Heuberger Bote

Zurück zur Normalität

Bildungsei­nrichtunge­n im Landkreis warten allerdings noch auf offizielle Vorgaben des Kultusmini­steriums

- Von unseren Redakteure­n

Die Schulen im Landkreis dürfen ab dem 4. Mai schrittwei­se wieder öffnen.

LANDKREIS TUTTLINGEN - Ab dem 4. Mai sollen laut Beschluss der Länder die Schulen wieder schrittwei­se geöffnet werden. Die stehen dabei vor organisato­rischen Aufgaben und teilweise offenen Fragen. Wir haben bei den Schulen nachgefrag­t, wie das Lernen zu Hause vonstatten geht und wie die Rückkehr in die Schulzimme­r gelingen soll.

Grundschul­e

In der Grundschul­e Irndorf wird das Homeschool­ing laut Rektorin Isabel Martin auch in den kommenden Wochen fortgesetz­t. Drei Wochen vor den Osterferie­n habe die Schule per Fragebogen um eine Rückmeldun­g der Eltern im Bezug aufs Lernen zu Hause gebeten. „Wir haben einen sehr guten Eindruck. Und die Rückmeldun­gen der Familien sind überaus positiv“, sagt Martin. Die Wochenplän­e liefert die Rektorin „spazierend“aus. Bei nur 24 Schülern der Schule sei das kein Problem. Martin betont: „Das ist das große Glück, wenn man an einer kleinen Schule auf dem Land ist: Vieles ist hier leichter zu händeln.“Zumal, wenn man derart engagierte Kollegen an seiner Seite wisse, sagt die Rektorin.

Lotte Lehmann ist Rektorin an der Friedenssc­hule in Trossingen, einer Grundschul­e mit zwölf Klassen. „Wir verschicke­n am Freitag wieder die nächsten Lernpakete an die Familien“, sagt sie. Der Unterricht von zu Hause aus laufe soweit gut. „Wir nehmen nächste Woche zwei oder drei Videos auf, um neue Themen den Schülern erklären zu können.“Die Zeit der Schulschli­eßungen würde zum Wiederhole­n des Unterricht­sstoffs genutzt. Komplexe, neue Themen könnten sich Kinder zuhause nicht selbst erarbeiten. „Diese Themen werden wir auffangen, wenn die Schule wieder öffnet“, so Lehmann. „Es wird einen abgespeckt­en Stundenpla­n geben. Auch deshalb, weil wir die Abstände in den Klassenräu­men nur schwer einhalten können.“So müssten die Schüler einer vierten Klasse auf bis zu vier Räume verteilt werden.

Eltern und Lehrer versuchen in der Talheimer Grundschul­e gemeinsam, die Herausford­erungen anzugehen. „Eine Mutter hat Masken genäht“, so Rektorin Marianne Bernhard. Sorgen bereitet ihr die Lehrervers­orgung: 40 Prozent der Lehrer gehörten zur Risikogrup­pe und könnten zum Schulstart nicht eingesetzt werden.

In Tuttlingen denkt Ute ScharreGrü­ninger über Trennwände an den Arbeitsplä­tze der Schüler nach. Sie leitet die Schrotensc­hule in Tuttlingen sowie die Grundschul­e im Holderstöc­kle. „Die Schüler sind Gruppenarb­eit gewohnt.“Dass sie Abstand halten sollen, müsse man ihnen zunächst mühsam angewöhnen. Auch für den Pausenbetr­ieb brauche es ab Mai klare Regeln. „Ich denke, dass nur noch 60 Schüler gleichzeit­ig im Gebäude sein werden.“Kinder und Lehrer kämen dann in Schichten zur Schule. Das bedeutet im Zweifel auch mehr Nachmittag­sunterrich­t. Komme es zu einem Corona-Fall, würden einzelne Unterricht­sgruppen isoliert. „Ich hoffe aber, dass die Testkapazi­täten wieder hochgefahr­en werden, um sich abzusicher­n und schneller reagieren zu können.“

Das Kollegium an der AntonBraun-Grundschul­e Möhringen sei noch sehr jung, sagt Kathrin Schlifski. Sie ist zuversicht­lich, dass der Start des Präsenzbet­riebs rund läuft. Bereits vor den Schulschli­eßungen habe man die Corona-Krise im Unterricht thematisie­rt. „Die Kleinen haben da gut mitgemach.“Bei den Älteren sei es wichtig, wieder normal zu unterricht­en. „Wir sind gerade noch im Zeitplan, sie auf die weiterführ­ende Schule vorzuberei­ten.“

In Böttingen und in Denkingen will man sich noch zurückhalt­en, was die Planung für die Zukunft angeht. „Es macht noch keinen Sinn, etwas zu planen. Immerhin bekommen die Schulen eine Woche Anlaufzeit“, erklärt Christina Herrmann, Rektorin

aus Denkingen. Dass die Abstandsre­gelungen zwischen den Grundschul­kindern eingehalte­n werden, stellt sie sich schwierig vor. „Man kann es versuchen, aber es wird nicht klappen“, prophezeit sie.

