„Mehr Unterstützung für Handwerk und Wirtschaft“
Der Innenexperte der Südwest-Grünen Sckerl zum Stand der Debatte um die Abschiebung von Arbeitskräften
- Wie umgehen mit Menschen, die kein Asyl in Deutschland bekommen, aber einen festen Job haben und gut integriert sind? Die oberschwäbische Unternehmerinitiative „Bleiberecht durch Arbeit“kämpft dafür, dass sie nicht abgeschoben werden. Dennoch passiert das in einigen Fällen – zum Missfallen der Grünen, die im Südwesten mit der CDU regieren. Hans-Ulrich Sckerl, innenpolitischer Sprecher der Grünen, hat Katja Korf den Stand der Dinge erklärt.
Herr Sckerl, Sie fordern wie viele Unternehmer auch, gut integrierte Menschen, die Arbeit haben, nicht abzuschieben. Landesinnenminister Thomas Strobl lehnt weitere Flexibilisierungen mit Verweis auf Bundesrecht ab. Der Disput dauert schon lange. Wie geht es weiter?
Gemeinsam mit der CDU werden wir uns auf Bundesebene um bessere Regeln bemühen. Wir setzen uns weiter dafür ein, dass es beim Bleiberecht für gut integrierte Menschen in Arbeit mehr Flexibilität gibt. Es braucht deutlich mehr Unterstützung für Handwerk und Wirtschaft an diesem Punkt. Das Einwanderungsgesetz
der Großen Koalition aus CDU und SPD in Berlin reicht einfach nicht aus. Das Land ist nur für die Durchführung der Abschiebungen zuständig, für alles andere zeichnet der Bund verantwortlich. Wir haben da leider recht wenig Spielraum. Wir vertrauen aber darauf, dass der Innenminister den Fokus darauf legt, Menschen abzuschieben, die bei uns wirklich nichts verloren haben. Also Menschen, die ausreisepflichtig sind, nicht integriert und durch Ordnungswidrigkeiten oder anders auffällig geworden sind.
Die Landesregierung in BadenWürttemberg ist ja grün geführt, dennoch dauert diese Debatte an – können sich die Grünen einfach nicht durchsetzen?
Das ist kein politischer Machtkampf, dafür eignet sich dieses Thema nicht. Es geht um die Frage, wir mit den Regeln des Bundes umgehen, die sich durch das Geordnete-RückkehrGesetz noch einmal deutlich verschärft haben. Da müssen wir gemeinsam schauen, welche Ermessensspielräume es überhaupt gibt.
Sie werfen Innenminister Strobl vor, er wolle Abschiebezahlen „frisieren“, in dem er jene abschiebt, die gut integriert sind – und damit für die Behörden leicht auffindbar. Das sind schwere Vorwürfe, erst recht gegen den eigenen Koalitionspartner.
In der Erregung über einzelne Vorfälle und Abschiebungen rutscht einem auch einmal so etwas heraus. Diese Wortwahl war so nicht in Ordnung. Der Innenminister frisiert keine Zahlen.
Minister Strobl verweist aufs Bundesrecht, das ihm nicht mehr Spielraum lasse. Was macht Sie optimistisch, dass sich im Land dennoch etwas bewegen kann in der Frage?
Was den Bund angeht, bin ich recht optimistisch. Über das Thema wird auch in anderen Bundesländern diskutiert. Nordrhein-Westfalen hat angekündigt, eine Bundesratsinitiative dazu zu starten, um mehr Flexibilität für gut integrierte Menschen zu bekommen. Wenn zwei große Bundesländer wie NRW und Baden-Württemberg vorangehen, sind die Chancen auf Erfolg gut. Im Land setzen wir darauf, dass der Innenminister kluges Ermessen ausübt.
Der Innenminister begründet seine Haltung unter anderem damit, dass er keine falschen Anreize setzen will, in dem er Menschen den Wechsel vom Asyl- ins Einwanderungsrecht ermöglicht. Was halten Sie von dem Argument?
Das sehen wir nicht. Denn die Anforderungen dafür, trotz eines abgelehnten Asylantrags in Deutschland bleiben zu dürfen, bleiben ja: eine feste Arbeitsstelle, gute Sprachkenntnisse und eine tiefgehende Integrationsbereitschaft. Da trennt sich sehr schnell die Spreu vom Weizen.