„Ich glaube, dass die Tage von Herrn Meuthen gezählt sind“
- Der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser (Foto: Michael Scheyer) leitet eine Arbeitsgruppe der Bundestagsfraktion zum parlamentarischen Umgang mit der AfD. Mit Strasser sprach Klaus Wieschemeyer.
Herr Strasser, die AfD-Spitze hat den Ausschluss von Andreas Kalbitz beschlossen. Ist die Partei nun weniger rechts?
Schön wäre es. Aber so lange ein Rechtsextremist wie Björn Höcke noch Führungspositionen innerhalb der AfD bekleiden kann, bleibt die AfD eine rechtsextreme Partei. Wir sehen das an ganz vielen Stellen. Zum Beispiel, dass im Deutschen Bundestag AfD-Abgeordnete Mitarbeiter beschäftigen, die bei der Identitären Bewegung aktiv sind. Die AfD bleibt der parlamentarische Arm der Rechtsextremen.
Aber ist der Ausschlussversuch nicht etwas wert?
Nicht solange sich die ganze Führungsspitze mit Weidel, Chrupalla, Gauland und Brandner hinter einen erwiesenen Neonazi stellt. Kalbitz hat nicht nur kurz reingeschnuppert, sondern war über Jahre in militanten Neonazistrukturen wie der Heimattreuen Deutschen Jugend aktiv.
Glauben Sie, dass Jörg Meuthen sich durchsetzen und den „Flügel“entmachten wird?
Ich glaube eher, dass die Tage von Herrn Meuthen gezählt sind als die von Herrn Kalbitz. Björn Höcke hat bereits Rache angekündigt, es steht ein Sonderparteitag im Raum. Das zeigt, dass der Flügel die Partei längst übernommen hat.
Herr Gauland hat zuletzt immer wieder die „Bürgerlichkeit“der AfD beschworen.
Ich glaube nicht, dass die AfD diese Strategie der Selbstverharmlosung durchhalten kann. Man hat zwar nach der angekündigten Beobachtung durch den Verfassungsschutz versucht, verbale Ausfälle zu vermeiden. Das hat aber nicht lange angehalten. Im Zuge der CoronaKrise erwarte ich eine neue Radikalisierung der Wortwahl.