Einschulungsvideo sorgt für Wirbel im Netz
Imam hält eine Rede an Grundschule – Video verbreitet sich bundesweit im Internet
- Ende September haben zahlreiche Erstklässler ihren ersten Schultag gefeiert. An der Schrotenschule in Tuttlingen hat dieses Ereignis in den sozialen Netzwerken allerdings einen regelrechten Shitstorm ausgelöst. Der Grund: Ein Video, auf dem ein Imam bei der Einschulungsfeier zu sehen ist. Dieser hatte neben einer katholischen Religionslehrerin und einer evangelischen Pfarrerin ebenfalls seinen Segen an die Schüler gegeben.
In dem rund einminütigen Video hört und sieht man einen Imam – einen sogenannten „Vorbeter“der Muslime – der vor den anwesenden Schülern ein Gebet spricht. Diese Sequenz hat vor allem in den sozialen Netzwerken für viel Aufruhr gesorgt. „Ich glaube, ich muss auswandern. Ich hätte sofort mein Kind aus der Schule genommen“, schreibt eine Nutzerin unter dem Video auf Facebook.
Was in dem Ausschnitt nicht zu sehen ist: Nach der Begrüßungsrede der Schulleitung kamen erst die katholische Religionslehrerin, dann die evangelischen Pfarrerin und anschließend der Imam zu Wort. Dieser trug eine sogenannte „Sure“, ein Kapitel des Korans vor, das anschließend ins Deutsche übersetzt wurde.
Die Schrotenschule selbst distanziert sich von dem Video: „Leider tauchte eine Woche nach der Einschulungsfeier in gewissen sozialen Medien eine völlig aus dem Zusammenhang gerissene Filmsequenz auf, die nur und ausschließlich den Vortrag des Imams auf arabischer Sprache zeigt“, heißt es auf der Homepage der Schule. „Diese Filmsequenz wurde widerrechtlich veröffentlicht und auf sozialen Medien geteilt und verbreitet, ohne an die Rechte am eigenen Bild der Betroffenen – Kinder und Erwachsene – zu denken. Hiervon distanzieren wir uns ausdrücklich“, schreibt die Schule.
In Bezug auf das Urheberrechtsgesetz sind der Polizei die Hände gebunden. „Bislang sind keine Anzeigen bei uns eingegangen“, erklärt Matthias Wörner, Revierleiter der Polizei Tuttlingen. Denn neben dem Imam sind auf dem Video noch zahlreiche Kinder, Eltern und Lehrer zu sehen. Ohne deren Einverständnis sei es verboten, Bild- oder Videomaterial zu veröffentlichen.
Mittlerweile ist die Sequenz auch bei AfD-Politikerin Beatrix von Storch angekommen. Sie teilte es in den sozialen Medien – allerdings in verkürzter Form. Dazu kommentierte sie unter anderem: „Das werden wir bekämpfen. Das ist nicht bunt und tolerant. Das ist Unterwerfung und dumm.“Zudem stellte sie eine sogenannte kleine Anfrage im Landtag über den Auftritt des Imams an der Schrotenschule. Diesen begründet die Politikerin mit möglichen jugendgefährdenden Inhalten und damit, dass die Zuhörer zum Teil nicht verstehen konnten, um was es in dem Vortrag ging.
Das sei allerdings so nicht richtig, sagt Steffen Müller, Konrektor der Schrotenschule. Der Text, den der
Imam vorgetragen hatte, sei der erste Vers des Korans gewesen und vorher geprüft worden. Im Anschluss daran hätte ein Lehrer den Text ins Deutsche übersetzt, sodass Schüler, Lehrer und Eltern den Inhalt verstehen konnten, teilt die Schrotenschule mit.
Der genaue Ablauf des Festes sei aber laut Schulleitung bereits seit mehreren Monaten geplant gewesen und den Eltern per Einladung von der ehemaligen Schulleitung mitgeteilt worden. „Wir sind eine offene Schule“, sagt Müller. „2016 wurden wir sogar mit dem Integrationspreis „verschieden Glauben – zusammen gehören“ausgezeichnet.“Deshalb habe die Schulleitung auch nicht damit gerechnet, dass das Video so hohe Wellen schlägt.
Insgesamt seien die Schüler für die Einschulung coronabedingt in zwei Gruppen aufgeteilt worden. Der Imam sei allerdings nur bei der ersten Gruppe dabei gewesen, da er später verhindert war, so Müller. Vor Ort hätte er keine schlechte Stimmung gespürt. „Ich habe mich nach dem offiziellen Teil noch mit einigen Eltern unterhalten. Die Stimmung war gut“, erinnert sich Müller.