Gemeinderat tickt in Corona-Zeiten anders
Gewählte Mitglieder des Gremiums bekommen Informationen zur Verfügung gestellt und stimmen online oder per Telefon ab
- Der Gemeinderat fällt seit rund zwei Wochen Beschlüsse nur noch auf virtuellem Wege, um die Ansteckungsgefahr in Zeiten der Corona-Pandemie zu umgehen. Das Verfahren ist trotzdem öffentlich. Redakteurin Ingeborg Wagner fragte bei Stadtsprecher Arno Specht nach, wie das vor sich geht.
Herr Specht – wie genau kommunizieren die Räte und Oberbürgermeister Michael Beck in den Sitzungen?
Man kann nicht von Sitzungen im klassischen Sinne sprechen. Der Gemeinderat tagt auch nicht per Videokonferenz, vielmehr sind es Beschlüsse, die im Verfahren der Offenlegung gefällt werden, wie das im Fachjargon heißt. Das bedeutet: Die Gemeinderäte bekommen Vorlagen zugeschickt, in denen Fakten zu den Punkten, über die abgestimmt werden muss, zusammengefasst sind. Bis zu einem bestimmten Zeitpunkt müssen sie per EMail zurückmelden, ob sie zustimmen. Wir behandeln auf diesem Weg nur Dinge, die zum einen aus Termingründen dringend entschieden werden müssen, und bei denen zum anderen die Beschlusslage eindeutig zu erwarten ist – wie eben bei der Bauvergabe zur Sanierung der Gymnasien vergangene Woche. Dort waren die eigentlichen Entscheidungen über die Art der Sanierung, das Raumprogramm, die Architektur und vieles andere längst gefällt. Jetzt ging es um die rein formelle Auftragsvergabe, bei der wir ohnehin an die Vergabeordnung gebunden sind. Diese Art der Sitzungen kann auf Dauer keine normalen Sitzungen ersetzen, sie ist aber ein Notbehelf in Zeiten, in denen wir einerseits persönliche Begegnungen vermeiden sollten, gleichzeitig aber bei bestimmten Dingen weiterhin an Fristen gebunden sind.
Die Sitzungen sind öffentlich – inwieweit ist die Beteiligung von Bürgern überhaupt möglich?
Die Bürger ebenso wie die Medien haben die Möglichkeit, die entsprechenden Unterlagen auf der städtischen Homepage im Internet einzusehen. Auf diese Weise kann man die Vorlagen durchlesen, mitdiskutieren geht freilich nicht. Aber diese Möglichkeit besteht in den üblichen Sitzungen auch nicht. Der Presse werden die Beschlüsse dann zeitnah per Pressemitteilung zugesandt.
Wie geht die Bürgersprechstunde vonstatten?
Die haben wir momentan nicht. Die Bürger können jederzeit Fragen an die Verwaltung richten – so wie immer. Momentan bekommen wir übrigens so viele Anfragen wie nie zuvor – vor allem rund um die Corona-Krise.
Werden alle Sitzungen mit allen anberaumten Themen wie geplant durchgezogen? Oder werden angesichts der besonderen Umstände Themen verschoben?
Wir behandeln auf diese Art und Weise nur die Themen, bei denen
Fristen einzuhalten sind – wie jetzt die Vergaben für die Sanierung der Gymnasien. Denn da sind wir nach wie vor optimistisch, dass wir das Projekt im geplanten Zeitrahmen durchziehen können. Das setzt aber voraus, dass wir auch die Aufträge pünktlich vergeben. Politische Grundsatzthemen mit viel Diskussionsbedarf, zum Beispiel Mobilität, Radverkehr oder das Parkkonzept, werden wir so aber sicherlich nicht beschließen.
Wie lange wird noch so verhandelt?
Bis auf Weiteres. Die Lage ist so, dass wir wie alle von Tag zu Tag mit Spannung beobachten, wie sich die Lage weiter entwickelt. Wir hoffen, dass wir möglichst bald zu halbwegs normalen Umständen zurückkehren können.