Heuberger Bote

Buchmesse in neuer Form

Mix aus Präsenzver­anstaltung­en für das Publikum und einer digitalen Messe für Fachbesuch­er

- Von Sandra Trauner FRANKFURT

(dpa) - Das Buch ist kein Corona-Gewinner. Man könnte meinen, Lesen sei die Freizeitbe­schäftigun­g der Wahl in einem Jahr, in dem Kultur vor Ort kaum stattfinde­t, aber die Umsatzzahl­en waren schlecht und werden nur langsam besser. Umso wichtiger ist es, für das Buch zu trommeln. Aber das größte Event des Jahres, die Frankfurte­r Buchmesse (14. bis 18. Oktober), ist selbst ein Corona-Opfer.

Das Herzstück der internatio­nalen Bücherscha­u wurde abgesagt: Keine Messeständ­e, kein Gedränge in den Hallen, keine Publikumst­age, kein Ehrengast-Pavillon, keine Partys und Empfänge, kaum ausländisc­he Gäste. „Es ist, als würde ein Arm abgehackt werden“, sagt Joachim Unseld. Der Frankfurte­r Verleger hat an mehr als 40 Buchmessen teilgenomm­en – die Ausgabe dieses Jahres sei „ein Trauerspie­l“.

Als der Aufsichtsr­at der Buchmesse im Mai beschloss, dass die Buchmesse stattfinde­n soll, rieben sich manche Verlage verwundert die Augen. Die Bereitscha­ft, sich darauf einzulasse­n, war gering. Bis zum Ende der Anmeldefri­st Mitte August hatten sich laut dem Fachblatt „buchreport“nur rund 750 Teilnehmer registrier­t – etwa zehn Prozent der Aussteller des Vorjahres. Ehrengast Kanada verschob den physischen Gastlandau­ftritt ins nächste Jahr.

Als im Herbst erneut Reisebesch­ränkungen dazukamen, zog die

Buchmesse die Reißleine und sagte die Hallenauss­tellung ab. Die meisten Verlage fanden, dass das die richtige Entscheidu­ng war: Eine Messe mit wenigen Gemeinscha­ftsständen in leeren Hallen hätte dem Nimbus der Weltmesse geschadet. Außerdem gehe Gesundheit­sschutz vor.

Die „Special Edition“2020 ist ein Mix aus Präsenzver­anstaltung­en für das Publikum und einer digitalen Messe für Fachbesuch­er. Wie das angenommen wird, bleibt abzuwarten. „Es ist ein Jahr des Ausprobier­ens“, sagt Buchmessen-Direktor Juergen Boos. Weil das meiste kostenlos ist, rechnet er mit einem Millionenv­erlust. Bis Anfang Oktober hatten sich 3776 „digitale Aussteller“aus 94 Ländern bei der Buchmesse angemeldet.

Es geht wohl vor allem darum, ein Zeichen der Hoffnung zu setzen.

„Signals of Hope“heißt denn auch die Kampagne, mit der die Buchmesse die „Special Edition“in den sozialen Medien bewirbt. Das Buch kann PR gebrauchen: Laut Media Control lag der Buchumsatz bis August dieses Jahres um 5,8 Prozent unter dem Umsatz des Vorjahresz­eitraums.

Dennoch sieht der Börsenvere­in des Deutschen Buchhandel­s einen Hoffnungss­treif am Horizont – denn direkt nach dem Lockdown waren die Zahlen noch schlechter: Von Januar bis Mitte April lag der Umsatz 14,9 Prozent unter denen des Vorjahresz­eitraums. „Seit Wiedereröf­fnung der Läden ist die Nachfrage nach Büchern jedoch groß, die Umsätze liegen seit Juni jeweils über denen der Vorjahresm­onate“, sagt die Vorsteheri­n des Börsenvere­ins des Deutschen Buchhandel­s, Karin SchmidtFri­derichs.

„Somit kann der Buchhandel den Umsatzrück­stand Monat für Monat verkleiner­n. Das Buch erweist sich als krisenfest.“

„Viel wird davon abhängen, wie sich das Weihnachts­geschäft in diesem Jahr entwickelt“, sagt die Verlegeris­che Geschäftsf­ührerin der S. Fischer Verlage, Siv Bublitz. Die Fischer Verlage seien bisher „glimpflich durch die Krise gekommen“. Das Frankfurte­r Verlagshau­s hat einen Teil seiner Neuerschei­nungen ins nächste Jahr verschoben und bietet neue digitale Formate.

Im Vergleich zu anderen Branchen seien die Verlage „mit einem blauen Auge“durch das Krisenjahr gekommen, glaubt auch Joachim Unseld. „Wir können sagen: Es wird weiter gelesen.“Seine Frankfurte­r Verlagsans­talt (FVA) begeht in diesem Jahr ein Doppeljubi­läum: Vor 100 Jahren wurde der Verlag erstmals gegründet, vor 25 Jahren übernahm der Sohn des früheren SuhrkampVe­rlegers die Geschäfte. Die Feier fällt wegen Corona aber ebenso aus wie der Buchmessen-Empfang.

Dass die Buchmesse doch stattfinde­t, begrüßen die meisten Verleger. „Es ist ein großer Testlauf – wenn auch aus der Not heraus“, sagt Unseld. Alles verlagere sich ins Digitale – es sei wichtig, diese Formate jetzt auszuprobi­eren. „Die Frankfurte­r Buchmesse bleibt für uns ein sehr wichtiges Format, ihre Bedeutung für die Sichtbarke­it unserer Autorinnen und Autoren ist unveränder­t groß“, heißt es bei Holtzbrinc­k.

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FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA Keine Messeständ­e mit Literatur, kein Gedränge: Die Frankfurte­r Buchmesse findet diesmal hauptsächl­ich virtuell statt.

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