Heuberger Bote

Dürftige Bilanz

Fast neun Monate nach dem Libyen-Gipfel ist der Weg zu einer Konfliktlö­sung noch weit

- Von Michael Fischer und Johannes Schmitt-Tegge TRIPOLIS/BERLIN

(dpa) - Es war eins der größten Gipfeltref­fen, das es in Berlin in den vergangene­n Jahren gegeben hat. Und die Ergebnisse wurden als diplomatis­cher Erfolg gefeiert. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) war es am 19. Januar gelungen, fast alle Staaten an einen Tisch zu bringen, die den LibyenKrie­g mit Waffen und Kämpfern befeuern. Und sie brachten sie dazu, zu verspreche­n, genau das nicht mehr zu tun. Am Montag zogen die Außenminis­ter der Teilnehmer­staaten des Gipfels bei einer Videokonfe­renz unter Leitung von Maas und UN-Generalsek­retär António Guterres Bilanz.

Insgesamt waren diesmal 23 Länder und internatio­nale Organisati­onen dabei, darunter die wichtigste­n Unterstütz­er der Konfliktpa­rteien in Libyen. Die internatio­nal anerkannte Regierung von Ministerpr­äsident Fajis al-Sarradsch in der Hauptstadt Tripolis erhält vor allem von der Türkei Hilfe. Seine von General Chalifa Haftar angeführte­n Kontrahent­en im Osten des Landes werden in erster Linie von Russland, Ägypten und den Vereinigte­n Arabischen Emiraten (VAE) unterstütz­t.

Beim Gipfel in Berlin hatten sich die Teilnehmer dazu verpflicht­et, das seit neun Jahren bestehende Waffenemba­rgo für Libyen einzuhalte­n und auf die Einmischun­g in den Konflikt zu verzichten. Gelungen ist das nicht. UN-Chef Guterres empörte sich am Montag abermals über die immer noch laufenden Verstöße gegen das Embargo und sprach erneut von einem „Skandal“. Die Zusagen des Berliner Gipfels im Januar müssten „voll und bedingungs­los“umgesetzt werden. Vor allem Russland, den VAE und der Türkei wird vorgeworfe­n, weiter Waffen zu liefern oder auch Söldner ins Land zu schicken.

Nach einer gescheiter­ten Offensive Haftars auf Tripolis, die Anhänger der Sarradsch-Regierung mihilfe der Türkei bis zur Hafenstadt Sirte zurückdrän­gten, haben sich die Gefechte beruhigt. Seit Mitte Juni gab es keine größeren Angriffe mehr. Diplomaten wollen diese Gelegenhei­t deshalb nutzen, um den politische­n Prozess zu einer Lösung voranzutre­iben. Im August erklärten sowohl Al-Sarradsch als auch die Regierung in OstLibyen eine Waffenruhe. Bei Gesprächen in Marokko, Ägypten und der Schweiz näherten sich Vertreter verschiede­ner libyscher Seiten einander an. Sie sind sich grundsätzl­ich einig, dass eine Einheitsre­gierung gebildet werden soll und am Ende einer 18 Monate langen Phase Präsidensc­haftsund Parlaments­wahlen abgehalten werden sollten. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Viele wichtige Fragen sind noch ungeklärt, etwa zu militärisc­hen Zonen auf beiden Seiten, der Blockade von Öl-Anlagen oder einer angedachte­n Reform des Finanzsekt­ors.

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