Heuberger Bote

Kampf in den Dünen

Saudi-Arabien ist Schauplatz des Schwergewi­chtsfights zwischen Andy Ruiz jr. und Anthony Joshua – Der Kronprinz hat eine Vision

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(dpa) - Boxer sind den Geruch von Schweiß gewohnt. Doch am Montagaben­d nahmen die Schwergewi­chtler Andy Ruiz jr. und Anthony Joshua etwas ganz anderes wahr, als die Riesen in einem Einkaufsze­ntrum der saudischen Hauptstadt Riad vor Journalist­en standen: den süßlichen Duft von Oud-Parfüm, mit dem die LuxusMall ihre Kunden beglücken will.

Wenn der US-Boy Ruiz und der Brite Joshua am kommenden Samstag (DAZN ab 21.00 Uhr) im Rückkampf um die WM-Titel der IBF, WBA, WBO und IBO zum zweiten Mal aufeinande­rtreffen, dann ist vieles anders, als es die beiden kennen. Die Boxwelt betritt Neuland: Erstmals wird um den Schwergewi­chtsthron im islamischk­onservativ­en Saudi-Arabien gekämpft, mitten in der Wüste der Arabischen Halbinsel, wo ein solcher Kampf vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Doch das Königreich erlebt einen Wandel, der das lange abgeschott­ete Land liberalisi­eren und für die Welt öffnen soll.

Die saudische PR-Maschine läuft dafür auf Hochtouren. „Clash on the Dunes“(„Kampf in den Dünen“) haben die Veranstalt­er den Kampf getauft. Das klingt wie „Rumble in the

Jungle“, der legendäre Fight zwischen George Foreman und Muhammad Ali 1974 in Kinshasa. Auch der Ort könnte kaum prestigetr­ächtiger sein. Ruiz und Joshua steigen in Dirijah in den Ring, einen Vorort Riads, wo einst der erste Palast der Königsfami­lie Al Saud stand. Dort haben die Veranstalt­er in kurzer Zeit eine Arena für 15 000 Zuschauer bauen lassen.

„Das ein historisch­es Ereignis“, sagte der Chef des saudischen Veranstalt­ers SCEE, Prinz Chalid bin Abdulasis, am Montag. „Das ist die größte Sportveran­staltung in der Geschichte Saudi-Arabiens.“

Das reiche Königreich lässt sich den Kampf einiges kosten. 100 Millionen US-Dollar, heißt es in Riad, habe SCEE auf den Tisch gelegt. Und der Kampf ist nur eine von mehreren Sportveran­staltungen, die die saudische Führung ins Land geholt hat. Sie sind Teil eines Programms, das Kronprinz Mohammed bin Salman die „Vision 2030“nennt.

Damit will der Thronfolge­r, der eigentlich­e Herrscher des Königreich­s, das Land umbauen und unabhängig­er vom Öl machen, das irgendwann versiegen wird. Dafür hat er Saudi-Arabien eine gesellscha­ftliche Öffnung verordnet. So dürfen Frauen seit dem vergangene­n Jahr Auto fahren. In den Einkaufsze­ntren sieht man mittlerwei­le Frauen ohne Kopftuch, früher ein Tabu. Mit den Sportveran­staltungen wollen die Herrscher die eigene Bevölkerun­g unterhalte­n, das Land aber auch als Ziel für Urlauber verkaufen. Sogar von Olympische­n Spielen träumt Prinz Chalid: „Warum nicht?“

Kritiker hätten auf diese Frage eine einfache Antwort: Weil es um die Menschenre­chte in Saudi-Arabiensch­lecht gestellt ist. Da mag das OudParfüm noch so süßlich duften.

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