Ein Gesetz muss her
Endlich eine Nachricht in Sachen Corona, die Hoffnung macht. Nach all den Hiobsbotschaften, den steigenden Zahlen bei den Infizierten und der steigenden Gewaltbereitschaft bei den Unbelehrbaren, haben die Unternehmen Biontech und Pfizer in den USA die Zulassung ihres gemeinsam entwickelten Impfstoffs beantragt. Ihr Serum biete einen mehr als 90-prozentigen Schutz. Noch in diesem Jahr, spätestens Anfang 2021 könne wohl im großen Stil geimpft werden. Pieks – und alles wird gut?
So einfach ist die Sache jedoch leider nicht. Denn allein in Deutschland sind zig Millionen Impfdosen nötig, um die lang ersehnte Rückkehr zum gewohnten Alltag zu ermöglichen. Zu Beginn der Impfkampagne wird der neu zugelassene Stoff bei Weitem nicht für alle, die sich impfen lassen wollen, ausreichen. Die Frage „Wer wird zuerst geimpft?“birgt somit eine enorme Sprengkraft.
Dass die Regierung die Expertise der Wissenschaft in dieser Frage rechtzeitig eingeholt hat, ist zu loben. Natürlich empfehlen RobertKoch-Institut, Ständige Impfkommission und Leopoldina, den Risikogruppen bei der Covid-19-Impfung Vorrang einzuräumen. Ältere, chronisch Kranke, Pfleger und Ärzte – kaum jemand wird bestreiten, dass ihre Immunisierung höchste Priorität hat. Doch angesichts der 30 bis 40 Millionen Bundesbürger, die aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters oder etwaiger Vorerkrankungen als potenziell höher gefährdet gelten, sind Konflikte programmiert.
Der schnelle Fortschritt bei der Impfstoffentwicklung erhöht den Druck auf die Politik. Klar ist aktuell nur, dass die Covid-19-Massenimpfungen nicht in Hausarztpraxen durchgeführt werden, sondern in Impfzentren. Es muss deshalb schnellstmöglich von der Regierung ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, wer in welcher Reihenfolge impfberechtigt ist – und darüber muss dann selbstverständlich das Parlament befinden. Ansonsten droht die Impfdebatte im kommenden Frühjahr zum Wahlkampfthema zu werden. Das wäre der Dringlichkeit der Sache nicht angemessen.