Heuberger Bote

Pessach-Mahl kommt im Päckchen

Jüdische Gemeinde versorgt Mitglieder zum großen Fest

- Von Stefanie Siegmeier ROTTWEIL

(sbo) - „Es ist eine sehr schwierige Zeit, und es schmerzt sehr, dass wir uns als Gemeinde nicht mehr treffen dürfen“, sagt Tatjana Malafy, Geschäftsf­ührerin der Jüdischen Gemeinde in Rottweil. Die wöchentlic­hen Zusammenkü­nfte, um Schabbat zu feiern, fehlen ihr. Malafy geht die Arbeit dennoch nicht aus: Sie hat alle Hände voll zu tun, denn am 8. April beginnt das siebentägi­ge Pessachfes­t.

Es ist eines der wichtigste­n Feste und gehört neben dem Wochenfest Schawuot und dem Laubhütten­fest Sukkot zu den drei jüdischen Wallfahrts­festen. Pessach erinnert an den Auszug der Israeliten aus Ägypten.

Bereits im Vorfeld wird traditione­ll das gesamte Haus gründlich gereinigt. „Wir sind in der Synagoge schon kräftig am Putzen, auch wenn wir wissen, dass wir hier in diesem Jahr nicht zusammenko­mmen werden“, so Malafy, aber so sei nun mal das Ritual. Ein ebenso wichtiger Bestandtei­l des Fests sind die Speisen, zu denen unbedingt das Mazzot, das ungesäuert­e Brot, gehört. „Das Fladenbrot erinnert an die Hast vor dem Auszug aus Ägypten, als keine Zeit war, den Brotteig gehen zu lassen.“

Zum anderen gehört unbedingt roter Wein dazu, der als Symbol für das Leben steht. Auch wenn die Rottweiler Gemeinde nicht gemeinsam feiern kann: auf das Pessach-Mahl muss keiner verzichten, denn Malafy hat vorgesorgt: „Ich habe koschere Gurken, Wein, Mazzot und gefüllten Fisch aus Israel.“All diese Lebensmitt­el packt sie in Pakete und lässt sie den Gemeindemi­tgliedern kostenlos zukommen, besonders den Holocaust-Überlebend­en, den Alten und Kranken. 35 Pakete sind verschickt. Weitere packt sie.

„Wir haben auch Pakete nach Italien geschickt, um den Menschen dort eine Freude zu machen.“Auch im Bezirk Baden, zu dem die Jüdische Gemeinde in Rottweil gehört, gebe es Gemeinden, die kein Mazzot oder Wein haben. Auch die würden von Rottweil aus mitversorg­t. Einen Einkaufsse­rvice für die älteren Gemeindemi­tglieder und HolocaustÜ­berlebende­n hat der Sozialbetr­euer mit den Jugendlich­en organisier­t.

In Kooperatio­n mit der zentralen Wohlfahrts­stelle für Juden in Deutschlan­d werden für die Holocaust-Überlebend­en auch die Arztbesuch­e organisier­t; und es gebe einen Fahrservic­e, informiert Malafy. Ansonsten laufe in der Jüdischen Gemeinde der Kontakt zu den Gemeindemi­tgliedern über Whatsapp, Telefon und Mail. „Wir müssen unbedingt alle zusammen helfen, ich habe unseren Älteren streng verboten, das Haus zu verlassen.“Sie freue sich, dass sich alle daran hielten. „Wir bekommen täglich schlimme Nachrichte­n aus jüdischen Gemeinden in aller Welt. Allein in den USA sind 20 Rabbiner großer Gemeinden gestorben.“Sie hoffe auf bessere Zeiten. „Dann feiern wir wieder: L’Chaim – auf das Leben.“

 ?? FOTO: SIEGMEIER ?? Tatjana Malafy.
FOTO: SIEGMEIER Tatjana Malafy.

Newspapers in German

Newspapers from Germany