.
- Wenn am Nikolaustag die SPD auf ihrem Parteitag in Berlin das neue Spitzenduo wählt und einen Leitantrag für die Zukunft der SPD verabschiedet, wird sich schnell die Frage stellen: Was wird aus Finanzminister Olaf Scholz?
Das neue SPD-Spitzenduo Norbert Walter-Borjans/Saskia Esken hat bis jetzt immer dezidiert gefordert, dass der Staat Rieseninvestitionen tätigt und dafür neue Schulden aufnimmt. Von 450 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren hat Esken geredet. Scholz aber hat sich in der Tradition Wolfang Schäubles als Finanzminister der Schwarzen Null bewährt. Seit am Samstagabend im Willy-Brandt-Haus klar war, dass Walter-Borjans und Esken das Rennen gemacht hatten, ist Olaf Scholz ein gedemütigter Vizekanzler. Kann er an der Seite der neuen Führung umschwenken, wird er unauffällig weitermachen oder gar seinen Posten hinwerfen?
Seine Freunde sagen, dass er zu verantwortungsbewusst sei, um jetzt von Bord zu gehen. Seine Feinde sagen, dass er viel zu machtbesessen sei, um sich aus dem Amt vertreiben zu lassen. Doch wie lange Scholz den jetzt drohenden Gesichtsverlust mitträgt, ist unsicher.
„Persönliche Entscheidung“
Der Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) hat laut „Bild“-Zeitung die Schwarze Null schon zur Schimäre und einer Frage für Ideologen erklärt. Der SPD-Linke Karl Lauterbach attestiert Olaf Scholz unter den bisherigen Vorgaben der Großen Koalition mit der schwarzen Null als Haushaltsziel „eine erstklassige Arbeit“gemacht zu haben. Jetzt müsse es aber weitergehen, die Große Koalition müsse sich für mehr Investitionen entscheiden. „Wie er darauf reagiert, ist alleine seine persönliche Entscheidung“, sagte Lauterbach über Scholz. „Er weiß mit der Situation verantwortlich umzugehen.“
Olaf Scholz hat das Amt des Hamburger Bürgermeisters, das ihm wie auf den Leib geschneidert schien, aufgegeben, als er als Vizekanzler und Finanzminister nach Berlin wechselte. Und viele sahen in ihm auch immer einen möglichen Kanzlerkandidaten der SPD. Das alles hat sich seit Samstag erledigt. Als SPDVize, so viel steht fest, wird Olaf Scholz nicht antreten, nachdem ihm der SPD-Vorsitz verwehrt wurde.
Kein Liebling der Partei
Ein Liebling der Partei war der meist ernste und etwas trockene Olaf Scholz ohnehin nie, zumal seine Karriere eng mit der ungeliebten Agenda 2010 von Ex-Kanzler Gerhard Schröder zusammenhängt. Seine Wahlergebnisse auf Parteitagen waren auch eher bescheiden. Beim letzten Mal, 2017, hatte er als Vize gerade einmal 59,2 Prozent errungen.
Doch Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans kommen als Neue nach Berlin und sie wollen, wie es aussieht, ein Team bilden mit dem Vizekanzler Scholz und vielleicht sogar Lars Klingbeil als Generalsekretär sozusagen übernehmen. Das verwundert viele, denn der Juso-Chef Kevin Kühnert, der am Freitag als Parteivize kandidiert, hat das neue Spitzenduo unterstützt. In der Erwartung, dass dann bald Schluss sei mit der GroKo. Auch viele Mitglieder hatten sich mit der Wahl dieses Duos ein schnelles Raus aus dem Bündnis versprochen. Doch seit dem Wochenende lässt die neue Spitze diese Frage immer offen. Sie sprechen nur noch von Nachverhandlungen zum Koalitionsvertrag. Darin aber ist ein ausgeglichener Haushalt festgehalten und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sieht keinerlei Notwendigkeit, das zu ändern. Von einem massiven Konjunktureinbruch, der solche Maßnahmen rechtfertigen könnte, sei man weit entfernt.
Im nächsten Koalitionsausschuss werden Esken und Walter-Borjans zusammen mit Olaf Scholz sitzen. Muss das neue Spitzenduo dann als erstes die Erwartungen enttäuschen, die in sie gesetzt wurden? Oder reicht es der Partei, wenn sie Zukunftspläne über die konkrete Regierungsarbeit der nächsten eineinhalb Jahre hinaus macht? Auch über diese Frage wird der Parteitag wohl diskutieren müssen.