Pessach-Mahl kommt im Päckchen
Jüdische Gemeinde versorgt Mitglieder zum großen Fest
(sbo) - „Es ist eine sehr schwierige Zeit, und es schmerzt sehr, dass wir uns als Gemeinde nicht mehr treffen dürfen“, sagt Tatjana Malafy, Geschäftsführerin der Jüdischen Gemeinde in Rottweil. Die wöchentlichen Zusammenkünfte, um Schabbat zu feiern, fehlen ihr. Malafy geht die Arbeit dennoch nicht aus: Sie hat alle Hände voll zu tun, denn am 8. April beginnt das siebentägige Pessachfest.
Es ist eines der wichtigsten Feste und gehört neben dem Wochenfest Schawuot und dem Laubhüttenfest Sukkot zu den drei jüdischen Wallfahrtsfesten. Pessach erinnert an den Auszug der Israeliten aus Ägypten.
Bereits im Vorfeld wird traditionell das gesamte Haus gründlich gereinigt. „Wir sind in der Synagoge schon kräftig am Putzen, auch wenn wir wissen, dass wir hier in diesem Jahr nicht zusammenkommen werden“, so Malafy, aber so sei nun mal das Ritual. Ein ebenso wichtiger Bestandteil des Fests sind die Speisen, zu denen unbedingt das Mazzot, das ungesäuerte Brot, gehört. „Das Fladenbrot erinnert an die Hast vor dem Auszug aus Ägypten, als keine Zeit war, den Brotteig gehen zu lassen.“
Zum anderen gehört unbedingt roter Wein dazu, der als Symbol für das Leben steht. Auch wenn die Rottweiler Gemeinde nicht gemeinsam feiern kann: auf das Pessach-Mahl muss keiner verzichten, denn Malafy hat vorgesorgt: „Ich habe koschere Gurken, Wein, Mazzot und gefüllten Fisch aus Israel.“All diese Lebensmittel packt sie in Pakete und lässt sie den Gemeindemitgliedern kostenlos zukommen, besonders den Holocaust-Überlebenden, den Alten und Kranken. 35 Pakete sind verschickt. Weitere packt sie.
„Wir haben auch Pakete nach Italien geschickt, um den Menschen dort eine Freude zu machen.“Auch im Bezirk Baden, zu dem die Jüdische Gemeinde in Rottweil gehört, gebe es Gemeinden, die kein Mazzot oder Wein haben. Auch die würden von Rottweil aus mitversorgt. Einen Einkaufsservice für die älteren Gemeindemitglieder und HolocaustÜberlebenden hat der Sozialbetreuer mit den Jugendlichen organisiert.
In Kooperation mit der zentralen Wohlfahrtsstelle für Juden in Deutschland werden für die Holocaust-Überlebenden auch die Arztbesuche organisiert; und es gebe einen Fahrservice, informiert Malafy. Ansonsten laufe in der Jüdischen Gemeinde der Kontakt zu den Gemeindemitgliedern über Whatsapp, Telefon und Mail. „Wir müssen unbedingt alle zusammen helfen, ich habe unseren Älteren streng verboten, das Haus zu verlassen.“Sie freue sich, dass sich alle daran hielten. „Wir bekommen täglich schlimme Nachrichten aus jüdischen Gemeinden in aller Welt. Allein in den USA sind 20 Rabbiner großer Gemeinden gestorben.“Sie hoffe auf bessere Zeiten. „Dann feiern wir wieder: L’Chaim – auf das Leben.“