„Hobbygärtner müssen ihr Verhalten ändern“
Landschaftsarchitektin Simone Kern aus Argenbühl erklärt, wie sich der Klimawandel im eigenen Garten auswirkt
- Ein extrem trockener April, lang anhaltende Großwetterlagen, später Frost, Herbststürme, schneearme Winter – der Klimawandel lässt sich nicht mehr wegleugnen und bereitet auch Hobbygärtnern zunehmend Sorgen. Welche Auswirkungen der Klimawandel im eigenen Garten hat und wie man am besten damit umgeht, erklärt die diplomierte Landschaftsarchitektin und Buchautorin Simone Kern im Rahmen unserer Serie „Garten Geschichten“im Interview mit Simone Haefele.
Wie wirkt sich der Klimawandel auf unsere Gärten aus?
Das Frühjahr schiebt sich immer weiter nach vorne. Die Obstbäume blühen früher, die Gehölze gehen viel schneller in Saft. Dann haben wir zwischendrin immer mal wieder Frost. Wir haben auch weniger Schnee, der eine isolierende Schicht darstellen würde. Deshalb sind die Kahlfröste im Frühjahr bei uns in der Region ein großes Problem. Das zweite große Thema ist, dass die Niederschläge im Frühjahr weniger werden. Heute haben wir vor allem im April extremste Trockenheit.
Was kann der Hobbygärtner unternehmen, damit die Böden bei langen Perioden ohne Regen nicht so sehr austrocknen?
Im Grunde ist das Wichtigste, dass kein Boden offen daliegt. Sonst entstehen Risse und so weiter. Der Boden sollte also ganz bedeckt sein. Entweder durch Vegetation, zum Beispiel durch eine Staudenbepflanzung, die nach ein, zwei Jahren so dicht ist, dass kein offener Boden mehr zu sehen ist. Oder man arbeitet mit Mulchung. Aber nicht mit Rindenmulch, der die Bodenstruktur verändert, sondern entweder mit Holzhäckseln oder einer mineralischen Mulchung. Mehr gießen kann nicht der richtige Ansatz sein.
Wie sollten Hobbygärtner ganz allgemein auf den Klimawandel reagieren?
Sie müssen ihr Verhalten ändern und zum Beispiel Gehölze nicht im Frühling pflanzen, weil man gar nicht so viel gießen kann, sondern im Herbst. Wenn ich Stauden oder Blumen pflanzen will, dann ist es gar nicht so verkehrt, diese ein bisschen später einzusetzen, gegebenenfalls erst im Mai oder Juni, weil diese Monate in unserer Region in den vergangenen Jahren sehr unstet waren und es dann oft regnete. Was Rosen betrifft: Früher musste man sich im Winter darüber keine Gedanken machen, weil der Schnee sie bei tiefen Temperaturen schützte. Heutzutage ist es sinnvoll, sie dick mit Reisig einzupacken um Frostschäden zu vermeiden.
Welche Pflanzen haben eine Chance, trotz Klimawandels in unseren Gärten zu überleben, welche werden verschwinden?
Am wichtigsten ist der Standort. Wenn ich standortgerecht Pflanzen verwende, heimische oder nichtheimische, haben sie definitiv eine Chance, auch künftig zu gedeihen. Wenn alles passt, können sich heimische Pflanzen vielleicht sogar besser ans Klima anpassen als hochgezüchtete. Zu einem Problem allerdings kann der Rasen werden, weniger im Allgäu und in Oberschwaben, aber in extrem trockenen Regionen. Dort müssen sich die Menschen irgendwann wohl vom Rasen verabschieden oder eine Bewässerung einbauen.
Mit welchen Veränderungen im Gemüsebeet kann man auf den Klimawandel reagieren?
Beim Gemüse ist der Klimawandel sogar eher positiv, weil die Vegetationszeit deutlich länger wird. Sie können früher anfangen, Gemüse zu pflanzen, und bis spät in den Herbst hinein anbauen und ernten.
Birgt der Klimawandel also auch Vorteile für den Hobbygärtner?
Ja, man kann mal experimentieren, zum Beispiel Artischocken anbauen. Oder Feigen pflanzen. Das Problem mit den Niederschlägen wird aber bleiben oder sogar noch größer werden. Ein Gemüsegarten braucht eben viel Wasser. Das ist die Kehrseite der Medaille.
Wie kann man klimaschonend gärtnern?
Klimaschonend gärtnern heißt in erster Linie für mich, ressourcenschonend zu gärtnern, zum Beispiel mit dem Boden sorgsam umzugehen. Wie schon erwähnt, er sollte immer bedeckt sein. Das kann auch durch Gründüngung oder Zwischensaat geschehen. Dazu kommt der intelligente Umgang mit Wasser. Abends gießen und nicht am Vormittag, nur weil ich da gerade Zeit habe. Die Altvorderen haben das sehr wohl gewusst. Wichtig ist vor allem, stärker mit der Natur zu gehen und alles von der Natur abzuleiten. Das bedeutet auch, dass ich die Tiere miteinbeziehe. Wenn ich Insekten in meinem Garten fördere, bringt das auch ein Gleichgewicht mit den Schädlingen mit. Es ist erstaunlich, wie gut das funktioniert und wie wenig ich dann eingreifen muss. Immer gut ist es, Biopflanzen zu verwenden. Sie sind robuster. Außerdem sollten Hobbygärtner keinen Torf verwenden, weil er in den Mooren abgebaut wird. Die Moore wiederum stellen einen globalen Klimapuffer dar. Deshalb ist Torf ein absolutes No-Go. Der Kompost im Garten dagegen ist ein Muss. So fördere ich die natürlichen Kreisläufe.
Grundsätzlich ist es wichtig, mit der Natur zu arbeiten und zu beobachten, welche Pflanzen sich wo wohlfühlen. Wenn wir schon draußen in der freien Landschaft stark in die natürlichen Kreisläufe eingreifen, sollte man wenigstens im eigenen Zuhause die natürlichen Kreisläufe zulassen.