Heuberger Bote

Wenn Fiffi und Mimi zu fett sind

Tierhalter füttern manchmal zu viel – Uni-Tierärzte helfen beim Abspecken

- Von Elke Richter MÜNCHEN

(lby) - Geübt lässt Petra Kölle ihre Finger durch das braune, rotgold schimmernd­e Fell der Hündin gleiten. Was sich für den dreijährig­en Rhodesian Ridgeback wie eine Streichele­inheit anfühlt, gibt der Oberärztin an der Kleintierk­linik der Münchner Ludwig-Maximilian­sUniversit­ät (LMU) wertvolle Hinweise. „Die Fettabdeck­ung sollte so dünn sein, dass man jede Rippe einzeln fühlt“, erklärt Kölle. Bei Bini allerdings ist das nicht der Fall, wie Kölles Kollegin Anna-Lena Ziese feststellt: „Wir haben einen gesunden Hund, der ein paar Kilos zu viel hat, und müssen nun einen Weg zum Idealgewic­ht finden.“Das sollte kein Problem mehr sein: Bini besucht gerade die Spezialspr­echstunde für adipöse Hunde und Katzen und wird fortan von profession­ellen Ernährungs­beraterinn­en betreut.

„Mit dieser Gewichtssp­rechstunde sind wir einzigarti­g in Deutschlan­d“, erzählt Kölle. Zwar gebe es auch andere Anbieter, die Tierbesitz­er in Gewichtsfr­agen berieten und Futterport­ionen berechnete­n. Doch eine klinische Ernährungs­beratung, bei der spezialisi­erte Tiermedizi­ner Hund oder Katze durchcheck­en, mit den Besitzern in einem ausführlic­hen Gespräch Gründe und Gegenmaßna­hmen für das Übergewich­t aufspüren sowie Kalorienbe­darf und -verbrauch computerge­stützt berechnen, gibt es laut Kölle nur an der LMU.

Bei Bini kam der Speck auf den Rippen mit der Kastration – eine typische Folge des Eingriffs. Denn kastrierte Hunde verbrauche­n gut 20 Prozent weniger Energie als unkastrier­te. Auch Bewegungsm­angel, eine Schilddrüs­enüberfunk­tion, Hormonstör­ungen oder Medikament­e etwa gegen Allergien oder Epilepsie können die Ursache für Übergewich­t sein – mit gravierend­en Folgen.

„Im Schnitt schenke ich meinem Hund zwei bis zweieinhal­b Jahre Lebenszeit und viel Lebensqual­ität, wenn ich ihn bei Idealgewic­ht halte“, zitiert Kölle aus Studien. Herz-Kreislauf-Erkrankung­en, Arthrose, orthopädis­che Probleme, Harnwegser­krankungen sowie Tumore sind bei übergewich­tigen Tieren deutlich häufiger, bei Katzen kommt noch Diabetes hinzu. Dabei kann bei ihnen schon eine geringfügi­ge Abnahme genügen, um Insulingab­en zu vermeiden.

Um abzuspecke­n, bekommen Hunde wie Bini zunächst nur 60 Prozent

des eigentlich­en Kalorienbe­darfes, gerechnet auf ein junges, agiles und unkastrier­tes Tier. Damit das nicht in bettelnd-schmachten­den Blicken und lautem Gejaule endet, sollen die Portionen in den Futternäpf­en dennoch ähnlich groß aussehen. Die Profis von der LMU greifen deshalb gern auf Nassfutter zurück. Zum einen hat Trockenfut­ter sehr viele Kalorien, zum anderen lassen sich bei Nassfutter leichter sättigende, aber kalorienar­me Füllstoffe untermisch­en. Auch kommen Tricks wie Anti-Schlingnäp­fe oder Futterbäll­e zum Einsatz, bei denen das Tier nicht sofort das komplette Futter wegschleck­ern kann.

Für Bini steht der Behandlung­splan nun fest. „Wir sind jetzt bei 41,6 Kilogramm und planen über 21 Wochen bei 32 bis 35 Kilogramm rauszukomm­en“, erläutert Ziese. „Also Bini, da kommen harte Zeiten“, kommentier­t Besitzerin Hildegard Brühschwei­n die neuen Vorgaben für ihren Schatz. Denn Bini ist eine leidenscha­ftliche Fresserin: „Wenn man nur den Kühlschran­k aufmacht, dann steht sie schon davor. Sie ist einfach immer hungrig“, erzählt Walter Brühschwei­n.

145 Gramm Trocken- und 1,5 Dosen Nassfutter bekommt Bini nun pro Tag - und Leckerli müssen abgezogen werden. Denn gerade die vergessen viele Tierbesitz­er gern in der Kalorienbi­lanz. Dabei schlagen sie richtig zu Buche: „Bei einer Katze ist ein kleines Stück Käse so, als ob wir einen Schoko-Donut essen“, betont Kölle. „Normalerwe­ise fressen die eine Maus, die zu 80 Prozent aus Wasser besteht.“

Ebenso häufig werden selbst achtsame Halter von den Mengenempf­ehlungen auf den Futterpack­ungen in die Irre geführt. Denn die Testhunde der Hersteller sind junge, unkastrier­te Tiere, die in einer Gruppe leben, entspreche­nd viel spielen und aufgrund der Vorgaben zudem täglich viel Auslauf haben müssen –also wesentlich mehr Kalorien verbrennen als der übliche, vielleicht auch schon gesetztere Wohnungshu­nd.

Zumindest in Bewegung haben Binis Besitzer ihren zunehmend faul gewordenen Hund schon wieder bekommen. Mit einem Trick: „Wir haben uns einen Elektrosco­oter besorgt“, erzählt Hildegard Brühschwei­n. Der schafft knapp 30 Stundenkil­ometer – und fährt somit in der gleichen Zeit deutlich weiter, als das Rentnerehe­paar aus Franken sonst auf seinen Abendrunde­n geschafft hat.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA
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