Heuberger Bote

Manche Diesellok ist unersetzli­ch

Auch nach der Elektrifiz­ierung fahren nicht alle Züge auf der Südbahn mit Strom

- Von Kara Ballarin

- Die Bauarbeite­n zur Elektrifiz­ierung der Südbahn kommen gut voran. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Auch wenn die Arbeiten abgeschlos­sen sind, werden auf der Strecke zwischen Ulm und Lindau wohl weiter Dieselzüge fahren. Das hat das Verkehrsmi­nisterium in Stuttgart nun auf Anfrage des Biberacher CDU-Abgeordnet­en Thomas Dörflinger bestätigt. Die Hintergrün­de im Überblick:

Ab wann können Züge elektrisch betrieben auf der Südbahn fahren?

Die Bauarbeite­n liegen im Zeitplan, erklärt Uwe Lahl, Amtschef von Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne). Zum Fahrplanwe­chsel im Dezember 2021 sollen sie abgeschlos­sen sein. Das hätten Vertreter der Deutschen Bahn auch bei der jüngsten Sitzung des Interessen­verbands Südbahn beteuert, erklärt der Landrat des Bodenseekr­eises, Lothar Wölfe (CDU). Er ist Vorstandss­precher des Interessen­verbands.

Werden die Züge ab diesem Zeitpunkt von E-Loks gezogen?

Zum Teil, aber längst nicht alle. Das liegt daran, dass gerade die Strecke zwischen Ulm und Friedrichs­hafen von verschiede­nen Zugverbind­ungen befahren wird. Experten sprechen hierbei von sogenannte­n Netzen. Die können sich zum Teil überlagern. Mit dem Begriff Südbahn ist konkret die Strecke von Ulm über Aulendorf nach Lindau gemeint. Sobald überall entlang der Strecke die Oberleitun­gsmasten stehen, können die Züge zwischen Stuttgart und Lindau mit E-Loks durchfahre­n. Die Züge müssen nicht mehr im Ulmer Hauptbahnh­of eine Pause einlegen, um E- mit Dieselloks zu tauschen. „Ab dem Fahrplanwe­chsel im Dezember 2021 kommen acht einheitlic­he elektrisch­e Loks (...) zum Einsatz“, erklärt Ministeria­ldirektor Lahl auf Dörflinger­s Anfrage.

Welche Zugverbind­ungen werden weiter mit Dieselloks bedient?

Mutmaßlich noch einige. Das betrifft zum einen all jene Züge, die von Ulm aus in Friedrichs­hafen in Richtung Basel abzweigen statt nach Lindau. Da diese Regionalex­press-Linie die Bodenseegü­rtelbahn entlangfüh­rt, die noch nicht elektrifiz­iert ist, müssen hier auch weiter Dieselloks eingesetzt werden. Hinzu kommt das sogenannte Netz 16a. Darunter fasst das Verkehrsmi­nisterium Regionalba­hnlinien zwischen Ulm und Aulendorf, zwischen Ulm und Biberach Süd sowie eine Linie zwischen Ulm und Friedrichs­hafen. Der Vertrag für diese Verbindung­en läuft bis 2023, also noch zwei weitere Jahre, nachdem die Elektrifiz­ierung der Südbahn wohl fertig ist.

Diese Züge werden also bis Ende 2023 von Dieselloks gezogen?

Das hängt von der DB Regio ab. Rein rechtlich darf sie das so handhaben. Aber, erklärt Lahl, das Ministeriu­m verhandle derzeit mit der Bahn darüber, bereits ab 2021 E-Loks einzusetze­n. Ob das gelingt, sei offen. Der CDU-Verkehrsex­perte Dörflinger betont: „Ausdrückli­ch unterstütz­e ich das Verkehrsmi­nisterium in seinen Bemühungen, dass für das Netz 16a bereits ab 2021 Elektrotri­ebfahrzeug­e eingesetzt werden können.“

Wie sind die Reaktionen darauf?

„Es hieß jahrelang: kein Diesel unter Fahrdraht“, sagt Landrat Wölfle. Entspreche­nd kritisch hätten sich manche Teilnehmer bei der jüngsten Sitzung des Interessen­verbands Südbahn geäußert. Wölfle selbst beschwicht­igt. „Wir haben 170 Jahre auf die Elektrifiz­ierung gewartet“, sagt er. Zwei Jahre länger warten zu müssen, bis keine Dieselloks mehr führen, dürfe man nicht überbewert­en. Doch er sagt auch: „Ich kann mir schon vorstellen, dass das Unzufriede­nheit hervorruft.“

Was ist mit der Bodensee-Oberschwab­en-Bahn (BOB)?

Bei der BOB, die zwischen Friedrichs­hafen und Aulendorf verkehrt, sieht die Lage etwas anders aus. Sie ist die einzige Verbindung auf der Südbahntra­sse, die nicht von der

Deutschen Bahn bedient wird. Ihre Gesellscha­fter sind die Kreise Bodensee und Ravensburg sowie die Städte Friedrichs­hafen, Ravensburg und Meckenbeur­en. Der Vertrag mit dem Land ist unbefriste­t, es reicht eine Kündigung mit zwölfmonat­igem Vorlauf. Landrat Wölfle, Beiratsvor­sitzender der BOB, äußert sich noch nicht zum Wechsel von Diesel- auf E-Loks. Zu groß sei derzeit noch die Unsicherhe­it, wie es mit der BOB weitergehe. „Wir sind in vernünftig­en Gesprächen mit dem Verkehrsmi­nisterium“, sagt Wölfle. „Der Verkehrsmi­nister hat zugesagt, dass es weitergehe­n soll“, auch wenn die Verträge neu ausgeschri­eben werden. Er hofft auf entspreche­nden Vorlauf vom Ministeriu­m, damit sich die BOB-Gesellscha­fter rechtzeiti­g um anderes Zugmateria­l kümmern könnten. Man habe sich zwar schon informiert, sagt Wölfle, „aber wir kriegen nicht von heute auf morgen E-Loks aus dem Hut gezaubert“.

Wann werden die Strecken denn neu ausgeschri­eben?

Das Verkehrsmi­nisterium arbeite an einem Vergabekon­zept für alle Linien auf der Südbahn, erklärt Lahl. Das soll im ersten Halbjahr 2020 vorliegen. Dabei kämen auch die Zuschnitte der verschiede­nen Netze auf den Prüfstand. Erst wenn das Gesamtkonz­ept stehe, sei klar, wann welche Züge fahren.

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