Gottes kräftige Einsatzgruppe
Das Vorarlberger Landesmuseum zeigt seine Ausstellung über die 14 Nothelfer nun im Netz
BREGENZ – „Welcher der 14 Nothelfer hilft gegen Corona?“, wird Markus Hofer, Theologe und Leiter der Fachstelle Glaubensästhetik der österreichischen Diözese Feldkirch, gefragt. Seine Antwort: „Da man nicht genau weiß, welcher zuständig ist, am besten zu allen beten.“Mit nur einem Gebet erreiche man eine große, kräftige Einsatzgruppe und damit sicherlich auch den richtigen Adressaten. „Genau darin liegt das Rezept der 14 Nothelfer“, sagt Hofer, neben Andreas Rudigier, Direktor des Vorarlberg Museums Bregenz, Mitkurator der Ausstellung „Die 14 Nothelfer. Das himmlische Versicherungspaket“. Auch wenn die Ausstellung im genannten Museum Corona bedingt derzeit nicht besucht werden kann, ist sie öffentlich doch zugänglich: übers Internet und über das zur Ausstellung erschienene gleichnamige Buch.
Sie tragen klingende Namen – Achatius von Byzanz, Ägidius von Saint-Gilles, Katharina von Alexandrien, Margareta von Antiochien – aber auch schlichte und einfache wie beispielsweise Georg, und sie wurden und werden nach wie vor von Menschen in Not angerufen. Letztgenannter Georg ist weit bekannt, gilt als starker Beschützer und Kämpfer, als Vorbild christlicher Tapferkeit. Eine Darstellung des Heiligen Georgs war seit 1963 aus dem 1478 entstandenen Kristberger Flügelaltar, einem international geschätzten spätgotischen Kleinod, verschwunden. Der Altar selbst war 2015 nach Österreich zurückgekehrt.
Zwei Jahre lang hatte sich Markus Hofer aus der Diözese Feldkirch mit der Ausstellung über die 14 Nothelfer intensiv beschäftigt – nicht wissend, ob er mit dem Thema den Zeitgeist treffen würde. Und nicht wissend, wo der Heilige Georg aus dem Flügelaltar abgeblieben war. Kurz vor Beginn der Ausstellung erhielt er die Nachricht, die in dem österreichischen Bundesland einer Sensation gleichkam: Dem Museum ist es gelungen, den Heiligen in seiner ursprünglichen Fassung am Ende einer Auktion nach Vorarlberg heimzuholen.
Und über noch eine Nachricht sind bei beiden Kuratoren der Ausstellung, Markus Hofer und Andreas Rudigier, erfreut: Das Ausstellungsthema wird begeistert angenommen. Und das, obwohl Rudigier klar ist, dass die 14 Nothelfer „eigentlich kein Museumsthema“sind. Trotzdem hat er sich dafür entschieden: „Das Thema führt zutiefst in die Kunstgeschichte, die Gegenwart, in ganz verschiedene Bereiche.“
Auch heute noch, betont Hofer, seien die 14 Nothelfer, darunter drei Frauen, aktuell. Seine Begründung:
Hätten sie seither nicht geholfen, gäbe es sie heute nicht mehr.
Im 14. Jahrhundert aus der bisherigen Heiligenverehrung als eine Art „himmlische Bündelversicherung“entstanden, sei die Anzahl der 14 Nothelfer im Konzil von Trient (1545 bis 1563) festgelegt worden. Dass die Zahl 14 aber kein Dogma ist, macht eine Tobias Pack zugeschriebene Darstellung um 1640 auf dem rechten Seitenaltar der Pfarrkirche im Vorarlberger Ludesch deutlich: Kurzerhand hat der Künstler den Heiligen Antonius von Padua zu den Nothelfern hinzugefügt. Und noch eine Besonderheit: Zwei Nothelferinnen sind auf gleicher Höhe wie die Bischöfe gemalt, die dritte überragt sie sogar.
Dass es für das Leben der Nothelfer kaum historische Belege gab, habe früher keine Rolle gespielt, betont Hofer. „Im Gegenteil, die biografischen Lücken wurden mit abenteuerlichen Heldengeschichten gefüllt. Bis auf den Einsiedler Ägidius waren alle Nothelfer Märtyrer. Menschen, die bis ins dritte Jahrhundert nach Christus wegen ihres Glaubens verfolgt, gefoltert und ermordet wurden. Sie überlebten Kämpfe mit Drachen, Bäder in kochendem Öl und konnten von ihren Gegnern meist nur durch Enthauptung gestoppt werden.“Rudigier ergänzt: „Diese Legenden sind heutigen Fantasy-Geschichten nicht unähnlich, sie punkten beim Publikum mit Nervenkitzel und einer Prise Horror.“
Den Gläubigen sei es aber primär nicht um Unterhaltung gegangen. Die Heiligenverehrung sei vielmehr ein zentraler Bestandteil der Lebensbewältigung gewesen. „Man vertraute sich in seinen Ängsten und Nöten den himmlischen Mächten an, bat um existenzielle Dinge: Schutz vor schlechtem Wetter, um eine gute Ernte oder Heilung von einer Krankheit. Im Mittelalter war es zweifellos gesünder, zu den 14 Nothelfern zu beten, als sich der damaligen Medizin anzuvertrauen“, betont Hofer.
Auch heute noch nähmen die Menschen auf der Suche nach Heilung und Hilfe „mindestens so viel Irrationales auf sich wie damals. Geholfen hat der Glaube“, ist er überzeugt. Einen Unterschied betont der Theologe: „Bei heutigen Hilfsangeboten geht es oft erst einmal ums Geld.“Die Anrufung der Nothelfer dagegen sei schon immer kostenlos gewesen – und habe damit allen offengestanden.
Markus Hofer und Andreas Rudigier: „Die vierzehn Nothelfer. Das himmlische Versicherungspaket“,
vorarlberg museum Schriften 49, 192 Seiten, 33 Abbildungen, 24,95 Euro.