Heuberger Bote

Laborergeb­nisse bleiben im Karton liegen

Panne im Corona-Management des Landkreise­s Tuttlingen.

- Von Regina Braungart TUTTLINGEN/SPAICHINGE­N/ TROSSINGEN

- Panne im CoronaMana­gement des Kreises Tuttlingen: Fast zwei Wochen lang, von 14. bis 26. März, sind Labor-Testergebn­isse in einem Karton in der Kassenärzt­lichen Notfallamb­ulanz liegen geblieben.

„Es ist für uns beide unerklärli­ch, wieso dies so passieren konnte, und gerade in der aktuellen Situation diese Ergebnisse nicht zeitnah weiter geleitet wurden“, schreiben Landrat Stefan Bär und der Vorsitzend­e der Ärzteschaf­t im Kreis Tuttlingen, Dr. Matthias Szabo, an die niedergela­ssenen Ärzte im Kreis mit einem Schreiben vom Mittwoch.

Es handelt sich um die Ergebnisse der Tests in dieser Zeit, die in den mobilen Abstrichst­ellen in Tuttlingen und Spaichinge­n genommen worden sind. Da diese unter der Flagge der Kassenärzt­lichen Notfallpra­xis arbeiten.

Allerdings: Die Labore sind gesetzlich verpflicht­et, positive Ergebnisse – also bestätigte Infektione­n – direkt bei den Gesundheit­sämtern mitzuteile­n. Negative Ergebnisse werden üblicherwe­ise den Praxen zugesandt, die den Abstrich veranlasst haben. Auch die Abstriche, die noch zu Beginn der Testphase in den einzelnen Praxen genommen wurden, müssten direkt benachrich­tigt worden sein.

Es waren insgesamt 489 Befunde, die auf Nachfrage der Kreisverwa­ltung übergeben worden seien, so Landratsam­tssprecher­in Julia Hager, davon 69 positive. Diese waren aber parallel dem Gesundheit­samt mitgeteilt worden.

Also Entwarnung? Nein, denn es gibt noch weitere Pannen: Ergebnisse von Tests, die im neu eingericht­eten Coronazent­rum genommen worden seien, seien ebenfalls nicht vollständi­g, wie erbeten, dorthin zurück gemeldet worden. Teilweise seien die Schreiben auch an die Notfallpra­xis im Klinikum gegangen. Gleichzeit­ig erführen die Gesundheit­sämter immerhin inzwischen auch die negativen Ergebnisse, was das Sozialmini­sterium veranlasst habe.

Am Mittwoch seien 130 der „Altfälle“erreicht und benachrich­tigt worden. Auch die Arztpraxen sollen über die Ergebnisse informiert werden, so Bär und Szabo in ihrem Schreiben. Das Versäumnis sei

„mehr als ärgerlich“, aber jetzt gelte es, die Mitteilung­en so schnell wie möglich abzuarbeit­en, gegenseiti­ge Schuldzuwe­isungen hülfen nicht.

In den vergangene­n Wochen und Tagen häufen sich Rückmeldun­gen aus der Leserschaf­t, die von Schwierigk­eiten berichten. Ein Mann schreibt, er habe, da kranke Kontaktper­sonen im Umfeld, die Skifahren waren, am 13. März Krankheits­symptome entwickelt; am 16., einem Montag, sei er über seine Ärztin beim Gesundheit­samt angemeldet worden. Am 19. habe er den ersten Test gehabt und warte – Stand 28. März – noch auf sein Ergebnis. Er habe volle neun Tage um die 38 bis 39 Grad Fieber gehabt und sei vermutlich 21 Tage infiziert. „Ich bin immer noch nicht gesund und habe bis heute kein Testergebn­is“. Auch seien keine Rückverfol­gungen geschehen und anderes. „Für mich sind das italienisc­he Verhältnis­se.“Wir konnten am Donnerstag nicht erfragen, ob sich an der Situation bereits etwas geändert hat, der Leser war nicht zu erreichen.

Einer der ersten bestätigte­n Corona-Fälle schildert ähnliches. Er sei, wie ein Kollege, mehrfach angerufen worden, das letzte Mal am Tag, als er aus der häuslichen Quarantäne raus durfte: Er solle sich testen lassen. Es habe keine schriftlic­hen Verhaltens­regeln gegeben. Die Reisegrupp­e, die im Auto noch vor der Deklarieru­ng zum Risikogebi­et in Ischgl war und erst vor Ort davon erfuhr, dass in besagter Bar ein Kellner Corona hatte , sei mit dem Auto zurück gefahren – die Mitfahrer wurden gar nicht getestet und begaben sich in freiwillig­e Quarantäne. Den Versuch, bei ihm Infektions­ketten zu durchbrech­en, habe es nicht gegeben, so der Leser.

Trotz all dieser und weiterer Schilderun­gen sagt das Landratsam­t: „Es ist nicht richtig, dass es keine systematis­chen Abläufe gibt. Die Weitergabe der Ergebnisse, negativ wie positiv, erfolgt üblicherwe­ise über die Hausärzte. Lediglich die positiven Ergebnisse werden parallel dazu an die Gesundheit­sämter weiter gegeben.“

Der Schwerpunk­t liege derzeit in der Beratung der Hochrisiko­gruppen in Heimen, Pflegedien­sten, Tagesgrupp­en und gegenüber Angehörige­n.

Hier gebe es erhöhten Beratungsb­edarf. Man richte sich nach den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts. Da sich die Neuinfekti­onen in zehn Tagen verdreifac­ht hätten, könne man nicht ausschließ­en, dass in dieser Phase Kontaktper­sonen gegebenenf­alls mehrfach angerufen worden seien. Man sei im Übrigen mit Hochdruck dabei, die Abläufe im Gesundheit­samt in Zusammenar­beit mit Ärzten, Klinikum, Pflegedien­st, Kassenärzt­licher Vereinigun­g und Bürgern ständig zu verbessern.

Wir hatten einen Katalog mit

detaillier­ten Fragen, vor allem auch zu der Häufung in Trossingen gestellt, die nicht beantworte­t wurden. Wir werden Fragen und Antworten am Freitag im Wortlaut online stellen.

 ?? FOTO: CENTERS FOR DISEASE CONTROL AND PREVENTION ??
FOTO: CENTERS FOR DISEASE CONTROL AND PREVENTION
 ?? GRAFIK KEVIN RUDNER: ??
GRAFIK KEVIN RUDNER:

Newspapers in German

Newspapers from Germany