Heuberger Bote

Notstandsa­rbeiten gegen Arbeitslos­igkeit

Blick in die Vergangenh­eit: Notprogram­me verschafft­en Immendinge­rn ein Einkommen

- Von Franz Dreyer

- Gegen drohende Arbeitslos­igkeit wird heute häufig das Instrument der Kurzarbeit eingesetzt. Aktuell gerade während der Corona-Pandemie, erweist sich die Kurzarbeit als Rettungssc­hirm gegen einen weit um sich greifenden Jobverlust. Zudem hat diese Form staatliche­r Leistungen den positiven Aspekt, dass Unternehme­n wieder auf ihre Mitarbeite­r zurückgrei­fen können, wenn sich die Situation bessert.

Als zu Beginn der dreißiger Jahre des vergangene­n Jahrhunder­ts die Weltwirtsc­haftskrise ihre Opfer forderte, legte der Staat bereits Beschäftig­ungsprogra­mme, sogenannte Notstandsa­rbeiten, auf. Mit diesen Massenbesc­häftigungs­programmen wurde versucht, das Problem der Arbeitslos­igkeit zurückzudr­ängen. Solche im Rahmen der sogenannte­n „wertschaff­enden Arbeitslos­enfürsorge“durchgefüh­rten Aktionen wurden in jener Zeit auch in Immendinge­n durchgefüh­rt. Das Interesse galt vor allem dem Ausbau von Waldwegen. Ausgebaut wurden forstwirts­chaftliche Wirtschaft­swege in einer Länge von einem Kilometer, darunter auch am Hewenegg. Diese Maßnahmen dienten vor allem dem Zweck, die Holzabfuhr mittels Lastkraftw­agen durch die befestigte­n Wege zu erleichter­n.

Nach der Machtergre­ifung priesen die Nationalso­zialisten solche Notstandsa­rbeiten als „eigene Erfindung“an. Diese dienten somit auch propagandi­stischen Zwecken.

Damit wurde ebenfalls mit verschiede­nsten Instrument­en versucht, die Menschen „von der Straße“zu bringen. Es handelte sich dabei jedoch ebenfalls um keine regulären Arbeitsver­hältnisse. In den Jahren 1933 und 1934 wurden in Immendinge­n verstärkt solche Notstandsm­aßnahmen umgesetzt. Trägerin der Projekte war die Gemeinde, die für die Vorhaben die staatliche­n Mittel erhielt. Zunächst galt das Interesse dem Ausbau der Ledergasse, heute Basaltstra­ße. Neben der Verbesseru­ng der Fahrbahn wurde erstmals ein Kanal verlegt.

Kanalisier­t wurde damals auch die Blumenstra­ße. Zu den Notstandsa­rbeiten zählten auch der Ausbau der Josefstraß­e. Teile der

Bachzimmer­er Straße und der Donaustraß­e erhielten einen Teerbelag. In der Ortsdurchf­ahrt, der heutigen Schwarzwal­dstraße, entstand vom Weisenbach bis zum damaligen Rathaus (heute Optikgesch­äft Hauger) erstmals ein Gehweg. Es folgten weitere Maßnahmen, vorwiegend zur Verbesseru­ng der Infrastruk­tur. So lief beispielsw­eise auch der Anschluss der auf dem Gundelhof eingericht­eten SA- Sportschul­e an die Wasservers­orgung unter den Notstandsa­rbeiten.

Für die Vorhaben waren 4000 Tagewerke veranschla­gt. Zu den Kosten steuerte die Reichsanst­alt für Arbeit einen Zuschuss von 2,50 bis drei Mark je Arbeitslos­entagewerk bei. Sehr bescheiden waren die Stundenlöh­ne der Beschäftig­ten. Diese beliefen sich für einen gelernten Handwerker auf 64 Pfennig. Ein

Hilfsarbei­ter unter 21 Jahren brachte nur 41 Pfennig in die Lohntüte. Die Maßnahmen wurden vorwiegend in Handarbeit durchgefüh­rt. Entspreche­nd groß war die Zahl der benötigten Arbeiter. Darin lag auch der gewünschte Effekt der Aktion, nämlich möglichst viele Kräfte beschäftig­en zu können und damit zu einer Entlastung des Arbeitsmar­ktes zu kommen.

So verwundert nicht, dass die im Gemeindear­chiv verwahrten Arbeitslis­ten je nach Projekt bis zu 60 Namen von Arbeitern aufweisen. Die Arbeitskrä­fte kamen teilweise auch von auswärts.

Bei der Auswahl der eingesetzt­en Arbeiter waren die Projektträ­ger keineswegs frei. So durften nur Arbeiter eingestell­t werden, welche zuvor mindestens 14 Tage Unterstütz­ung als Arbeitslos­e erhielten.

Auch die Dauer der Beschäftig­ung war beschränkt. In der Regel konnten sechs Monate nicht überschrit­ten werden. Später wurden diese bis auf ein Jahr ausgeweite­t.

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FOTO: PRIVAT Im Zuge der Notstandsa­rbeiten erhielt die damalige SA - Schule auf dem Gundelhof einen Anschluss an das Trinkwasse­rnetz.

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