Guido Wolf punktet im südlichen Landkreis
Jens Metzger liegt nur in zwei Gemeinden vorn – Insgeheimer Wahlsieger ist die FDP
(ale) - In zwölf der 14 Städte und Gemeinden im südlichen Landkreis Tuttlingen heißt der Sieger der Wahl: Guido Wolf (CDU). Das vorläufige Ergebnis ist zwar eindeutig, doch aus Sicht der CDU wohl nicht ausschließlich Grund zur Freude. Denn vielerorts hat die Partei Stimmen verloren. Auch SPD und AfD schnitten im Vergleich zu 2016 tendenziell schlechter ab. Zulegen konnten hingegen die Grünen und – besonders deutlich – die FDP, die damit wohl als insgeheimer Sieger der Wahl gelten dürfte. Gewachsen ist auch der Anteil der Wähler, die einer kleineren Partei ihre Stimme gaben.
Nur in Neuhausen ob Eck und Mühlheim konnte Jens Metzger mit 29,94 (Neuhausen) beziehungsweise 31,74 (Mühlheim) Prozent für die Grünen mehr Stimmen einholen als Guido Wolf für die CDU. Dieser erzielte in Buchheim das beste Ergebnis: 38,69 Prozent der Wahlberechtigten stimmten dort für den CDUKandidaten. Gleichzeitig ist es die Gemeinde Buchheim, in der Wolf am deutlichsten an Prozentpunkten verlor: Denn 2016 hatten ihm noch 53,4 Prozent der Buchheimer Wähler ihr Vertrauen ausgesprochen. Die Verluste in den anderen Gemeinden sind zwar weniger deutlich als in Buchheim, aber dennoch spürbar. In Seitingen-Oberflacht beispielsweise fiel die CDU von 39,1 Prozent im Jahr 2016 auf 31,54 Prozent, in Irndorf von 40,7 auf 35,17 und in Immendingen von 34,7 auf 30,1. Prozentpunkte gutmachen konnte Wolf lediglich in Fridingen, wo er 35,7 Prozent der Stimmen erhielt und damit 7,6 Prozentpunkte mehr als 2016.
Grünen-Kandidat Jens Metzger konnte sich zwar nur in zwei Südkreis-Gemeinden gegen Wolf behaupten, die Ergebnisse seiner Partei hielt er im Vergleich zu 2016 jedoch auf recht konstantem Level. Deutliche Einbußen gab es zwar in Fridingen, dort verloren die Grünen rund zehn Prozentpunkte. Auch in Emmingen-Liptingen, Irndorf, Renquishausen und Kolbingen schnitten die Grünen schlechter ab als bei der Landtagswahl 2016. In einigen anderen Gemeinden konnte Metzger das Ergebnis der Grünen hingegen leicht verbessern. Alles in allem sichert er sich hinter Wolf durchgehend das zweitbeste Wahlergebnis.
Leicht rückläufig hingegen sind die Zahlen der AfD: Prozentpunkte hinzugewinnen konnte Kandidat Rüdiger Klos für seine Partei lediglich in der Gemeinde Irndorf. Dort erhielt er 11,72 Prozent der Stimmen (2016: 10,8). In allen anderen Gemeinden schnitt die AfD im Vergleich zu 2016 jedoch schlechter ab. In Bärenthal beispielsweise konnte Klos zwar 15,4 Prozent der Wähler überzeugen, 2016 hatte die AfD dort aber noch 21 Prozent der Stimmen erhalten. Ganz so deutlich wie in Bärenthal ist der Rückgang der AfD in den anderen Gemeinden zwar nicht. Dennoch verlor die Partei durchweg an Prozentpunkten.
Über alle Gemeinden hinweg ordentlich punkten konnte hingegen Niko Reith für die FDP. Vielerorts verdoppelten sich die Wahlergebnisse der FDP im Vergleich zu 2016 nahezu. In Geisingen etwa erhielt Reith 17,88 Prozent der Stimmen (2016: 9,6), in Rietheim-Weilheim 15,19 (2016: 6) und in Kolbingen 13,57 (2016: 6,8). Nur in Fridingen und Buchheim erhielt die FDP weniger als zehn Prozent der Stimmen. 2016 lag sie noch in allen Gemeinden des südlichen Landlkreises darunter. Damit ist die FDP auch die einzige Partei, die in ausnahmslos allen Gemeinden des südlichen Landkreises deutlich besser abschneidet als im Jahr 2016.
Während die FDP also allen Grund zur Freude hat, dürfte sich die Stimmung in der SPD weiter trüben. Kandidatin Christine Treublut sichert sich meist zwischen sechs und sieben Prozent der Wähler, in einzelnen Gemeinden etwas mehr beziehungsweise weniger. In allen bleibt Treublut aber deutlich unter zehn Prozent. Selbst in Mühlheim, wo die SPD 2016 noch zwölf Prozent der Stimmen erhalten hatte, reicht es dieses Mal lediglich für 7,79 Prozent.
In Sachen Wahlbeteiligung zeigt sich der südliche Landkreis zwar deutlich reger als die Stadt Tuttlingen. Trotzdem ging die Wahlbeteiligung in den meisten Orten zurück. Am schlechtesten fiel sie in Neuhausen ob Eck aus. Dort gaben 59,35 Prozent der Wahlberechtigten (2016: 70,5 Prozent) ihre Stimme ab. Spitzenreiter hingegen ist die Gemeinde Renquishausen. Dort gingen 78,7 Prozent der Berechtigten zur Wahl.
„Das ist erschreckend“, sagt Fritz Buschle, ehemaliger Landtagsabgeordneter der SPD-Fraktion zu den Ergebnissen im Wahlkreis 55. Auch mit den landesweiten Ergebnissen ist er nur bedingt glücklich: „Ich bin beruhigt, dass die SPD die Stellung zumindest gehalten hat. Aber damit können wir nicht zufrieden sein.“Sein Wunsch: Eine Ampel-Koalition sei eine gute Option für Baden-Württemberg.
Bei Maria-Lena Weiss, der Vorsitzenden des CDU-Kreisverbands Tuttlingen, ist die Stimmung am Sonntagabend zwiegespalten. „Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust“, sagt sie. „Ich bin froh und glücklich, dass wir das Direktmandat verteidigen konnten, wenn auch knapp.“Mit Blick auf das Abschneiden der CDU insgesamt sei sie aber „alles andere als glücklich.“Auch wenn das Ergebnis nicht gänzlich überraschend sei, schmerze es dennoch, die Zahlen schwarz auf weiß zu sehen. Weiss sagt: „Die CDU muss sich Gedanken machen, wie sie sich in Zukunft aufstellen will. Es ist nicht fünf vor, sondern fünf nach zwölf.“Ein „Weiter so“könne es ihrer Meinung nach nicht geben. Einen Grund für den Dämpfer sieht sie in der Maskenaffäre von Bundestagsabgeordneten der Union. „Das zerstört wahnsinnig viel Vertrauen.“Weiss geht dennoch davon aus, dass die grünschwarze Koalition in Stuttgart bestehen bleiben könnte. „Ich nehme wahr, dass sich Winfried Kretschmann durchaus eine Fortsetzung der Koalition vorstellen könnte“, sagt sie. „Aber das müssen die nächsten Tage zeigen. (khr/lise)