Bähnle muss ohne Gäste weiterfahren
Historische Fahrzeuge müssen bewegt werden - Besucheransturm im Eisenbahnmuseum trotz Corona-Krise
Die historischen Fahrzeuge müssen trotz Lockdown bewegt werden.
– Ausgerechnet im Corona-Jahr 2020 hat das Trossinger Eisenbahnmuseum einen Besucheransturm erlebt. Doch auch wenn den Trägerverein keine finanziellen Sorgen plagen, so sind es ausgerechnet die historischen Fahrzeuge, die den Lockdown nicht so leicht wegstecken.
Wäre der vergangene Sommer nicht der des Corona-Jahrs 2020 gewesen, könnte der Freundeskreis der Trossinger Eisenbahn, so der offizielle Name des Trägervereins, wohl von einer hervorragenden Saison sprechen. „Eigentlich haben wir an sieben Sonntagen im Jahr geöffnet, 2020 waren es nur vier. Und trotzdem haben wir ein Besucherplus von 25 Prozent im Vergleich zu 2019 erlebt, das hat uns wirklich verblüfft“, sagt Vereinsvorsitzender Stefan Ade und Vorstandsmitglied Annette Lang ergänzt: „Das war einfach toll. Weil wir so viel Platz, die hohen Hallen und die offenen Tore haben, war das in Sachen Abstandhalten auch gar kein Problem.“
„Finanziell gesehen sind wir in der dankbaren Lage, keine Miete zahlen zu müssen. Wir sind wirklich sehr gut dran“, sagt Ade. Doch gilt es andere Herausforderungen zu meistern: Die historischen Fahrzeuge verkraften einen monatelangen Stillstand nicht. „Da geht die Technik ganz einfach kaputt“, erklärt Ade. Deshalb kann der Verein nicht einfach in den Winterschlaf gehen. „Zum einen müssen die Loks und Triebwagen bewegt und gewartet werden, zum anderen müssen wir zusehen, dass wir unsere aktiven Mitglieder nicht verlieren“, so der Vorsitzende. Damit die Fahrzeuge nicht einrosten, werden sie derzeit „sinnlos und leer zum Staatsbahnhof oder im Stadtbahnhof hin und her gefahren“. Sinn der
Sache sei dies eigentlich nicht, schließlich wolle das Museum seine Schätze der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen, doch technisch eben notwendig.
„Unser Verein hat nicht mal zwei Handvoll aktive Mitglieder“, sagt Annette Lang und spricht damit das eigentliche Lockdown-Problem an. „Unser Verein lebt davon, dass wir uns hier im Museum treffen, es für Besucher öffnen, gemeinsam an den Fahrzeugen und der Ausstellung arbeiten und uns austauschen.“Durch die Kontaktbeschränkungen ist all dies nur noch stark eingeschränkt möglich. Zwei, höchstens drei Ehrenamtliche übernehmen derzeit die Wartungsarbeiten und erledigen Arbeiten, für die im Sommer keine Zeit war. „Ein Mitglied restauriert gerade die große Bahnhofsuhr. Die hat auf beiden Seiten Zeiger, aber die sind nie so ganz parallel gelaufen, was für eine Uhr nicht so sinnvoll ist“, nennt Ade ein Beispiel und zeigt in der vereinseigenen Werkstadt die Einzelteile der großen Uhr.
Annette Lang macht sich Sorgen, dass der Verein aktive Mitglieder in der aktuellen zweiten Lockdownphase verlieren könnte: „Viele Menschen gewöhnen sich an die viele Freizeit und suchen sich eine andere Beschäftigung.“Ob alle, wenn die zweite Corona-Welle überstanden ist und das Museum wieder öffnen darf, wieder zurückkommen? Lang hofft darauf, ist sich aber nicht ganz sicher. Die ganz große Mehrheit der aktiven Mitglieder stammt übrigens nicht aus Trossingen. „Da bin ich die einzige“, sagt Lang lachend. Ungewöhnlich sei dies nicht. „Bei der Sauschwänzlebahn in Blumberg ist das ganz ähnlich.“Für die Einheimischen sei ihr Bähnle so selbstverständlich, dass nur wenige auf die Idee kämen, sich im Verein zu engagieren oder das Museum zu besuchen, so die Erfahrung des Trossinger Vereins.
In normalen Zeiten trifft sich der Verein jeden dritten Freitag im Monat zur Mondscheinfahrt. Dabei werden die Fahrzeuge bewegt, also bis zum Bahnhof, wenn es der Fahrplan der HZL hergibt, auch bis zum Staatsbahnhof gefahren und Gäste sind dazu willkommen. „Vorher treffen sich die Mitglieder zum Austausch“, so Stefan Ade. Weil die monatlichen Treffen nun schon länger nicht mehr stattfinden konnten, hat Ade sich etwas einfallen lassen. Im
Januar gibt es eine virtuelle Mondscheinfahrt. Die Loks und Triebwagen bleiben dafür zwar im Depot, aber die Vereinsmitglieder sollen die Möglichkeit haben, sich zumindest virtuell treffen zu können. Sogar ein Techniktest im Vorfeld wird angeboten. Stößt die Idee auf Gegenliebe, dann können sich Annette Lang und Stefan Ade gut vorstellen, das virtuelle Angebot auszubauen.
Fünf Lokführer, also Mitglieder, die die historischen Fahrzeuge fahren dürfen, hat der Verein. Die müssen sich regelmäßig fortbilden.
„Das wollen wir im ersten Quartal machen“, sagt Ade und hofft, auch darüber den Mitgliedern ein bisschen Programm bieten zu können.
Ausbremsen lässt sich der Freundeskreis der Trossinger Eisenbahn von der Pandemie nicht. Die Vorfreude, wenn das Museum wieder öffnen kann, ist Lang und Ade beim Gang durch die Hallen anzumerken. Kein Wunder, hat das kleine aber wirklich feine Museum wirklich vieles zu bieten – ganz sicher auch für Trossinger, die ihr Bähnle schon zu kennen zu glauben.