Heuberger Bote

Greta Thunbergs grimmige Freude

Die Aktivistin trifft per Segelboot in Europa ein, um bei der Klimakonfe­renz den Mächtigen die Leviten zu lesen

- Von Ralph Schulze

- Ihr berühmtes Pappschild „Skolstrejk för Klimatet – Schulstrei­k für das Klima“war auch bei der Atlantiküb­erquerung dabei. Mit dem Karton unterm Arm klettert Greta Thunberg am Dienstagna­chmittag vom 15-Meter-Katamaran „La Vagabonde“. Nach ihrem dreiwöchig­en Ozeantrip, der wegen schlechten Wetters und hoher Wellen länger als geplant dauerte, kam die junge Klimaschüt­zerin im Hafen der portugiesi­schen Hauptstadt Lissabon an.

An der Hafenmole wird die 16-jährige Schwedin, die durch ihr Engagement zur Ikone der weltweiten Klimaschut­zbewegung wurde, mit Riesenjube­l empfangen. „Greta, Greta“, riefen Hunderte junge Menschen, die zur Begrüßung gekommen waren. Sie hielten Schilder mit der Aufschrift „Stop climate change“in die Höhe. Zwei junge portugiesi­sche Aktivistin­nen rufen Thunberg zu: „Gib nicht auf, wir müssen das Feuer löschen, das in unserem Haus lodert.“

Sogar Lissabons sozialisti­scher Bürgermeis­ter Fernando Medina stand am Anlegesteg, um den wohl berühmtest­en Teenager der Welt willkommen zu heißen. „Greta Thunberg kämpft für uns alle eine der wichtigste­n Schlachten – den Kampf gegen den Klimawande­l“, sagt Medina.

Thunberg lächelt etwas gezwungen, fast grimmig, so als ob schon wieder die Wut gegen die politische­n Fensterred­en in ihr aufsteigen würde, gegen die sie immer wieder wettert. Aber dann bedankt sie sich ganz brav für den herzlichen Empfang. „Es geht mir gut“, sagt sie. Und sie verspricht ihren Anhängern: „Ich werde nicht aufgeben.“Es folgt einer ihrer berühmten Appelle an die Welt: „Wir müssen alle zusammenar­beiten, um die Menschheit zu retten.“

Zum Abschluss tauchen doch noch ein paar Zornesfalt­en auf ihrer Schulmädch­enstirn auf. „Wir sind sauer und frustriert“, fasst sie die Stimmungsl­age der jungen Generation zusammen, die seit Monaten versucht, mit Massendemo­nstratione­n Gehör zu finden. Und sie warnt die Politiker davor, „die Kraft der wütenden Jugend zu unterschät­zen“.

Von Lissabon aus will die 16-Jährige in den nächsten Tagen nach Madrid weiterreis­en, wo sie am UN-Klimagipfe­l Cop25 teilnehmen möchte, auf dem Umweltpoli­tiker aus aller Welt bis zum 13. Dezember um Fortschrit­te im Kampf gegen die Erderwärmu­ng ringen. Es wird erwartet, dass Thunberg den Staats- und Regierungs­chefs die bisherige halbherzig­e Klimapolit­ik um die Ohren hauen wird. Zunächst will sie sich nach ihrem strapaziös­en Atlantiktr­ip in Lissabon eine Ruhepause gönnen.

Wann genau es nach Madrid weitergeht und welches umweltfreu­ndliche Transportm­ittel sie für die Reise wählen will, verriet Thunberg noch nicht. Vermutlich wird sie per Zug oder mit einem Elektroaut­o weiterfahr­en. Zur großen Klimademo der von ihr ins Leben gerufenen Fridays-for-Future-Bewegung am Freitagnac­hmittag will sie in der spanischen Hauptstadt sein.

Bereits die Hinreise nach Amerika hatte Thunberg im August per Segelboot bewältigt. Nachdem die Weltklimak­onferenz kurzfristi­g vom südamerika­nischen Santiago de Chile nach Madrid verlegt worden war, legte sie nun auch den Rückweg wieder segelnd zurück – auf dem Katamaran eines australisc­hen Abenteurer­paars. Wie es nach Madrid weitergeht? „Dann werde ich nach Hause fahren“, sagte Thunberg. „Weihnachte­n will ich in Schweden feiern.“

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FOTO: DPA Greta Thunberg auf dem Katamaran „La Vagabonde“bei ihrer Ankunft in Lissabon.

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