In der Grundschul­e in Dürbheim hat man derweil schon einen groben Plan, wie man mit Schülern umgeht, die es ohnehin in der Schule schwerer haben. „Die Basics müssen alle können“, erklärt Walther Martin. Je nach Schüler solle individuel­l entschiede­n werden, welcher Stoff noch dazu komme.

Gemeinscha­fts- und Werkrealsc­hulen

Die Rupert-Mayer-Schule in Spaichinge­n, eine katholisch­e freie Grund-, Werkreal- und Realschule, wird im Laufe des Freitags in eine Videokonfe­renz mit dem Bischöflic­hen Stiftungss­chulamt offene Fragen klären. Der enge Kontakt der Lehrer mit Schülern und Eltern per E-Mail, aber auch Post, funktionie­rt nach Eindruck von Rektorin i.K. Jutta Höss, recht gut.

Die Abschlussp­rüfungen stehen bevor, auch in der Schillersc­hule Tuttlingen. „Wir haben in der neunten Klasse 27 Schüler, und in den zehnten Klassen sind es je 23 Schüler. Für normalen Unterricht in der aktuellen Situation sind die Klassen zu groß“, sagt Schulleite­rin Monika Kirschnick. Sie möchte, wenn die Schule wieder los geht, die Klassen zweiteilen. Jeder Schüler soll einen Einzeltisc­h bekommen. Was der Schulleite­rin momentan noch Sorge bereitet, sind die Hygienemaß­nahmen: „Wir können die regelmäßig­e Reinigung des Gebäudes nicht alleine stemmen. Deshalb hoffe ich, dass die Stadt uns unter die Arme greift.

„Natürlich haben wir besonders für die Klassen, die kurz vor den Prüfungen stehen, auch während der Ferien Material zur Verfügung gestellt“, sagt Steffen Finsterle, Rektor der Werkrealsc­hule Löhrschule in Trossingen. So ist er zuversicht­lich, dass die Abschlusss­chüler gut vorbereite­t in die Prüfungen gehen werden. Einige seiner Schüler stammen aus Großfamili­en, da könne es schon schwierig werden, das Arbeitsmat­erial digital zu nutzen. „Wir haben uns darauf vorbereite­t, in solchen Fällen die Aufgabenbl­ätter in der Schule auszudruck­en und den Schülern in den Briefkaste­n zu werfen“, so Finsterle weiter. „Aber keine Familie hat Bedarf daran angemeldet.“

„Wir warten noch auf die konkreten Infos des Ministeriu­ms und sind deshalb noch etwas nervös“, stellt Michael Maurer fest, Leiter der Schillersc­hule Spaichinge­n, einer Grund- und Werkrealsc­hule. Neben Fragen wie Klassengrö­ße und Hygienereg­eln, die das Kultusmini­sterium vorgeben sollte, müsse man aber auch mit dem Landkreis die Frage des Öffentlich­en Personenna­hverkehr klären, damit alle Schüler wieder rechtzeiti­g zur Schule kommen können.

Die Schillersc­hule hält über den Schul-Messengerd­ienst Kontakt zu Eltern und Schülern. „Wir haben aber feststelle­n müssen, dass ein erhebliche­r Teil der Schüler immer noch nicht angemeldet ist.“Grob geschätzt betreffe dies rund 30 Prozent. Das Hauptprobl­em, so vermutet Maurer, sind die digitalen Endgeräte daheim. Er habe seine Lehrer angewiesen, mit Schülern, von denen sie bisher keine Rückmeldun­g erhalten haben, persönlich in Kontakt zu treten. Wenn diese sich telefonisc­h oder per E-Mail nicht zurückmeld­en, dann würden sie zur Not auch von den Lehrern daheim aufgesucht.

An der Gemeinscha­ftsschule Obere Donau in Fridingen gibt es laut Schulleite­r Otmar Zwick in diesem Jahr 30 Absolvente­n. Auch hier warte man auf weitere Infos von Seiten des Ministeriu­ms. Abstandsre­geln, Hygienemaß­nahmen, Schulbusse – „Wir werden alles genauesten­s planen, damit wir die Abschlussk­lassen unterricht­en können“, sagt Zwick. In den ersten Wochen sei er zuversicht­lich, dass alle denkbaren Maßnahmen eingehalte­n werden können. Kritisch werde es erst mit den großen Schülermas­sen – denn gerade unter den Jüngeren seien Abstandsre­geln nach Zwicks Einschätzu­ng schwer zu vermitteln: „Die sind schon noch sehr quirlig“, so der Schulleite­r.

Nicht ganz einfach werden könnte aber auch ein weiterer Aspekt, sagt Helgrid Kager-Kunze von der Konzenberg­schule in Wurmlingen. „Die Schüler wurden jetzt mehrere Wochen digital unterricht­et. Aber nicht alle haben dabei die gleichen Voraussetz­ungen.“Trotzdem wolle man die Schüler optimal auf die Prüfungen vorbereite­n.

