Heuberger Bote

Paris sperrt zu

Behörden verschärfe­n Corona-Maßnahmen drastisch – Cafés für zwei Wochen dicht

- PARIS Von Christine Longin

Frankreich­s Innenminis­ter Gérald Darmanin gefällt die Entwicklun­g nicht. „Wir sind Franzosen – wir lieben es zu trinken, essen, leben, lachen und einander zu küssen“, sagte er. Dennoch verteidigt­e er die Entscheidu­ng, in Paris alle Bars und Cafés (Foto: Jacopo Landi/imago images) zu schließen. Die Zahl der CoronaInfe­ktionen sei massiv gestiegen. Die Schließung solle verhindern, dass junge Leute bis in die Nacht feiern und die Schutzmaßn­ahmen missachten. Die Restaurant­s bleiben weiter geöffnet.

- Die Miene des Pariser Polizeiprä­fekten Didier Lallement war noch ernster als sonst. Der hagere Beamte, der sich sonst eher nach Gewalttate­n äußert, stellte am Montagmorg­en neue Maßnahmen gegen die Ausbreitun­g des Coronaviru­s vor. „Man muss bremsen, bevor das System überforder­t ist“, leitete Lallement bei einer Pressekonf­erenz seine Ankündigun­gen ein. Ab Dienstag müssen deshalb im Großraum Paris, wo seit Montag die höchste CoronaWarn­stufe scharlachr­ot gilt, Cafés, Bars, Schwimmbäd­er, Sporthalle­n und Fitnessstu­dios für zwei Wochen schließen. In den Universitä­ten dürfen nur noch die Hälfte der Studenten Vorlesunge­n hören und in den Altersheim­en sind höchstens zwei Besucher pro Bewohner möglich. Die Restaurant­s dürfen unter strengen Regeln weiter öffnen, die unter anderem eine Erfassung der Besucher wie in Deutschlan­d vorsehen. Auch Kinos, Museen und Theater bleiben geöffnet.

Es ist also keine Vollbremsu­ng, die die Behörden vollziehen. Stattdesse­n soll mit einer Art Stotterbre­mse verhindert werden, dass die CoronaZahl­en in Paris und den angrenzend­en Kommunen weiter nach oben schnellen. In der Hauptstadt würden 3500 neue Fälle täglich registrier­t, warnte der Leiter der regionalen Gesundheit­sbehörde, Aurélien Rousseau. „Das sind dreimal so viel wie vor einem Monat.“Paris hatte zuletzt alle festgelegt­en Grenzwerte überschrit­ten: Die Zahl der Neuinfekti­onen

lag bei mehr als 260 pro 100 000 Einwohner und damit deutlich über der Grenze von 50. Unter den partyfreud­igen 20- bis 30-Jährigen waren es sogar mehr als 500 pro 100 000 Einwohner. Das führte dazu, dass die Beatmungsb­etten bereits wieder zu 36 Prozent ausgelaste­t sind.

Wichtig sei, genug Krankenhau­spersonal für die Patienten zu haben. An Beatmungsg­eräten, Medikament­en und Schutzklei­dung fehle es nicht. Martin Hirsch, der Leiter der Pariser Krankenhäu­ser, appelliert­e bereits an das Personal, auf Urlaub in den Herbstferi­en zu verzichten. Der Leiter der Abteilung für Infektions­krankheite­n am Pariser Krankenhau­s Tenon, Gilles Pialoux, warf der Regierung vor, zu spät auf den Anstieg der Infektions­zahlen zu reagieren. „Wir rennen dem Virus hinterher“, sagte Pialoux im Fernsehsen­der BFMTV. Auch die Franzosen sehen das Krisenmana­gement kritisch: 64

Prozent trauen Präsident Emmanuel Macron nicht zu, die Epidemie zu bekämpfen.

Die Pariser Bürgermeis­terin Anne Hidalgo, die am Wochenende noch über die „Stop-and-go“-Strategie der Regierung geschimpft hatte, gab sich bei der Pressekonf­erenz zahm. Die Stadtverwa­ltung werde an der Seite des Staates ihren Beitrag leisten, versprach die Sozialisti­n. „Wir hoffen, dass wir in zwei Wochen eine andere Situation haben.“Regierungs­chef Jean Castex hatte die Maßnahmen mit Hidalgo abgesproch­en, nachdem eine Woche zuvor im Hotspot Marseille die Schließung der Bars und Restaurant­s ohne Rücksprach­e mit der Stadtverwa­ltung erfolgt war. Neben Paris und Marseille ist die Lage auch in anderen Großstädte­n wie Lyon und Lille kritisch. „Wir erleben eine echte zweite Welle“, zitiert die Zeitung „Le Monde“einen Vertrauten von Macron.

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 ?? FOTO: QUENTIN DE GROEVE/ IMAGO IMAGES ?? Cafés und Bars in Paris müssen für zwei Wochen schließen. Die Zahlen der Corona-Infektione­n sind zuletzt stark gestiegen.
FOTO: QUENTIN DE GROEVE/ IMAGO IMAGES Cafés und Bars in Paris müssen für zwei Wochen schließen. Die Zahlen der Corona-Infektione­n sind zuletzt stark gestiegen.

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