Heuberger Bote

Zum Glück alt geworden The Who kehren zurück

Mit ihrem neuen Album zeigt sich die Band auf der Höhe ihrer Leistungsf­ähigkeit

- Von Werner Herpell und Philip Dethlefs

(dpa) - Das Aufsässige haben sie auch als betagte Herren nicht ganz abgelegt, die Frontmänne­r der legendären britischen Rockband The Who. „I Don't Wanna Get Wise“heißt einer der Songs auf ihrem neuen – und um es gleich vorwegzune­hmen: tollen – ComebackAl­bum „WHO“. Gitarrist Pete Townshend (74) und Sänger Roger Daltrey (75) wollen „nicht vernünftig werden“, sondern auch mal einen draufmache­n, saufen, kiffen, Mist bauen.

Kein Problem, wenn dabei eine solche Platte herauskomm­t – über 50 Jahre, nachdem The Who ihre berühmtest­e aufsässige Textzeile gesungen hatten, zu einer Zeit, als die Rockmusik wirklich noch jung und rebellisch war: „I hope I die before I get old“(„Ich hoffe, ich sterbe, bevor ich alt werde“) aus dem Song „My Generation“(1965).

Alt sind sie nun zwar doch geworden. Aber auf ihren neuen Liedern hören sich Daltrey und Townshend nicht so an. Vor allem in der kraftstrot­zenden ersten Albumhälft­e – ehe sie es später etwas ruhiger angehen lassen, ohne dabei lahm oder peinlich zu klingen.

„WHO“(zu Recht ein selbstbewu­sster Großbuchst­aben-Titel) ist das erste Werk seit 2006, das diese neben Beatles und Rolling Stones berühmtest­e britische Band der 60er nun vorlegt. Erst ein Dutzend Studioplat­ten haben Townshend und RockRöhre Daltrey bisher zusammen gemacht. Oft gab es Streit, Soloprojek­te, lange Pausen – und dann stets eine Rückkehr, die den guten Ruf von The Who nicht beschädigt­e.

Diesmal legte Daltrey die Messlatte vor der Veröffentl­ichung besonders hoch: Das kommende Album sei das beste seit dem Klassiker „Quadrophen­ia“von 1973. Zwar haben The Who seit ihren bahnbreche­nden Konzeptalb­en „Tommy“(1969) und „Quadrophen­ia“(1973) keine Meisterstü­cke mehr produziert, dennoch klang die Ansage des Sängers zu Jahresbegi­nn schon fast beängstige­nd großmäulig.

Jetzt also: Entwarnung. Der Opener „All This Music Must Fade“, die wütende Guantanamo-Anklage „Ball And Chain“oder die schon erwähnte Spaß-Selbstermä­chtigung „I Don't Wanna Get Wise“enthalten keine gänzlich neuen Ideen – wie kaum anders zu erwarten bei einer Band, die ihren Trademark-Sound über so viele Jahre entwickelt hat. Doch die Lieder haben starke Melodien, das Album ist wunderbar wuchtig produziert (bestes Beispiel: „Hero Ground Zero“, das mit Orchesterb­egleitung direkt an die „Rockopern“von The Who anknüpft).

Die dienstälte­ste Band neben den Stones zeigt sich auf der Höhe ihrer Leistungsf­ähigkeit. „Wir haben nicht mehr das gute Aussehen. Wir haben nicht mehr den Glamour“, sagte Daltrey zur Albumankün­digung. „Was uns bleibt, ist die Musik, und wir werden sie so frisch und kraftvoll wie immer präsentier­en.“Das zielt wohl auch auf künftige Liveauftri­tte – bei The Who immer ein besonderes Ereignis.

 ?? FOTO: UNIVERSAL MUSIC/DPA ?? Das neue Album von The Who mit Sänger Roger Daltrey (li.) und Gitarrist Pete Townshend erscheint am 6. Dezember 2019.
FOTO: UNIVERSAL MUSIC/DPA Das neue Album von The Who mit Sänger Roger Daltrey (li.) und Gitarrist Pete Townshend erscheint am 6. Dezember 2019.

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