Reise in Zauberwelten mitten in Gosheim
Petra Rösch hat mit Ausstellung „Weltenträume“einen „Auszeit-Ort“zum Träumen geschaffen
- Neugierig spitzen schon seit einigen Wochen Kinder und Erwachsene durch Fenster und Türen in der Gosheimer Hauptstraße, dort wo einst Drogerieund später gebrauchte Alltagsartikel verkauft worden waren. Inzwischen bedeutet ein Schritt über die Schwelle aber der Eintritt in eine andere Welt. Eigentlich: andere Welt-EN. Auch wenn sich die Welten-Entdecker coronabedingt noch ein bisschen gedulden müssen.
„Weltenträume“heißt das Projekt der Frittlingerin Petra Rösch und ihrer Mitstreiter. Und es ist erstmal nicht mit bekannten Maßstäben zu messen. Es ist nicht primär eine Geschäftsidee einer kreativen Frau, sondern eher ein Gestalt gewordener Traum, anderen Menschen staunen, wohlfühlen, entdecken, sich freuen, träumen zu schenken. Das aber schon mit modernen Mitteln von Marketing und einer modernen Auffassung von all den Wünschen.
Daher ist es kein Zufall, dass Petra Rösch quasi als Überschrift ihres Weltenträume-Projekts ein Zitat von Walt Disney gesetzt hat: „Wenn du es träumen kannst, dann kannst du es auch tun.“
Zauberer, Gnome, Feen und Elfen, allerlei Fabelwesen und Drachen, Meerjungfrauen, Riesenkraken und karibische Fische bevölkern verschiedene Bereiche dieser Erlebnisausstellung. Es gibt einen Zauberwald, eine Nixenlagune und eine Unterwasserwelt. Es gibt einen Baum der Weisheit und einen Baumtroll, der für ein Selfie bereitsteht. Die Figuren und viele kleinn Dinge von der detailreich ausgestatteten Elfenwohnung bis zum Platz des Drachenbabys sind der Rahmen für die Geschichten, die sich die Besucher dann selber ausdenken können. Unterstützt durch Musik, Geräuschund Bewegungseffekte der Figuren und auch durch fliegende Fische oder auch Düfte.
Und die sind nicht nur künstlich, sondern der Wald ist ausgestreut mit duftenden Rindenschnitzeln, die Lagune mit Sand, aus dem Kinder echte Schätze sieben können. Aber selbstverständlich ist das meiste aus Kunststoffen hergestellt. Die Materialien sind nur das Vehikel: Sie transportieren Gefühle, regen die Fantasie an - die Wirklichkeit draußen vergessen, Erwachsene oder Senioren sollen in ihre Kindheit reisen. Und jeder Besucher, jede Besucherin soll, so wünscht es sich Petra Rösch, sich einfach das rausnehmen, was ihm oder ihr gut tut. Es soll „ein Auszeitort“sein.
Geplant ist auch ein Café, das vor dem Eingangsbereich zu der 400 Quadratmeter großen Wunderwelt liegt, und wo man noch keinen Eintritt zahlen muss. Denn der Eintritt ist auf 7,50 für Erwachsene und 5,50 für Kinder angesetzt: ein vielfaches weniger als etwa im Europapark und doch genug, um damit auch Wertschätzung zu transportieren – und die hohen Kosten zu decken. Und einen Shop wird es geben, mit Geschenken, die das Gesehene abbilden.
Rund 60 000 Euro kosten Bau und Einbau, schätzt Rösch, und das, obwohl der Kern der Ausstellung selbst, der Zauberwald, schon vor fünf Jahren gebaut wurde: zunächst als Besonderheit in dem Einkaufszentrum wo Rösch als gelernte Kauffrau eine Dekoartikelund Wohnaccessoirefiliale leitet, dann als Wanderausstellung in ganz Deutschland für ähnliche Zwecke.
Das Projekt der 47-Jährigen scheint auch so etwas wie der Kulminationspunkt einer kreativen Frau zu sein, die nicht nur Kauffrau, sondern auch Modedesignerin gelernt hat und zig Jahre damit erfolgreich war, die vom Vater, der Zimmermann war viel handwerkliches beigebracht bekommen hatte, die phantasiebegabt, menschenfreundlich und weltoffen ist und ein starkes Netzwerk aus Verwandten hat - ihrem Mann Furqan Basharat (Fotound Videograf) und dessen Familie in Pakistan, ihrer Cousine Simone Rösch, ihrer Mutter und anderen Verwandten, Freunden wie Patricia Schweizer, die als Konditorin und Pattisseurin die Leckereien für das Lagunencafé zaubern wird. Die Begeisterung und positive Energie des Projekts scheint sogar auf die Handwerker, die für die Anschlüsse, Böden und anderes gesorgt haben, überzuspringen, Rösch ist jedenfalls hellauf begeistert von allen, die mithelfen. Und es wundert nicht, dass ihre einzige Einteilung von Menschen nicht reich-arm, deutsch-nicht deutsch, Frau Mann oder anderes ist, sondern: „Für mich gibt es nur zwei Sorten von Menschen: nett oder nicht nett.“
Sie baut und näht alles selbst. Mit Hilfe ihres Kreises. Tipps holte sie sich bei einem Praktikum bei Heimotion Figurenbau in Jagsthausen. Frederik Braun, Gründer des Miniatur-Wunderlands in Hamburg wurde ihr Mentor und in Gesprächen zeigten sich etwa der Gründer der „Welt der Kristalle“Alexander Müller oder auch die Gemeinde Gosheim sehr aufgeschlossen für Kooperationen.
Sobald Corona es zulässt, will Petra Rösch und ihr Team die Weltenträume samstags und sonntags öffnen, mit wechselnden Zusatzevents oder auch für Seniorencafés oder Kindergeburtstage. Das einzige Ziel: „Ich will, dass sich die Leute unterhalten lassen, dass ihnen das Herz aufgeht und dass sie glücklicher gehen, als sie gekommen sind.“
Dass es ein Bedürfnis nach dieser Art Farbe im Leben gibt, hat gerade diese Zeit mit ihren bemalten Steinen am Wegesrand oder den Sprüchen und Wünschen an Wanderwegen wie in Balgheim gezeigt. Dass das Konzept aber auch in die Zukunft weisen kann, bei aller Künstlichkeit, ist vielleicht nicht der erste Gedanke, aber doch präsent: Wir werden dem Klima die exzessive Reiserei nicht mehr zumuten können in Zukunft. Warum also nicht vor Ort verreisen? Zumal hier auch Videos eingebaut werden können. Dies ist natürlich nicht die Idee des Projekts, bietet aber vielleicht das Potenzial.
Ein schönes Detail an Rande: Die Kulissenwände des Zauberwalds dürften Besuchern aus unserer Gegend besonders viel Wohlgefühl vermitteln: Die Szenen mit Felsen, Bäumen und Moos stammen aus den Wäldern von Frittlingen und Denkingen. Die kleinen Zauberwesen leben also in unserem Wald.