Heuberger Bote

Andere Länder, andere Ostersitte­n

Bräuche von Brasilien bis Rumänien – Und in Polen spritzt man sich gegenseiti­g mit einer Wasserpist­ole an

- Von Julie Münster TUTTLINGEN

- Ostern wird in diesem Jahr anders sein – statt großem Familienfe­st wird in kleinen Einheiten und vor allem zu Hause gefeiert. och wie sehen die Osterbräuc­he in anderen Ländern aus?

Dragana Markoc kommt ursprüngli­ch aus Montenegro und erzählt von orthodoxen Bräuche, die viel mit dem Ei als Symbol für die Erneuerung von Natur und Leben“zu tun haben. „Am Karfreitag färben wir Eier, und die Besonderhe­it dabei ist, dass das erste Ei jedes Jahr rot gefärbt wird“, sagt Markoc, die heute in Tuttlingen lebt. Das gelte als Symbol für Schutz und dass die Familie gesund bleibe. Dieses Ei bleibe bis ins nächste Jahr zur Osterzeit im Haus. Zudem würden die Eltern den Kindern mit dem rot gefärbten Ei über das Gesicht reiben, „sodass

die Kinder das ganze Jahr über gesund bleiben“. Auch Freunden schenke man in der Osterzeit Eier, und ein rotes Ei bringe immer besondere Freude. Ein weiterer Brauch sei, dass man die Eierspitze­n gegeneinan­der schlage, bis ein Ei dabei zerbreche. „Das erste rote zerbrochen­e Ei wird traditione­ll auf dem Land in einem Feld vergraben und soll eine fruchtbare Ernte bescheren“, sagt sie.

Eine Woche vor Ostern beginnt in der orthodoxen Tradition die heilige Woche, sagt Markoc, in der religiöse Menschen weiteren Ostertradi­tionen nachgehen. „Zum Beispiel waschen sich die Menschen ihr Gesicht mit Wasser, in dem die erste Pflanze des Jahres eingelegt war“, sagt Markoc.

Wie auch in Montenegro „prägt die orthodoxe Tradition viele osteuropäi­sche und Balkanländ­er“, sagt Alexandru Tanase aus Rumänien.

„Am Freitag wird bei uns ein sogenannte­s Post negru gehalten, was auf Deutsch übersetzt in etwa schwarzes Fasten bedeutet“, erläutert Tanase, der in Tuttlingen wohnt. Für dieses Ritual stehe ein großer hoher Tisch in der Mitte der Kirche, worauf ein Epitaph gestellt wird, und alle Gläubige gehen einmal unter dem Tisch hindurch. „Das soll den Gang ins Grab Jesu symbolisie­ren“, erklärt der Rumäne. „In der Nacht vom Samstag auf Ostersonnt­ag gehen alle religiösen Menschen in die Kirche. Um Mitternach­t wird vom Pfarrer das Heilige Licht gebracht, und jeder darf seine Kerze damit anzünden“, erklärt Tanase den Ablauf in der Kirche. Wenn der Gottesdien­st im Morgengrau­en beendet ist, kann jeder das Heilige Licht nach Hause bringen, denn es soll das Heim von bösen Geistern säubern. Ab diesem Zeitpunkt gelte dann für die folgenden 40 Tage die Grußformel „Christus ist auferstand­en“und der Gegengruß „wahrhaftig auferstand­en“, sagt Tanase.

„In Brasilien gibt es aufgrund der Größe des Landes unterschie­dliche Traditione­n“, erklärt Ana Griesel, die mittlerwei­le in Wurmlingen lebt. Ostern werde in der Nähe von Sao Paulo, ihrer Herkunft, sehr ähnlich der deutschen Tradition gefeiert, wobei der Gründonner­stag nach Griesel ein Feiertag und der Ostermonta­g ein Arbeitstag sei. „Im Süden Brasiliens wohnen viele Europäer und vor allem Deutsche, und viele rufen „Frohe Ostern“auf Deutsch. Wir verschenke­n am Ostersonnt­ag Schokoeier, die viel größer sind als die in Deutschlan­d“, beschreibt die Brasiliane­rin die Sitten. „Die gläubigen Menschen gehen in die Kirche und es gibt eine Ostereiers­uche am Sonntag.“In manchen Familien würden Hasenpfote­n auf den Boden gemacht, um die Spuren des Osterhasen darzustell­en. Wegen des Klimas findet die Ostereiers­uche eher im Haus statt, da die Schokolade sonst schnell schmelzen würde. In manchen Städten Brasiliens stellen die Menschen jedes Jahr den letzten Tag Jesu nach. „Diese schöne Tradition hat schon Millionen Zuschauer angezogen“, weiß die Brasiliane­rin. „Dieses Jahr wird Ostern sehr komisch sein“, meint Griesel, da die Kirchen geschlosse­n seien, man sich wegen des Virus nicht treffen dürfe und die Liebsten nur digital sehen könne.

„In Polen geht man am Ostersamst­ag mit einem Korb in die Kirche, um das Essen segnen zu lassen“, beschreibt Agnieszka Ferri aus Polen die Tradition. Sie lebt mittlerwei­le in Tuttlingen. Ein großer Unterschie­d zu Deutschlan­d sei, dass der Karfreitag in Polen kein Feiertag ist und es an Ostern keine Eiersuche oder Ostergesch­enke gebe. „Es ist alles sehr kirchlich“, führt Ferri aus, aber dafür feiere man einen besonderen Brauch am Ostermonta­g. „Am Montag macht der erste, der aufsteht, die anderen Familienmi­tglieder mit einer Wasserspri­tzpistole nass“, erklärt Ferri. Auch vor der Kirche bespritzt man sich mit Eimern und Wasserpist­olen gegenseiti­g, fügt sie hinzu. Dieser Brauch symbolisie­re einer katholisch­en Überliefer­ung nach die Bekehrung Polens zum Christentu­m, da sich im Jahr 966 der polnische Herzog Mieszko am Ostermonta­g taufen ließe. „Dieses Jahr feiern wir hier und bereiten unser Frühstück nach polnischer Tradition zu. In die Kirche können wir auch nicht gehen“, meint Ferri.

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