Zwischen Zinstief und Zentralinstitut
Sparkassen blicken nach einem einigermaßen stabilen Jahr mit Sorge in die Zukunft
GG(dpa) - Große Herausforderungen, große Pläne – Deutschlands Sparkassen sind im Umbruch. Die Corona-Pandemie zwingt die öffentlich-rechtliche Finanzgruppe jedoch zur Planänderung.
Wie geht es den Sparkassen?
Zinstief, Regulierung, Digitalisierung – der Dreiklang der Herausforderungen ist seit Jahren in der gesamten Finanzbranche derselbe. Schon bei der Bilanzvorlage vor einem Jahr hatte Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis die Erwartungen gebremst: „Insgesamt müssen wir alle lernen, mit nicht so üppigen Gewinnen zu leben.“Seither sind die Herausforderungen nicht weniger geworden. Im vergangenen Jahr machten die inzwischen 378 Sparkassen zwar mehr Kundengeschäft, aber wegen des Zinstiefs verdienten sie weniger daran. Zusammen erzielten die Institute 2019 nach vorläufigen Zahlen einen Jahresüberschuss von 1,8 Milliarden Euro. Damit lag der Gewinn – revidierten Zahlen zufolge – genau auf dem Niveau des Vorjahres. „Die Ergebnisse der Sparkassen werden absehbar in den kommenden Jahren weiter unter Druck geraten“, prognostizierte Schleweis. „Und dabei sind die jüngsten Entwicklungen rund um die Corona-Pandemie noch gar nicht eingerechnet.“
Womit haben die Institute vor allem zu kämpfen?
Lange verdienten Geldhäuser gut daran, dass sie mehr Zinsen für Kredite kassierten, als sie Sparkunden für Guthaben zahlten. Doch die Differenz aus beidem, der Zinsüberschuss, schrumpft. Das trifft den deutschen Bankenmarkt hart, denn in vielen Häusern ist die Abhängigkeit vom Zinsgeschäft traditionell hoch: Vor einigen Jahren noch machten Zinserträge rund 80 Prozent der gesamten Erträge aus. Zudem machen die Negativzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) den Instituten zu schaffen: Inzwischen verlangt die Notenbank 0,5 Prozent Zinsen, wenn Geschäftsbanken Geld bei ihr parken. Trotz Freibeträgen ist das eine Milliardenbelastung für die Branche.
Ist nicht auch das teure Filialnetz eine Last?
Viele Kunden erledigen ihre Bankgeschäfte online oder per Smartphone, die Filiale betreten sie höchstens noch zum Geldabheben oder dann, wenn eine Beratung gewünscht ist – zum Beispiel bei Baufinanzierung oder Wertpapiergeschäften. Die gesamte Branche versucht den Spagat zu schaffen, in der Fläche präsent zu bleiben und gleichzeitig die Kosten im Griff zu behalten. Die Zahl der Standorte schrumpft seit Jahren – ob bei Sparkassen, Volksbanken oder privaten Geldhäusern. Mancherorts tourt schon die örtliche Sparkasse mit einem Bus über Land, um die Kundschaft zu versorgen. Auch eine enge Zusammenarbeit von Sparkassen und Volksbanken ist keine Seltenheit mehr: Frankfurter Volksbank und Taunus Sparkasse wollen bis Ende dieses Jahres an 26 Standorten in Hessen gemeinsame Filialen eröffnet haben.
Muss nicht auch die SparkassenFinanzgruppe enger zusammenrücken?
DSGV-Präsident Schleweis hat kurz nach seinem Amtsantritt am 1. Januar 2018 die alte Idee einer Art „SuperLandesbank“wiederbelebt. Nach seiner Vorstellung könnten die Dekabank und die Landesbank HessenThüringen (Helaba) der Kern eines Zentralinstituts für die öffentlichrechtliche Gruppe werden. Aktuell gibt es in der Sparkassen-Finanzgruppe neben den beiden Frankfurter Instituten noch drei weitere große Häuser: die Landesbank BadenWürttemberg (LBBW), die BayernLB und die NordLB.
Wie gut stehen die Chancen für ein solches Zentralinstitut?
Vorerst liegt das Projekt auf Eis. „Es ist jetzt nicht die Zeit, sich mit den eigenen Strukturen zu beschäftigen“, sagte Schleweis am Donnerstag. Das Projekt werde wieder aufgenommen, „sobald Corona besiegt ist“. Ohnehin gibt es mancherorts Widerstände gegen die Schaffung eines Zentralinstituts. Aber zumindest bei Deka und Helaba können die Sparkassen großen Einfluss geltend machen. Das Wertpapierhaus Deka ist zu 100 Prozent in SparkassenHand, die Helaba gehört mehrheitlich den Sparkassen. Im Dezember hatten die Kontrollgremien der beiden Frankfurter Institute die Vorstände beauftragt, Möglichkeiten einer Zusammenarbeit auszuloten.