Wie sieht’s aus?
Wie sieht’s aus? so lautet das Motto unserer Kirchengemeinderatswahl, die an diesem Wochenende nun ausschließlich als Briefwahl stattfindet. Ja, wie sieht’s aus? Ich meine: Ziemlich bescheiden und ernst sieht’s aus. Die Entwicklungen in der CoronaPandemie der letzten Woche machen uns betroffen. Nie haben wir eine vergleichbare Situation erlebt. Das öffentliche Leben hart eingeschränkt, kein Unterricht, soziale Kontakte unterbunden, Grenzschließungen, Hamsterkäufe...
Solche Szenarien waren immer weit weg, irgendwo auf der Welt, aber bitte doch nicht bei uns. Ein kleines Virus hat es geschafft, alle Sicherheiten
und Versicherungen ins Wanken zu bringen und gezeigt, wie dünn die zivilisatorische Decke auch bei uns in einem High-Tech-Land ist.
„O die Wunde zwischen Nacht und Tag, die unser Wohnort ist“heißt es bei der Dichterin Nelly Sachs. Ja, die Wunde ist nun unser Wohnort.
Wie gehen wir damit um? Zweifach ist mein persönlicher Rat: Es gilt die Krise nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. All die Empfehlungen der vielen Experten sind nicht sinnlos. Die staatlichen Maßnahmen sind schmerzlich, aber richtig. Es ist nun einmal das Gebot der Stunde, unsere Verhaltensregeln zu ändern und mitzuhelfen, dass sich die Ausbreitung des Virus verlangsamt. Dazu gehören eben gravierende Einschnitte, wie z.B. auch das Gottesdienstverbot in unseren Kirchen.
Auf der anderen Seite ist es aber genauso wichtig, dass wir nicht in eine Panik und Weltuntergangsstimmung verfallen. Ruhe bewahren, das ist immer die erste Anweisung im Brandfall. Jede Krise birgt Chancen, ein abgegriffener und doch treffender Satz.
Ziehen wir uns zurück und werden auf eine neue Art wesentlich. Entdecken wir, was alles nicht abgesagt ist wie: Lesen, Musik, Beten, Sonne, Frühling... Nicht abgesagt ist unsere Solidarität und sind unsere Beziehungen zueinander, die in Gedanken, mit dem Telefon, über die sozialen Medien oder in konkreter Hilfe von Gesunden für Risikogruppen gelebt wird. Gerade das Internet, in dem ein reiches Angebot an geistlichen Impulsen und live gestreamten Gottesdienst zu finden ist, wird in Zeiten wie diesen segensreich.
Zu guter Letzt empfehle ich ein gerüttelt Maß an Gottvertrauen: „Unsere Hilfe kommt von ihm her, der Himmel und Erde gemacht hat.“(Ps 124)
Dekan Matthias Koschar, Tuttlingen, Katholische Kirche