Corona: Eine Hochzeit mit Folgen
Landratsamt kündigt Einschränkungen an – Weitere Schulen und Kita sind betroffen
- Das Corona-Infektionsgeschehen im Landkreis Tuttlingen schien zuletzt kaum der Rede wert zu sein. Nun hat aber eine Hochzeitsfeier für einen erneuten Ausbruch gesorgt. Am Donnerstag kamen 15 Fälle hinzu – mindestens acht davon waren ebenfalls Gäste der Feier. Darunter sind neben einem Geschwisterpaar aus dem OttoHahn-Gymnasium auch weitere Kinder und Jugendliche: eine Schülerin aus der Ferdinand-von-SteinbeisSchule, ein Schüler aus dem Immanuel-Kant-Gymnasium und ein Krippen-Kind aus der Kita „Dörfle am Bach“in Wurmlingen.
Das Gute vorweg: Allen neu Infizierten – den 17 Personen vom Mittwoch und den 15 vom Donnerstag – geht es nach Aussagen des Landratsamts so, dass ihr Gesundheitszustand nicht besorgniserregend ist. Im Klinikum Tuttlingen musste, Stand Donnerstag, keiner der Corona-Patienten behandelt werden. „Die Infektion verläuft milde“, sagt Landrat Stefan Bär.
Doch: Um den Gesundheitszustand der Infizierten gehe es nur zweitrangig. „Das Wichtigste ist, dass sie keine weiteren Personen anstecken“, betonte Bär. Dies zu verhindern, sei jedoch äußerst schwierig. Was dem Gesundheitsamt schwer zu schaffen macht, ist die hohe Anzahl der Kontaktpersonen: Waren es bis zum Sommer meist zehn bis 20 Menschen, mit denen eine infizierte Person Kontakt hatte, seien es jetzt pro Fall oft 50 bis 60, so der Landrat. Längst nicht alle von ihnen konnten bis am Donnerstagabend kontaktiert werden.
Die Hochzeit hatte am vorletzten Wochenende in einer Gaststätte stattgefunden. Laut Landratsamt gab es dabei ein Buffet mit Selbstbedienung. Alle der 85 Gäste plus zwei Mitarbeiter vom Servicepersonal sind nun als Kontaktpersonen ersten Grades eingestuft worden – was bedeutet, dass sie allesamt getestet werden und darüber hinaus 14 Tage in Quarantäne bleiben müssen. Das Problem: Bis die Infektionen nun bekannt wurden, sind bereits etliche Tage vergangen, in denen die Personen ganz normal am Alltag teilnahmen.
Dazu kommt, dass sich die Fälle nicht nur auf eine Gemeinde begrenzen. Zwar stammen die meisten der infizierten Hochzeitsgäste aus Tuttlingen,
doch unter anderem auch aus Wurmlingen und Emmingen-Liptingen. „Insgesamt zieht der CoronaAusbruch in sieben Gemeinden Kreise“, sagte Bär. Sorge bereite, dass unter den Kontaktpersonen viele junge Menschen seien. Diese seien häufig besonders mobil und hätten viele Kontakte.
„Eine private Feier bewirkt nun, dass sich mit einem Schlag 300 Personen, eher noch mehr, in Quarantäne befinden“, sagte Bär. Vier Schulklassen, eine Kita-Gruppe – und ganz zu schweigen von den vielen arbeitenden Erwachsenen, die nun in den Firmen, Betrieben und Einrichtungen fehlen würden.
Durch den Corona-Ausbruch stieg die 7-Tages-Quote für den Kreis Tuttlingen auf 21,2. Sie sagt aus, wie viele Menschen Region in sieben Tagen neu erkrankt sind – und zwar bezogen auf jeweils 100 000 Einwohner. Da mit einem weiteren Anstieg zu rechnen sei, kündigt Landrat Stefan Bär an, in der kommenden Woche mit allen Gemeinden Kontakt aufnehmen zu wollen. Steigt die 7-TagesQuote auf mehr als 25 an, werde er den jeweiligen Ortspolizeibehörden zu einer Besucherbegrenzung bei Veranstaltungen raten. „Wir müssen für den gesamten Kreis eine einheitliche Regelung finden“, kündigte er an.
Der Corona-Ausbruch hat den Schulen indes lange Arbeitstage beschert. Nachdem am Mittwoch zunächst bekannt wurde, dass sich zwei Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums – Geschwister – bei der Hochzeitsfeier angesteckt haben, musste Schulleiter Georg Schwarz am Otto-Hahn-Gymnasium zwei Klassen in Quarantäne schicken. Die Schüler waren zwar seit Montag nicht mehr in der Schule, auch 13 der 80 Lehrkräfte der Schule hatten zuvor aber mit ihnen Kontakt und sind dadurch betroffen. Sie arbeiten nun von zuhause aus und hinterlassen deutliche Lücken im Unterricht der anderen Klassen. „Wir sind dran, das zu organisieren, es ist aber schwer zu stemmen“, sagt Schwarz. Die betroffenen Schüler müssten nun wieder auf Homeschooling umsteigen.
Generell glaubt Schwarz: „Wir müssen uns dran gewöhnen, dass solche Situationen ein Stück weit normal werden über die nächsten
Monate.“Es sei nur eine Frage der Zeit, bis es wieder Ausbrüche gebe.
Schwarz hofft, dass die kommenden Tests der Schüler und Lehrer negativ ausfallen. Das Hygienekonzept der Schule sei vom Gesundheitsamt gelobt worden, die Vorschriften würden von Schülern und Lehrern auch eingehalten.
Betroffen ist auch eine Klasse der Ferdinand-von-Steinbeis-Schule. Eine Schülerin, die ebenfalls auf der Hochzeitsfeier war, ist mittlerweile positiv getestet worden. Schulleiterin Susanne Galla musste 19 Schüler und acht Lehrer in Quarantäne schicken. Die Schule sei auf einen derartigen Fall vorbereitet gewesen. „Ich habe damit gerechnet, dass irgendwann was kommt“, sagt sie. Eine weitere Klasse bleibt als reine Vorsichtsmaßnahme vorerst zuhause - „wir haben einige Schüler, die Symptome zeigen, aber noch kein Testergebnis haben“, so Galla.
Ebenfalls positiv getestet wurde ein Fünftklässler am Immanuel-KantGymnasium, der offenbar ebenfalls Hochzeitsgast war. Auch hier müssen nun die Klassenkameraden und zehn Lehrer zu Hause bleiben.