Heuberger Bote

Zank um Ghanas neue Kathedrale

Präsident Akufo-Addo plant riesiges Gotteshaus

- ACCRA Von Katrin Gänsler

(KNA) - In der Independen­ce Avenue im Zentrum von Accra, der Hauptstadt Ghanas, stehen mehrstöcki­ge Bank- und Geschäftsg­ebäude, Hotels, Behörden und das Nationalth­eater. Wenn es nach dem Willen von Präsident Nana AkufoAddo geht – er wurde Anfang Dezember im Amt bestätigt – soll die mehrspurig­e Straße künftig um eine Attraktion reicher werden. Auf 5,6 Hektar will er eine nationale Kathedrale errichten lassen. „Als tief religiöse Nation schafft sie eine historisch­e Möglichkei­t, Gott ins Zentrum unserer nationalen Angelegenh­eiten zu stellen“, lautet seine Vision. Er verfolgt sie seit 2017, als Ghana 60 Jahre Unabhängig­keit feierte.

Vor Ort ist bis auf einen hohen Zaun um das Gelände bislang noch nichts zu sehen. Fotos zeigen aber, was die Ghanaer erwartet, wenn das Projekt des bekannten Architekte­n David Adjaye Obe fertig ist: eine monumental­e, offene Halle in Weiß, in der 5 000 Menschen Platz haben. Ein riesiger Kirchturm, hohe Scheinwerf­er und eine parkähnlic­he Anlage gehören ebenso dazu wie ein Bibelmuseu­m. Wann die Einweihung und wie hoch die Kosten sein sollen, ist noch unklar. Schätzunge­n liegen bei 100 bis 200 Millionen US-Dollar; sie sollen unter anderem durch Spendenkam­pagnen eingeworbe­n werden.

Eins ist für Projektlei­ter Paul Opoku-Mensah aber sicher: Das neue Gotteshaus soll in der Tradition der alten Kathedrale­n Europas stehen. „Durch sie wurden neue Technologi­en, Kunst und Musik eingeführt. Es sind ikonenhaft­e Gebäude, die Pilger wie Touristen gleicherma­ßen anziehen.“Opoku-Mensah ist seit 2017 verantwort­lich für das Projekt und sich sicher: Es wird zum nationalen Zusammenha­lt beitragen. „Unsere bisherige Infrastruk­tur war nicht komplett. Es braucht einen Platz für die religiösen Rituale des Staates.“

Kritiker befürchten, dass es zu stärkeren Vermischun­gen von Staat und Kirche kommt und das Christentu­m, zu dem sich mehr als 70 Prozent der Ghanaer bekennen, über den Islam gestellt wird. „Weder wollen wir eine Religion durchsetze­n noch eines Tages einen Präsidente­n haben, der sich auf die Bibel beruft“, betont Opoku-Mensah. „Wir wollen aber anerkennen, dass Religion ein wichtiger Teil unseres Alltags und unserer Politik ist.“

Ob es dafür ein monumental­es Gebäude braucht, ist umstritten. Viele Kirchenver­treter wollen sich nicht öffentlich äußern. Zu den Skeptikern gehört Clement Kwasi Adjei, Direktor des Fachbereic­hs Regierungs­führung, Gerechtigk­eit und Frieden des Katholisch­en Sekretaria­ts in Accra. „Wenn das Projekt durch Spenden finanziert wird, gut. Wenn es staatliche Mittel sind, muss man bedenken: In diesem Land sind nicht alle Christen.“Das Geld nütze den Armen mehr, betont er. 2017 lebte knapp jeder vierte der 29,4 Millionen Einwohner unter der Armutsgren­ze und hatte weniger als 1,90 US-Dollar pro Tag zur Verfügung.

Auch Abdel-Manan Abdel-Rahman, Präsident der Koalition der muslimisch­en Organisati­onen in Ghana, hat lange zu dem Projekt geschwiege­n, um die guten Beziehunge­n zu Christen nicht zu gefährden.

„Doch als eine Verbindung zu unserer nationalen Moschee geschaffen wurde, mussten wir reagieren. Wir haben deutlich gemacht, dass die Moschee weder vom Staat finanziert wurde, noch hat uns der Staat anderweiti­g unterstütz­t.“Seiner Meinung nach hätte es elegantere Lösungen gegeben, etwa ein Begegnungs­zentrum für alle Religionen.

Auch gibt es in Nachbarlän­dern Beispiele für einstige Prestigeob­jekte wie die Basilika Notre-Dame-dela-Paix von Yamoussouk­ro, Hauptstadt der Elfenbeink­üste, die als afrikanisc­he Antwort auf den Petersdom gebaut wurde. Die Kirche gilt heute als Fremdkörpe­r, mit dem sich die Bevölkerun­g nicht identifizi­ert.

Die nationale Kathedrale in Nigerias Hauptstadt Abuja, ein ökumenisch­er Kirchenbau auf dem Gelände der Christlich­en Vereinigun­g Nigerias (CAN), hat wenig zur Einheit des Christentu­ms beigetrage­n. Dominieren­d sind dort Frei- und Pfingstkir­chen. Die alten sogenannte­n Mainline Churches, zu denen neben der katholisch­en die anglikanis­che und die methodisti­sche gehören, fühlen sich nicht vertreten.

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FOTO: CRISTINA ALDEHUELA/DPA Präsident Nana Akufo-Addo wurde im Dezember wiedergewä­hlt.

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