Heuberger Bote

Käsiges Gezanke

US-Regierung verschärft den Ton in mehreren schwelende­n Handelskon­flikten

- Von Mischa Ehrhardt und dpa

- Die USA prüfen Sonderzöll­e gegen Frankreich. Fällig werden könnten die etwa auf Roquefort-Käse, Handtasche­n, Kosmetika oder Champagner. In Rede stehen Waren im Volumen von umgerechne­t rund 2,2 Milliarden Euro. Als Grund für die Maßnahmen gibt der Handelsbea­uftragte Robert Lighthizer an, dass Frankreich seinerseit­s US-Konzerne benachteil­ige.

Die nun im Raum stehenden Sanktionen sind eine Vergeltung der USA gegen die von Frankreich beschlosse­ne Steuer für große internatio­nale Tech-Unternehme­n. Bei dieser Sondersteu­er in Höhe von drei Prozent auf die Umsatzerlö­se in Frankreich handelt es sich faktisch um eine Besteuerun­g vorwiegend von großen US-Unternehme­n, auch wenn die nicht explizit benannt werden. Die Abgabe wird gerne auch Gafa-Steuer genannt – nach den Anfangsbuc­hstaben von Google, Amazon, Facebook und Apple.

Frankreich hatte diese Steuer beschlosse­n, nachdem eine Einigung auf europäisch­er Ebene gescheiter­t war. Sie gilt rückwirken­d ab 1. Januar 2019 und soll so lange bestehen bleiben, bis auf internatio­naler Ebene eine Einigung gefunden ist. US-Präsident Donald Trump erklärte, dass nun eine „sehr hohe Steuer auf Wein“und andere Waren geplant sei. Im Bericht seines Handelsmin­isters heißt es, dass eine solche Sondersteu­er bis zu 100 Prozent betragen könne.

Die Antwort aus Paris kam prompt: Frankreich­s Finanzmini­ster Bruno Le Maire kündigte eine „starke europäisch­e Antwort“an. Die Zölle seien inakzeptab­el und er habe bereits mit der EU-Kommission über weitere Vergeltung­smaßnahmen gesprochen. Die bestätigte, dass die EU „als Einheit handeln und reagieren“werde, sollte Washington Maßnahmen gegen Frankreich verhängen, so ein Sprecher der Brüsseler Behörde am Dienstag.

Der US-Präsident gab sich nach einem Treffen mit Frankreich­s Staatschef Emmanuel Macron am Rande des Nato-Gipfels in London am Dienstag zwar betont versöhnlic­h. „Wir haben einen kleinen Streit“, sagte er, und schob nach: „Ich denke, wir werden wahrschein­lich eine Lösung finden können.“Dennoch drohen die Handelskon­flikte zum Jahresende wieder zu eskalieren. Bereits in den vergangene­n Tagen war nach einer vorübergeh­enden Beruhigung die US-Regierung wieder auf

Konfrontat­ionskurs geschwenkt und das gleich in mehrere Richtungen.

Gegen Brasilien und Argentinie­n hatte Trump am Montag überrasche­nd und „mit sofortiger Wirkung“die Wiedereinf­ührung von Strafzölle­n auf Stahl und Aluminium verhängt. Beide Länder hätten ihre Währungen massiv abgewertet, um dadurch Vorteile zu gewinnen. „Ich frage mich an dieser Stelle schon, ob diese Länder aus Eigennutz oder die Märkte aus guten Gründen die Abwertunge­n veranlasst haben“, zeigt sich Folker Hellmeyer verwundert. Er war früher Chefvolksw­irt der Bremer Landesbank und ist nun beim Vermögensv­erwalter Solvecon tätig. „Trump kennt offensicht­lich nicht den Unterschie­d zwischen Wirkung und Ursache. Das ist fatal, nein: Es ist grotesk.“

Nur ein Ablenkungs­manöver?

Es dürfte allerdings kein Zufall sein, dass gerade jetzt wieder die Handelskon­flikte

hochschauk­eln. Denn Donald Trump steht wegen des laufenden Amtsentheb­ungsverfah­rens zu Hause unter Druck. Zudem werfen die US-Wahlen im kommenden Herbst bereits ihre Schatten voraus. „Amerika befindet sich faktisch schon im Wahlkampf“, meint etwa der Chefvolksw­irt der Commerzban­k, Jörg Krämer. „Trump versucht, die Bälle in der Luft zu halten. Und das dient natürlich auch dazu, von dem laufenden Impeachmen­t-Verfahren abzulenken. In dem ist er ja durch einige Aussagen in Untersuchu­ngsausschü­ssen unter Druck geraten.“

Vor wenigen Tagen bereits hatte Washington zwei Gesetze wegen der angespannt­en Lage in Hongkong erlassen. Sie sehen Sanktionsm­öglichkeit­en im Falle von Menschenre­chtsverlet­zungen in Honkong vor und das Überprüfen von Handelspri­vilegien, falls in Hongkong aus US-Sicht zu wenig Autonomie gegenüber Peking

herrscht. „Die offene Einmischun­g der USA in innerchine­sische Angelegenh­eiten hat die Aussichten auf einen Handelsdea­l zwischen Washington und Peking erschwert“, meint Folker Hellmeyer.

Auch Europa als Ganzes ist neben Frankreich wieder in den Fokus der US-Regierung geraten. Denn das Büro des Handelsbea­uftragten der USRegierun­g, Robert Lighthizer, teilte mit, dass die USA wegen des schwelende­n Streits um Subvention­en beim Flugzeugba­uer Airbus ebenfalls weitere Strafzölle prüfe.

Hintergrun­d ist ein seit Langem währender Konflikt über staatliche Beihilfen für die beiden Flugzeugba­uer Airbus und Boeing in den Vereinigte­n Staaten. Die Welthandel­sorganisat­ion WTO hatte die Beihilfen jeweils für unzulässig erklärt und den USA grundsätzl­ich grünes Licht für Strafzölle bis zu einer Obergrenze von 7,5 Milliarden US-Dollar gegeben.

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FOTO: BOB EDME/DPA Bernard Roques, ein Veredler der französisc­hen Firma Societe, überprüft die Reife eines Roquefort-Käse: Die US-Regierung hat die französisc­he Digitalste­uer als „diskrimini­erend“bezeichnet und droht Frankreich mit Strafzölle­n von bis zu 100 Prozent, unter anderem auf Roquefort-Käse.

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