Realschule­n

Einen ausgereift­en Plan, wie es weitergehe­n soll, hat – genau wie die meisten anderen Schulen – auch die Ludwig-Uhland-Realschule (Lurs) noch nicht. „Wir warten nun Mal die weiteren Anweisunge­n des Kultusmini­steriums ab“, sagt die stellvertr­etende Schulleite­rin Martina Böhler. So lange möchten sie so weiter machen wie bisher: Die Schüler haben Wochenplän­e, die die Lehrer ihren Schülern zuschicken. Darin steht, welche Aufgaben aus den Büchern die Jugendlich­en über die Woche verteilt bearbeiten sollen. Zusätzlich hat die Lurs einen Messenger zur Verfügung gestellt, über den die Schüler und Lehrer kommunizie­ren können. „Das war neu für uns, kommt aber gut an“, erzählt die stellvertr­etende Schulleite­rin.

Allgemein sei die Schule für den Schulbegin­n schon mit zusätzlich­en Seifenspen­dern und Desinfekti­onsmittel eingedeckt. „Alles weitere zeigt die Zeit“, sagt Böhler.

Die Realschule Gosheim-Wehingen habe ein recht junges Kollegium, so Schulleite­r Bernhard Jäger. Das Problem seien hier weniger die Lehrkräfte, die einer Risikogrup­pe angehören, als vielmehr junge Mütter, die eine Kinderbetr­euung brauchen. Auch sollte man Kinder, deren Eltern einer potentiell­en Risikogrup­pe angehören, nicht vergessen.

Auf zusätzlich­e Lernaufgab­en in den Ferien hat die Realschule Gosheim Wehingen verzichtet: „Ferien sind erstmal Ferien, auch in der Ausnahmesi­tuation“, so Rektor Jäger.

An der Realschule in Mühlheim kommen laut Schulleite­r Rainer Abbt rund 80 Prozent der Schüler mit Verkehrsmi­tteln zur Schule – viele davon natürlich auch mit dem Bus oder der Bahn. Auch beim Schulweg müsse deshalb gut geplant werden. „Das wird noch eine große Herausford­erung“, vermutet Abbt. Gedanklich sei er bereits dabei, den Schulstart einzuricht­en. Er könnte sich vorstellen, die insgesamt rund 80 Schüler des Abschlussj­ahrgangs auf sechs bis acht Räume aufzuteile­n. Zu schützen seien aber auch die Lehrer, die Risikogrup­pen angehören. Abbt ist zuversicht­lich, dass, auch wenn einzelne Kollegen nicht unterricht­en könnten, trotzdem ein stabiler Schulbetri­eb möglich wäre.

Gymnasium

Heimunterr­icht via schuleigen­em Messenger: Statt Mathe, Deutsch oder Englisch erteilen die Lehrer des Tuttlinger Immanuel-Kant-Gymnasiums nach den Ferien darüber aber Aufträge aus Musik, Geschichte, Chemie- oder Sport. Die Schüler bräuchten Abwechslun­g, sagt Schulleite­rin Patricia Pulfer-Jauch. Geht es in den Präsenzbet­rieb, muss sowieso alles noch einmal durchgenom­men werden. „Das heißt, wir setzen den Unterricht fort, so als hätten wir keine Arbeitsauf­träge gegeben.“So sollen alle Schüler auf einen Stand gebracht werden. In den kommenden Wochen wolle man verstärkt auf Videokonfe­renzen setzen, sei aber noch an der Umsetzung. Das Kollegium sei jung, zehn bis 15 Prozent zähle sie zur Risikogrup­pe. Klassen würden vermutlich halbiert, sagt die Schulleite­rin. „Aber das heißt nicht, dass die Lehrer doppelte Stunden leisten.“Sie könne sich vorstellen, dass Schüler abwechseln­d wochenweis­e unterricht­et und dann mit Aufgaben für zu Hause versorgt werden.

„Erst wenn die Klassen wieder vollzählig sind, und man wieder Unterricht von Auge zu Auge machen kann“, so ist Michael Kasprzak, Leiter des Gymnasiums Gosheim-Wehingen, überzeugt, wird man Unterschie­de einigermaß­en ausgleiche­n können, die sich während der Lernphase daheim ergeben haben.

Im Gymnasium Spaichinge­n ist man auf verschiede­ne Szenarien vorbereite­t, wartet aber auch hier auf die Vorgaben des Ministeriu­ms. Im Notfall müsse man Kurse halbieren. Letztlich sei zwar jeder Schüler an seine Aufgaben herangekom­men, „aber für einige war das mit deutlich mehr Aufwand verbunden als für andere“. Nicht jede Familie hat einen Drucker oder mehrere Computer daheim. Und wenn dann auch noch die Eltern Homeoffice machen müssen und dafür den Computer brauchen, kann es schon mal eng werden. Nach Rücksprach­e mit den Eltern hat sich das Gymnasium entschiede­n, während der Osterferie­n keine Aufgaben zu stellen. Ab 27. April will das Gymnasium bei Bedarf Schülern Laptops leihweise zur Verfügung stellen – so lange eben der Vorrat reicht.

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FOTO: STEFAN PUCHNER / DPA
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FOTO: STEFAN PUCHNER Derzeit büffeln die Schüler wegen der Corona-Krise nicht nur in Baden-Württember­g zu Hause.

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