Städtischer Forst rechnet mit einer Million Euro Defizit
Waldwirtschaft hat mit Borkenkäfer und niedrigen Preisen zu kämpfen – Sammeln von Ökopunkten geplant
- Die Holzpreise sind im Keller und der Borkenkäfer frisst sich durch den Stadtwald – die Bilanz des Forstjahres liest sich wahrlich deprimierend. Tuttlingen stehe zwar immer noch besser da als viele andere, sagte der städtische Forstamtsleiter Hubert Geiger im Verwaltungsund Finanzausschuss des Gemeinderats am Montag. Dennoch sei in den kommenden Jahren keine Besserung in Sicht.
Die Zahlen im Einzelnen: Zirka 15 500 Festmeter Holz wurden bis zum 26. Oktober in den Wäldern der Stadt geschlagen. Knapp die Hälfte davon wurde planmäßig gefällt, die andere Hälfte kam durch Sturm oder Trockenheit oder eben Käferbefall zustande. Andere Gemeinden hätten da mit deutlich mehr Sturmholz, teilweise bis zu 50 000 Festmetern, zu kämpfen, so Geiger. Die Preise lägen aktuell bei 60 Euro pro Festmeter Nadelholz, das Land empfehle, nicht unter 70 Euro zu verkaufen. Demnächst werde in Tuttlingen Holz gefällt, „wir werden dann sehen, wie sich die Preise entwickeln“. Geiger geht von einem Defizit von 1,05 Millionen Euro im aktuellen Forstwirtschaftsjahr aus, wies aber auch darauf hin, dass etwa ein Drittel der
Kosten interne Verrechnungen und Abschreibungen seien.
Entsprechend schlecht sind die Aussichten für 2021. Auch da veranschlagt Geiger ein Defizit in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro. Gründe sind im Wesentlichen der Borkenkäferbefall und der niedrige Holzpreis.
Eine neue Waldfläche soll auf der ehemaligen Deponie Hasenholz entstehen. Man werde auf 1,7 Hektar zunächst Humus ausbringen, sagte Geiger. 2022 sollen dann Bäume gepflanzt werden, etwa Ahorn, Vogelbeere, Douglasie, Lärche oder Kirsche. Es werde breit gesät, sagte Geiger, „weil man noch nicht weiß, was da überhaupt wächst“.
Das Defizit in der Forstwirtschaft könnte bald durch den Verkauf von Ökopunkten kleiner werden – dem Vorschlag von Seiten des Forstamts stimmte der Verwaltungs- und Finanzausschuss zu.
Ökopunkte kann eine Kommune sammeln, indem sie Naturschutzmaßnahmen umsetzt. Im Wald wäre das zum Beispiel eine „Aufwertung“des Waldes zum stabilen Mischwald oder das Anlegen von Feuchtbiotopen. Das koste zunächst zwar Geld, rentiere sich aber, weil man Ökopunkte bei Bauprojekten anstelle von Ausgleichsflächen nutzen könne, erläuterte Michael Hager vom Tuttlinger Forstamt. Für die Erschließung des Neubaugebiets Thiergarten West wurden etwa 400 000 Ökopunkte fällig. Die Stadt musste sie zukaufen, weil nicht genügend eigene Ökopunkt-Projekte vorhanden waren.
Drei größere Ökomaßnahmen laufen nun im städtischen Forst. Drei Jahre dauern die Maßnahmen in der Regel, dann sollen sie zwischen 1,5 und zwei Millionen Ökopunkte einbringen. Weitere Projekte könnten folgen.
Sollte die Zahl der Ökopunkte dann über den Eigenbedarf hinausgehen, ließen sich diese Punkte auch verkaufen. Aktuell koste ein Punkt um die 70 Cent, so Hager. Die Stadt könne nach Abzug der Investitionsund anderen Kosten 33 Cent daran verdienen. Das Risiko sei also gering, sagt Hager: „Selbst wenn die Preise um die Hälfte fallen, würde es sich noch lohnen.“Groß ins ÖkopunkteGeschäft einzusteigen, riet er allerdings nicht. Die Projekte müssten jeweils sehr passgenau sein. Hager riet deshalb zu Augenmaß: Von fünf Projekten könnte man vielleicht eines zum Verkauf anbieten. Sollte es soweit kommen, werde man die Entscheidung aber dem Gemeinderat überlassen.