Dürftige Bilanz
Fast neun Monate nach dem Libyen-Gipfel ist der Weg zu einer Konfliktlösung noch weit
(dpa) - Es war eins der größten Gipfeltreffen, das es in Berlin in den vergangenen Jahren gegeben hat. Und die Ergebnisse wurden als diplomatischer Erfolg gefeiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Heiko Maas (SPD) war es am 19. Januar gelungen, fast alle Staaten an einen Tisch zu bringen, die den LibyenKrieg mit Waffen und Kämpfern befeuern. Und sie brachten sie dazu, zu versprechen, genau das nicht mehr zu tun. Am Montag zogen die Außenminister der Teilnehmerstaaten des Gipfels bei einer Videokonferenz unter Leitung von Maas und UN-Generalsekretär António Guterres Bilanz.
Insgesamt waren diesmal 23 Länder und internationale Organisationen dabei, darunter die wichtigsten Unterstützer der Konfliktparteien in Libyen. Die international anerkannte Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch in der Hauptstadt Tripolis erhält vor allem von der Türkei Hilfe. Seine von General Chalifa Haftar angeführten Kontrahenten im Osten des Landes werden in erster Linie von Russland, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) unterstützt.
Beim Gipfel in Berlin hatten sich die Teilnehmer dazu verpflichtet, das seit neun Jahren bestehende Waffenembargo für Libyen einzuhalten und auf die Einmischung in den Konflikt zu verzichten. Gelungen ist das nicht. UN-Chef Guterres empörte sich am Montag abermals über die immer noch laufenden Verstöße gegen das Embargo und sprach erneut von einem „Skandal“. Die Zusagen des Berliner Gipfels im Januar müssten „voll und bedingungslos“umgesetzt werden. Vor allem Russland, den VAE und der Türkei wird vorgeworfen, weiter Waffen zu liefern oder auch Söldner ins Land zu schicken.
Nach einer gescheiterten Offensive Haftars auf Tripolis, die Anhänger der Sarradsch-Regierung mihilfe der Türkei bis zur Hafenstadt Sirte zurückdrängten, haben sich die Gefechte beruhigt. Seit Mitte Juni gab es keine größeren Angriffe mehr. Diplomaten wollen diese Gelegenheit deshalb nutzen, um den politischen Prozess zu einer Lösung voranzutreiben. Im August erklärten sowohl Al-Sarradsch als auch die Regierung in OstLibyen eine Waffenruhe. Bei Gesprächen in Marokko, Ägypten und der Schweiz näherten sich Vertreter verschiedener libyscher Seiten einander an. Sie sind sich grundsätzlich einig, dass eine Einheitsregierung gebildet werden soll und am Ende einer 18 Monate langen Phase Präsidenschaftsund Parlamentswahlen abgehalten werden sollten. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Viele wichtige Fragen sind noch ungeklärt, etwa zu militärischen Zonen auf beiden Seiten, der Blockade von Öl-Anlagen oder einer angedachten Reform des Finanzsektors.