Entsetzen über Angriff vor Synagoge
Polizei ermittelt in Hamburg wegen versuchten Mordes
(dpa) - Fast genau ein Jahr nach dem rechtsextremen Anschlag auf die Synagoge in Halle erschüttert eine vermutlich ebenfalls judenfeindliche Gewalttat Hamburg. Es sei davon auszugehen, dass der Angriff eines 29-Jährigen, der am Sonntag in Bundeswehruniform vor einer Synagoge einen 26 Jahre alten jüdischen Studenten mit einem Klappspaten auf den Kopf geschlagen und schwer verletzt haben soll, antisemitisch motiviert war, teilten Polizei und Generalstaatsanwaltschaft am Montag mit.
Da der Mann offenkundig psychisch krank ist, ordnete eine Untersuchungsrichterin wegen des Verdachts des versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Deutsche mit kasachischen Wurzeln die Tat aufgrund einer psychischen Erkrankung im Zustand erheblicher Einschränkung oder ganz ohne Schuldfähigkeit begangen habe, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Hamburg, Philipp Stricharz, sprach von einem „Terroranschlag“. Terror, weil solche Taten die Angst schürten, „ob man wirklich ohne Verletzungen und Behelligungen unsere jüdischen Einrichtungen erreicht, um Feste zu feiern“, sagte er. „Es mag sich um einen psychisch verwirrten Einzeltäter gehandelt haben. Aber dieser verwirrte Einzeltäter wird seinen Hass irgendwo herhaben, möglicherweise aus dem Internet.“Hamburgs Zweite Bürgermeisterin
und Integrationssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) forderte eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Hass, der „millionenfach verbreitet wird im Netz.“So etwas dürfe nicht abgetan werden „als eine Tat von Einzelnen, die dann auch gerne als geistig Verwirrte beschrieben werden, sondern das ist ein wirklich gravierendes gesellschaftliches Thema und da sind wir alle gefragt.“
Der mutmaßliche Täter hatte am Sonntag in Bundeswehruniform vor der Synagoge, in der sich die Gemeinde zu Feier des Laubhüttenfestes versammeln wollte, auf den Studenten gewartet. Bei dem Angriff mit dem Klappspaten verletzte er den 26-Jährigen schwer, aber nach Angaben der Polizei nicht lebensgefährlich. Nach seiner Festnahme hatten Ermittler einen Zettel mit einem handschriftlich aufgemalten Hakenkreuz und ein Taschenmesser in der Tasche seiner tarnfarbenen Uniformhose gefunden. Der Student sei mit Kippa „deutlich als Jude zu erkennen“gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Nach dem Angriff habe der 26-Jährige ausgesagt, dass er den Angreifer noch nie gesehen habe. Zudem sei der Schlag völlig unvermittelt gekommen. Schon bei seiner Festnahme hatte 29Jährige laut Polizei einen „extrem verwirrten Eindruck“hinterlassen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur fanden Ermittler nach der Tat weitere Hinweise auf eine Erkrankung. Wie aus Sicherheitskreisen verlautete, lebte der Mann im vergangenen Jahr noch in Berlin in einem Übergangswohnheim für Spätaussiedler, Flüchtlinge und jüdische Zuwanderer. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Mannes in Hamburg-Langenhorn stellte die Polizei Datenträger sicher, die nun ausgewertet werden.