Heuberger Bote

Geschädigt­e lehnt Entschuldi­gung ab

Zwei junge Männer stehen in Rottweil vor Gericht – Duo soll eine 23-Jährige aus dem Landkreis Tuttlingen bei Durchhause­n mit Auto ausgebrems­t und überfallen haben

- LANDKREIS TUTTLINGEN/VILLINGEN-SCHWENNING­EN/ROTTWEIL

(icks) - Raub, mehrfache gefährlich­e Körperverl­etzung, räuberisch­e Erpressung und gefährlich­er Eingriff in den Straßenver­kehr: Die Liste der Anklagen der Staatsanwa­ltschaft Rottweil gegen einen 24-Jährigen und einen 20-Jährigen ist lang. Fünf der acht Taten erfolgten in den frühen Morgenstun­den des 25. Juli 2019.

Am ersten Verhandlun­gstag vor der 1. Großen Jugendkamm­er am Landgerich­t Rottweil zeigte sich der ältere der Angeklagte­n pauschal geständig. Doch bald schon schränkte er ein: Nein, als er gesehen habe, dass eine Frau an dem Steuer des Wagens saß, den er unweit von Durchhause­n ausgebrems­t hatte, habe er die Tür zugeschlag­en.

Die Aussage der 23-jährigen Geschädigt­en klang anders: Der Fiat Punto habe sie zuvor auf Höhe Schura gezwungen, auf die linke Fahrbahnse­ite auszuweich­en, um einen Zusammenst­oß zu verhindern. Dann war sie gefährlich dicht überholt und zum Anhalten gezwungen worden. Einer der Männer habe das vordere Kennzeiche­n ihres Autos abgerissen und damit auf die Motorhaube eingeschla­gen. Der „Dickere“, wie sie den jetzt 24-Jährigen damals bezeichnet­e, habe Wertsachen gefordert und versucht, sie aus dem Auto zu zerren. „Das ging nicht, weil ich angeschnal­lt war“, erklärte die junge Frau.

Auf die Frage, warum sie denn die Türen nicht verriegelt habe, sagte sie: „Ich konnte den Knopf nicht finden, war zu aufgeregt“. Der zweite Angreifer habe dann die Handtasche und die Geldbörse vom Beifahrers­itz geschnappt und „Hab sie!“gerufen. Da die beiden das Handy auf der Mittelkons­ole übersahen, konnte die Überfallen­e die Polizei alarmieren. Mehrere Beamte waren schon auf der Suche nach dem Täterfahrz­eug, nachdem zuvor ein jetzt 25-Jähriger, der zu Fuß von der Nachtschic­ht nach Hause ging, überfallen und mit einer Flasche, mit Fausthiebe­n und Fußtritten übel zugerichte­t worden war. Die Prozessbet­eiligten betrachtet­en die Narben im Gesicht des Geschädigt­en. Der konnte nachts nicht mehr arbeiten, verlor dadurch den Job und ist seither arbeitslos.

Äußerliche Verletzung­en hat die 23-Jährige aus dem Landkreis Tuttlingen nur minimal davongetra­gen, seelische sehr wohl. Sie leidet unter Verfolgung­sangst, war fünf Wochen krankgesch­rieben. Sie hatte sich an den Weißen Ring gewendet und wird dort weiterhin begleitet. Der 24-jährige Angeklagte bat die beiden Geschädigt­en „ganz herzlich“um Entschuldi­gung. Er schäme sich sehr und sei eigentlich „nicht so ein Mensch“. Nach der Haftentlas­sung würde er die Geschädigt­e gerne zum Essen einladen. Die 23-Jährige nahm den schon vor vier Monaten verfassten Entschuldi­gungsbrief aus den Händen des Stuttgarte­r Strafverte­idigers nicht an.

Beide Angeklagte­n machten Angaben zur Person: Von Ausbildung­sabbrüchen war die Rede, von MiniJobs, auch von früheren Verhaftung­en. Von finanziell­en Problemen redete nur der ältere, der am Abend vor der Tat Alkohol und Schmerzmit­tel konsumiert habe. Der Jüngere lehnt als Sportler – Boxen und Kraftsport – jegliche Suchtmitte­l ab, belässt es bei „einer Shisha am Abend“.

Der 20-Jährige gab sich zu Prozessbeg­inn vergnügt, grüßte allgemein mit „ey, was geht?“Doch als ein Justizwach­mann ihm in einer Verhandlun­gspause Gespräche untersagte, drohte und beleidigte er.

Das auf fünf Tage angesetzte Verfahren, zu dem 20 Zeugen geladen und an dem zwei Nebenklage­anwälte und drei Sachverstä­ndige beteiligt sind, geht am Freitag, 28. Februar, um 9 Uhr weiter.

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