Manche lernen’s nie!
Zu „Der Lärm der Lockdown-Gegner“(11.5.):
Mir läuft es kalt den Rücken runter, wenn ich die Bilder von den Demonstrationen in verschiedenen Städten am vergangenen Wochenende gegen den „Raub der Freiheit“sehe. Meist dicht gedrängt, häufig ohne Mundschutz, üben Menschen ihre Freiheitsrechte aus und bedenken dabei nicht, dass sie damit die Freiheitsrechte anderer einschränken. Sie nehmen bewusst in Kauf, dass das Coronavirus sich weiter ausbreiten kann und damit alle, besonders Risikogruppen, gefährdet werden, die sich nicht dagegen wehren können.
Dabei sind die Risikogruppen gar nicht so klein, wie der Begriff suggeriert. Zählt man die über 60Jährigen, dazu noch die durch Vorerkrankungen belasteten jüngeren Menschen zusammen, so kommt man auf über 30 Prozent betroffene Personen. Deren Ansteckungsrisiko zu minimieren, ist doch wohl Pflicht eines jeden Bürgers und rechtfertigt die (vorübergehende) Einschränkung der persönlichen Freiheit. Ein Verhalten, das dem zuwiderläuft, ist undemokratisch, rücksichts- und verantwortungslos und grenzt an grob fahrlässige, vielleicht sogar vorsätzliche Körperverletzung.
Lothar Köberle, Nonnenhorn
Verständnis für Demo-Teilnahme Zum Leitartikel „Achtung vor dem Besserwisser“(11.5.):
Der ehemalige Ministerpräsident von Thüringen, Thomas Kemmerich, ist Inhaber einer Friseurkette. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, was das für den Unternehmer Kemmmerich und seine zahlreichen Angestellten in denen letzten Wochen bedeutet hat und immer noch bedeutet. Außerdem hat er für eine Familie mit sechs Kindern zu sorgen. Wer möchte da nicht Verständnis für seine Teilnahme an der Corona-Demo aufbringen. Als Leser frage ich mich schon, ob der Kommentator die gesamten Hintergründe nicht „besser wissen“konnte oder nicht wissen wollte.
Eduard Grabherr, Ingoldingen
Kein Vakuum im Kopf
Zu „Wer teilt, denkt nicht“(9.5.): Sicher existieren im freien Netz ebenso viele Fake News wie Wahrheiten, aber das ist in der gesamten Presselandschaft so. Auch dort werden Erkenntnisse und private Meinungen/ Erfahrungen mit wissenschaftlichen Berichten untermauert. Wer in der Corona-Debatte nun im Netz Bestätigung seiner Gedanken findet, die er selbst so qualifiziert nicht äußern könnte, und diese weitergibt, hat in aller Regel kein Vakuum im Kopf, wie der Autor vermutet. Diesem Teilen geht ein aktiver Denkprozess voraus, oft basierend auf jahrelangen Erfahrungen und intensiver Recherche. Als Landwirtschaftsmeister lehrte mich zum Beispiel erst die aktive Beschäftigung mit der Natur, dass entgegen der Lehrmeinung ein Wirtschaften ohne die Chemiekeule sehr wohl möglich ist. Wenn ich jetzt der Meinung bin, dass Viren – auch gefährliche Mutationen davon – immer schon Teil unseres Lebens waren und nur durch ein gestärktes Immunsystem unschädlich gehalten werden können, dann suche ich natürlich nach wissenschaftlicher Bestätigung dieser Meinung. Und die gibt es – und die teile ich auch! Aber immer in dem Bewusstsein: Eine solide, objektive Wissenschaft misst sich an der Gegenmeinung, im wissenschaftlichen Diskurs. Speziell in der Corona-Pandemie blieb aber scheinbar keine Zeit dafür. Jede Gegenmeinung wird in die Verschwörer- und Schwurblerecke gedrängt. Es gibt scheinbar nur die eine Wahrheit, weltweit und politisch festgelegt innerhalb weniger Tage. Schon Karl Valentin war der Meinung: „Wo alle dasselbe denken, wird nicht viel gedacht.“
Josef Bopp, Ochsenhausen
Fürsorge vor Fleischversorgung
Zu „Erschreckende Nachrichten aus der Fleischindustrie“(14.5.):
Musste erst Corona unsere Politiker wachrütteln, bis sie sich ernsthaft mit der sehr schwierigen Problematik in unseren Schlachthöfen beschäftigten?
War das Thema „Leiharbeiter aus dem Ostblock“, seien es die Kopfschlächter oder Zerleger, welche sich in fliegendem Wechsel die Klinke in die Hand geben, je ein Thema? Nur die positiven Testergebnisse von Corona bei diesen Leuten, die ihre sozialen Rechte nicht wahrnehmen können, brachte ans Licht, was seit Jahrzehnten bei uns ohne Tadel des Gesetzgebers geduldet wurde. Nun muss hinterfragt werden, inwieweit die Schlächter im Sinne der von Gesetzes wegen geltenden Tierschutzschlachtverordnung tätig sind, wenn sie nicht mal wissen, welche Mindesthygieneanforderungen schon zum Selbstschutz beachtet werden müssen. Wenn ein Arbeitgeber derartige Missstände in Hygiene und Unterkunft duldet, ist die Frage berechtigt: Wie sieht hier der Umgang mit den Schlachttieren und deren korrekten Betäubung vor der Entblutung aus? Fürsorgepflicht gegenüber Mensch und Tier muss vorrangig stehen vor Fleischversorgung des unbedachten Verbrauchers!
Edeltraud Fürst, Weingarten
Neue Normalität
Zur Corona-Krise:
Woher auch immer das Covid-19-Virus stammt: Es ist eine Tatsache, dass Wildtiere Träger und somit Überträger vieler Virenarten sind; es ist auch eine Tatsache, dass das Zurückdrängen der Lebensräume von Wildtieren durch die unaufhörliche Ausbreitung menschlicher Lebensräume Mensch und Wildtier immer näher zusammenbringt, dass der Handel mit Wildtieren, dass das Aufsuchen von Lebensräumen, in denen Wildtiere leben, zur „Normalität“der Zivilisation gehören. Mit der Übertragung des Covid-19-Virus auf den Menschen ist die Zivilisation von ihrer eigenen Normalität eingeholt worden. Nach den schwerwiegenden Eingriffen des Staates in das öffentliche und private Leben zur Eindämmung der Virusausbreitung ist die Forderung, möglichst bald zur „Normalität“zurückzukehren, demnach kein Widerspruch, sondern nur ein spezieller Ausdruck dieser Normalität.
Werner Loewenau, Isny