Geschmolzen, verraucht, durchnässt, zerstört
Der Hausbrand vom vergangenen Sonntag stellt eine Familie vor große Probleme – Spendenaktion läuft
- Zunächst war es ein normaler Sonntag, doch dann hatte Familie da Silva innerhalb einer Stunde kein Zuhause mehr. Der Brand in ihrem Haus in der Tuttlinger Fuchslochstraße stellt die ohnehin von der Corona-Krise wirtschaftlich gebeutelte Familie vor Probleme. Um zu helfen, hat eine Familienangehörige nun eine Spendenaktion gestartet, an der sich bis Freitagabend bereits mehr als 110 Personen mit rund 7000 Euro beteiligt haben.
Eine knappe Woche, nachdem am vergangenen Sonntag ihr Haus brannte, steht bei Familie da Silva die Welt noch immer Kopf. Von der Straße und der Terrasse der Nachbarn mussten die sechs Hausbewohner hilflos zusehen, wie das Feuer innerhalb kurzer Zeit vom Carport aufs Gebäude überging und schließlich der ganze Dachstuhl in Flammen stand. Mutter Astrid da Silva beschreibt, wie sich die Minuten anfühlten wie Stunden: „Die ganze Zeit denkt man: Wann kommt endlich die Feuerwehr?“
Als diese dann nach rund einer Stunde den Brand gelöscht hatte, war das obere Stockwerk bereits zerstört. Was nicht der geschmolzenen Dachisolierung und den herabfallenden Dachziegeln zum Opfer fiel, machten Ruß, Rauch und Löschwasser zunichte. „Wir haben sehr viel verloren – und von dem, was noch da ist, müssen wir nun zuerst schauen, was überhaupt noch brauchbar ist“, sagt Astrid da Silva.
Ein Nachbar war es, dem der Brand als erstes auffiel. Die Eltern und ihre beiden acht- und neunjährigen Kinder saßen zu diesem Zeitpunkt im Wohnzimmer zusammen und überlegten, ob sie noch spazieren gehen sollten. Die beiden pflegebedürftigen Großeltern hielten sich in ihrer Einliegerwohnung im Kellergeschoss auf. Dass aus bisher unbekannten Gründen der ans Haus angrenzende Carport zu brennen begonnen hatte, bemerkten die Familienmitglieder nicht. „Dummerweise hatten wir alle Fenster zu, was für uns sonst eher untypisch ist“, sagt Astrid da Silva. Erst als ihr Nachbar auf die Terrasse gerannt kam, begriffen sie, dass etwas nicht stimmte.
Als die Familie vors Haus kam, stand der Carport bereits in Flammen. Auch ein davor abgestelltes Fahrzeug hatte Feuer gefangen, konnte aber von Nachbarn mit einem Gartenschlauch
gelöscht werden. So schnell es ging, eilte die Familie zunächst den betagten Großeltern zu Hilfe.
Mittlerweile ist die Familie in einer kleinen Wohnung der erwachsenen Tochter innerhalb Tuttlingens untergekommen. Die Großeltern befinden sich derzeit noch im Klinikum. „Wegen Corona ist es schwierig, für sie einen Kurzzeitpflege-Platz zu bekommen“, sagt Astrid da Silva. Schwer ist es für sie, dass sie ihre Eltern aufgrund des Besuchsverbots nicht besuchen darf.
Der Brand trifft die Familie in einer Phase, die ohnehin schon schwer genug für sie ist. Tarcisio da Silva ist Betreiber des Fahrservices „easygo Shuttleservice“. Vor der Corona-Krise sei das Geschäft gut gelaufen: Viele Firmen buchten den Fahrservice, um etwa Geschäftspartner vom und zum Flughafen zu bringen. Mit Corona kam jedoch der Stillstand, die Aufträge blieben aus. Doch die Raten für die rund 15 geleasten Fahrzeuge laufen weiter. „Zwei Monate ohne Einkommen, da ist es gleich vorbei“, fasst Astrid da Silva zusammen, wie die Reserven dahinschmelzen.
Besonders bitter: Um Kosten zu sparen, zog das Ehepaar in den Tagen vor dem Brand mit dem Büro ihrer Firma von Wurmlingen ins Wohnhaus nach Tuttlingen um. Drucker, Computer und Geschäftsunterlagen lagerten sie in den Wohnräumen. Auch hiervon hat der Brand etliches zerstört.
Finanzielle Sorgen bereitet zudem noch etwas: „Es hat sich herausgestellt, dass 20 Prozent unseres Hauses nicht versichert sind“, sagt Astrid da Silva. Als sie das Haus vor über zehn Jahren kauften, übernahmen sie vom Vorbesitzer die GebäudebrandVersicherung. Dass jedoch die Quadratmeterzahl des Kellergeschosses nicht im Vertrag mit eingerechnet war, fiel nicht auf. Für die Familie bedeutet das: Ein Fünftel der Sanierungssumme werden sie selbst bezahlen müssen. Wie viel das sein wird, steht aktuell noch nicht fest.
Um ihrer Familie finanziell unter die Arme zu greifen, hat die Tochter aus Tarcisio da Silvas erster Ehe, Marie Ruß, eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Über eine Spendenplattform kann derzeit gespendet werden (siehe Extra-Kasten).
„Sie alle trauern den Erinnerungen, die sie in diesem Haus hatten, nach. Und dabei müssen sie sich noch um die finanziellen Probleme kümmern“, formuliert die junge Frau in ihrem Aufruf. „Daher bitte ich jeden einzelnen, mir zu helfen, meine Familie zu unterstützen, damit sie bald wieder ein schönes Zuhause haben.“
Bis zum Redaktionsschluss am Freitagabend waren bereits knapp 7000 Euro zusammengekommen – eine Summe, die Familie da Silva fast sprachlos macht. „Wir möchten uns bei allen ganz herzlich bedanken, die uns in dieser schweren Zeit unterstützen“, sagt Astrid da Silva.
Überhaupt ist die Familie überwältigt, wie groß die Hilfsbereitschaft um sie herum ist. Etwa die Nachbarn, die halfen, noch brauchbare Dinge aus dem Haus zu holen und alles in ihren Garagen einlagerten. Die Freunde, die die gerettete Kleidung wuschen und nun stundenweise auf die Kinder aufpassen. Elternbeirat und Lehrer aus der Grundschule ihrer Kinder, die Unterstützung zusicherten. „Das freut uns riesig und hilft uns sehr, trotz allem einigermaßen positiv zu denken. Es muss ja weitergehen.“