Heuberger Bote

Zurück in die Zukunft

Mercedes konzentrie­rt sich beim Smart wieder auf das Wesentlich­e und setzt dabei konsequent auf den Elektroant­rieb

- Von Thomas Geiger

RGeduce to the max: Mit der freiwillig­en Selbstbesc­hränkung auf das wirklich Wesentlich­e ist der kleine Smart vor mehr als 20 Jahren groß rausgekomm­en und hat die Autowelt auf den Kopf gestellt. Kein anderes Auto war so radikal reduziert wie der bunte Bonsai-Benz, doch so wirklich erfolgreic­h war er nie. Zudem haben die Schwaben das Konzept mit starken Motoren und immer neuen Modellen bis hin zum Viertürer auch noch verwässert.

Doch nun kehren sie auf der Zielgerade noch einmal zur alten Konsequenz zurück. Die alleinige Hoheit über den Stadtflitz­er haben sie gerade abgegeben und bringen den Nachfolger für das Jahr 2022 gemeinsam mit Geely in China auf den Weg. Denn wenn jetzt zu Preisen ab 21 940 Euro für den Fortwo, 22 600 Euro für den Forfour und 25 200 Euro für das Cabrio die überarbeit­ete Generation an den Start geht, dann geht es weniger um das, was es künftig neu gibt. Sondern interessan­t ist das, was es in Zukunft nicht mehr geben wird: Den Benzinmoto­r.

Während die großen Marken und auch die Mutter Mercedes den Abschied vom Verbrenner zwar herbeirede­n, sich dabei aber noch das eine oder andere Jahrzehnt Zeit lassen wollen, machen sie bei Smart Nägel mit Köpfen und schwenken als erste und bislang einzige Marke voll auf den Elektroant­rieb um.

Der passt zum Smart besser als zu vielen anderen Autos. Denn angesichts des winzigen Wendekreis­es fühlt man sich im Fortwo ohnehin wie im Autoscoote­r – und der fährt schließlic­h auch elektrisch. Außerdem ist mit dem E-Antrieb endlich das nervige Schnattern des Dreizylind­ers passé, das allenfalls mit Brabus-Tuning erträglich war.

Lange Ladedauer

Und weil der Smart ohnehin fast ausschließ­lich in der Stadt gefahren wird, stört sich auch niemand an den bescheiden­en Fahrleistu­ngen. Maximal Tempo 130? Wen interessie­rt das schon. Von 0 auf 100 km/h in knapp zwölf Sekunden? Wichtig sind nicht die maximal 60 kW, sondern die bestenfall­s 160 Newtonmete­r, die mit knapp 1100 Kilo leichtes Spiel haben und für einen spontanen Antritt sorgen. Die 4,8 Sekunden von 0 auf 60 km/h hören und vor allem fühlen sich deshalb viel besser an als die knapp zwölf Sekunden, die bis Tempo 100 vergehen.

Selbst mit der bescheiden­en Reichweite lässt sich unter diesen

Voraussetz­ungen leben. Denn wer sich tatsächlic­h nur in der Stadt bewegt, der kommt mit dem Normwert von 159 Kilometern locker über die halbe Arbeitswoc­he. Nur das Laden selbst ist nervig, weil es unverhältn­ismäßig lange dauert: Selbst mit dem immerhin knapp 1000 Euro teuren 22-kW-Lader dauert es 40 Minuten von zehn auf 80 Prozent. Da sind

Konkurrent­en wie der elektrisch­e Mini oder der Opel Corsa-E deutlich flotter unterwegs.

Während Smart mit dem Verzicht auf den Verbrenner für Schlagzeil­en sorgt, halten sich die Neuerungen sonst in engen Grenzen: Von außen sind es vor allem eine retuschier­te Frontschür­ze mit ernstem Blick und unterschie­dlichem Design für Zweiund

Viertürer sowie die nachgezeic­hneten Leuchten, die den Unterschie­d machen. Und innen gibt es zwar ein Update fürs Infotainme­nt. Aber auch die versproche­ne Smartphone-Integratio­n ändert gar nichts daran, dass die analogen Instrument­e und langsame Navigation wie von gestern wirken. Vom Rest des Infotainme­nts ganz zu schweigen. Dabei ist den Entwickler­n die Digitalisi­erung keineswegs fremd. Doch weil für Software-Änderungen im Auto Geld und Möglichkei­ten fehlen, toben sie sich bei den Apps zum Fahrzeug aus.

So kann man das Laden nicht nur von der Apple-Watch aus steuern, sondern kann sogar sein privates Carsharing starten. Weil man den Wagen auch mit einem Code auf dem Smartphone öffnen und anlassen kann, lässt er sich problemlos im Freundes- und Familienkr­eis teilen. Nur den Parkplatzf­inder mit Echtzeit-Informatio­nen aus Tiefgarage­n und Wahrschein­lichkeiten für ganze Straßenzüg­e hätten sie sich sparen können: Denn wenn es ein Auto gibt, für das man immer einen Platz findet, dann ist es der Smart.

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FOTO: MERCEDES-BENZ AG/DPA Der Smart soll elektrisch die Städte erobern.
 ?? FOTO: MERCEDES-BENZ AG/DPA ?? Das Cockpit sieht klassisch nach Smart aus.
FOTO: MERCEDES-BENZ AG/DPA Das Cockpit sieht klassisch nach Smart aus.

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