Strenge Richter, rennende Hansele
Die Möhringer Fasnet ist nach wie vor eine der hochnärrischen Fasnetsstädte in der Umgegend. Ein Highlight ist immer das Schemengericht von Möhringen, das in das Jahr 1549 zurückgeht. TUTTLINGEN-MÖHRINGEN Seit vielen Jahren gehört es zu einem der Highlights der Möhringer Fasnet am schmotzigen Dunstig, wenn nachmittags um 14.01 Uhr die Verhandlung stattfindet. In diesem Jahr sind wieder zwei brisante Fälle auf der Tagesordnung. Dazu wurde der baden-württembergische Justiz- und Europaminister Guido Wolf vorgeladen worden, der im letzten Jahr doch tatsächlich versucht hat; in die Verhandlung der beiden Möhringer Michael Seiberlich und Norbert Martin mit einem Brief einzugreifen. Die Beiden waren damals vorgeladen worden wegen ihres Christbaumlobens, als Guido Wolf ein gutes Wort beim Gericht einlegen und die Strafe etwas abmildern wollte - was sich das Schemengericht natürlich nicht bieten ließ. Neben Wolf ist das Löffinger Original der Fasnet Hermann Nägele angeklagt, der doch tatsächlich beim letztjährigen Frühjahrshock unter anderem der Möhringer Narrenzunft einen Schnaps versprach, der sich dann aber tatsächlich als Hahnenwasser entpuppte. Beide Angeklagten müssen in närrischer Kleidung und mit gutem närrischem Humor zur Verhandlung erscheinen. Das Möhringer Schemengericht ist einer der ältesten Narrenbräuche in der Region überhaupt und das einzige Gericht der schwäbisch-alemannischen Fasnet, das unter der Maske, alemannisch Scheme, Das Schemengericht hat die Aufgabe, dumme Streiche zu rügen. Personen gleich welchen Standes und Ranges, denen ein Missgeschick unterläuft, oder sich in Wort und Schrift ungeschickt benehmen, können vor dem Schemengericht angeklagt werden. Nach gründlicher, närrisch-weiser Prüfung werden die Angeklagten nach vorgeschriebenen närrischen Ritus vors Schemengericht geladen. verhandelt. Es tagt jedes Jahr öffentlich, am schmotzigen Dunstig um 14.01 Uhr im althistorischen Rathaus zu Möhringen. Aus der Zimmerschen Chronik geht hervor, dass das Möhringer Schemengericht für Nah und Fern im alemannischen Raum die Rolle einer Art Zentralbehörde und eines obersten Gerichtshofes über närrische Vorkommnisse spielte. Ein weiterer Höhepunkt der Möhringer Fasnet sind die Scherbelgruppen, die am Fasnetsuntig und Fasnetmentig jeweils abends von Lokal zu Lokal ziehen und ihre Vorträge darbieten. Gegen Schluss der Fasnet am Fasnetszieschdig ist dann immer das traditionelle Hanselerennen, bei dem etwa 150 Hansele und Blätzle-Hansele von Lokal zu Lokal ziehen und auf den Strecken den Kindern und auch den Erwachsenen bei Aufsagen der jeweils geltenden Hansele-Sprüchle einen Wecken, eine Orange oder auch ein Hansele-Würstle auswerfen.