Streit über Homeoffice-Plan
Heils Vorschlag löst Widerspruch der Union aus
(dpa) - Viel Gegenwind für Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und seinen Vorstoß zum Recht auf Homeoffice – sogar innerhalb der Bundesregierung gibt es Kritik. So bekräftigte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Montag seine Skepsis. Eine Sprecherin Altmaiers verwies am Montag in Berlin auf Aussagen des Ministers vom Frühjahr. Damals hatte der Minister gesagt: „Wir brauchen vor allem weniger Bürokratie, nicht immer neue staatliche Garantien.“Generell kritisierten viele Unionspolitiker das Vorhaben, ebenso Vertreter der Wirtschaftsverbände.
Arbeitsminister Heil will jedem Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf 24 Tage Homeoffice im Jahr sichern. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag, der Entwurf liege nun zur sogenannten Frühkoordinierung im Kanzleramt. Es werde allerdings noch viel zu beraten sein.
- Mobiles Arbeiten soll gefördert werden. Das haben CDU und SPD schon im Koalitionsvertrag festgelegt. Die Absicht von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, ein Recht auf mobiles Arbeiten einzuführen, „dort, wo es möglich ist“, ist jedoch umstritten. Heil möchte jedem Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf 24 Tage Homeoffice im Jahr sichern.
So verwies eine Sprecherin des CDU-geführten Bundeswirtschaftsministeriums auf frühere Äußerungen von Peter Altmaier. „Wir brauchen vor allem weniger Bürokratie, nicht immer neue staatliche Garantien“, hatte der Bundeswirtschaftsminister im Frühjahr gesagt. Ein Entwurf zur sogenannten Frühkoordinierung liege im Kanzleramt, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Doch es werde noch viel zu beraten sein.
Wirtschaftsverbände und die Union kritisieren das Vorhaben. So sagte Oliver Stettes, Arbeitsmarktexperte beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, prinzipiell sollten weiterhin zunächst Personalverantwortliche und Führungskräfte entscheiden, ob Homeoffice sinnvoll, effektiv und effizient sei. „Da, wo Homeoffice möglich ist, ist es eine Win-win-Situation für beide Seiten. Aber der Arbeitgeber wird auch in Zukunft entscheiden, wo die von ihm bezahlte Arbeitsleistung zu erbringen ist. Die SPD sollte zur Realität zurückkehren und den Bürgern keinen Unsinn erzählen“, sagte der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand der Unions-Bundestagsfraktion, Christian von Stetten. Viele Mittelständler kämpften derzeit ums Überleben, sagte Carsten Linnemann, Vorsitzender der CDU/ CSU-Mittelstandsvereinigung. Da seien neue Auflagen das Letzte, was sie gebrauchen könnten. Auch die CSU übt scharfe Kritik am geplanten Homeoffice-Gesetz. Heil sei „mit seinen neuen Regulierungsfantasien auf dem Holzweg“, sagte Generalsekretär Markus Blume am Montag in München.
Unterstützung kam unterdessen von der SPD. Ein solches Recht auf Homeoffice stärke die Interessen von Arbeitnehmern, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Sie verwies auch auf die positiven Folgen für die Umwelt.
Grüne und Linke wünschen sich eine weitergehende Lösung, während die FDP auf echte Modernisierungsvorschläge rund ums flexible Arbeiten drängt. Die AfD verwies auf die Gefahr der Spaltung von Belegschaften. Der Betriebsfrieden könne gestört werden, weil ein Teil der Beschäftigten vor Ort im Betrieb unentbehrlich sei, während andere von zu Hause aus arbeiten dürften, sagte deren Bundestagsabgeordneter René Springer.
Schon vor einigen Wochen hatte die Vereinigung der deutschen Führungskräfteverbände (United Leaders Association, ULA) jedoch angeregt, die Vorteile der Arbeit von zu Hause aus in die Nach-Corona-Zeit mitzunehmen. Allerdings hält auch sie einen „allgemeinen Rechtsanspruch auf Homeoffice“für nicht zielführend. Stattdessen sollten weder Arbeitnehmer mobiles Arbeiten gegen das begründete Interesse des Unternehmens erzwingen, noch Arbeitgeber Beschäftigte ins Homeoffice schicken können, um etwa Büromiete zu sparen.
Ein kurzfristiges Recht auf Homeoffice hätte sehr viele negative Nebenwirkungen, heißt es in einer kürzlich vorgelegten Studie der
Deutsche Bank Research. Denn in vielen Fällen stiegen die Kosten für die Arbeitgeber, und das könnte einen Anreiz zum Stellenabbau schaffen. „Derzeit sollte das wichtigste und übergeordnete Ziel unseres Erachtens darin bestehen, die Erholung zu stärken und wieder zur Vollbeschäftigung zurückzukehren“, meinen die Autoren der Studie. „Daher sollte ein Recht auf einen Homeoffice-Arbeitsplatz in den kommenden Jahren allenfalls schrittweise eingeführt werden.“Im anderen Fall drohten auch Probleme am Wohnimmobilienmarkt. Denn die Verlagerung ins Homeoffice könnte dann die Nachfrage nach Wohnimmobilien steigern und diesen entsprechend verteuern.