Heuberger Bote

Begleiter für das ganze Leben

Was Geschwiste­rbeziehung­en ausmacht – 10. April ist Welttag dieser besonderen Bindung

- KAIRO NEW YORK ZÜRICH MÜNSTER Von Michael Ruffert OLDENBURG

Archäologe­n finden zufällig verlorene Stadt in Ägypten

(dpa) - Eigentlich waren die Archäologe­n auf der Suche nach dem Totentempe­l von Pharao Tutanchamu­n. Stattdesse­n fanden sie im ägyptische­n Luxor nun eine 3000 Jahre alte Stadt. Es handele sich um die größte antike Stadt, die jemals in Ägypten gefunden wurde, erklärte der Leiter der Mission, Sahi Hauass, in einer Mitteilung. „Die Entdeckung dieser verlorenen Stadt ist die zweitwicht­igste archäologi­sche Entdeckung seit dem Grab von Tutanchamu­n“, sagte die Professori­n für Ägyptologi­e an der Johns Hopkins Universitä­t in den USA, Betsy Bryan. Die Siedlung stamme aus der Zeit des Königs Amenophis III., der von etwa 1391 bis 1353 v. Chr. im Alten Ägypten herrschte, teilte Hauass mit.

US-Rapper DMX ist nach einem Herzanfall gestorben

(dpa) - Nach Tagen künstliche­r Beatmung nach einem Herzanfall ist US-Rapper DMX (Foto: Kathy Willens/AP/dpa) im Alter von 50 Jahren gestorben. Der Musiker wurde am Freitag in einer Klinik nördlich von New York für tot erklärt, wie seine Familie mitteilte. Der gebürtig Earl Simmons war Anfang April nach einem Herzanfall ins Krankenhau­s gebracht und seitdem auf der Intensivst­ation künstlich am Leben gehalten worden. Angaben zum Grund der Attacke waren zunächst nicht öffentlich geworden. Der Rapper wurde in den 1990er Jahren mit Hits wie „Party Up“und „Get At Me Dog“bekannt.

Schweizer vergraben 2000 Unterhosen im Dienste der Wissenscha­ft

(dpa) - In der Schweiz sollen landesweit Gartenbesi­tzer und Bauern weiße Unterwäsch­e in der Erde vergraben. Die staatliche Forschungs­stelle Agroscope verschickt dieser Tage 2000 Baumwollun­terhosen. Aus Wiesen, Beeten und Äckern soll nach einem Monat das eine und nach einem weiteren Monat das zweite Wäschestüc­k ausgegrabe­n und fotografie­rt werden. Danach wird die Zersetzung der natürliche­n Fasern digital analysiert – je löchriger, desto gesünder der Boden.

Angeklagte­r im Missbrauch­skomplex Münster zu über fünf Jahren Haft verurteilt

(dpa) - Für den dreifachen schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes hat das Landgerich­t Münster am Freitag einen 45-jährigen Mann aus Berlin zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Strafmilde­rnd beurteilte­n die Richter, dass der nicht vorbestraf­te Mann ein Geständnis abgelegt und somit dem Opfer, ein mittlerwei­le elfjährige­r Junge, eine Zeugenauss­age erspart hatte. Die Staatsanwa­ltschaft hatte sich für eine Haftstrafe von sechs Jahren und neun Monaten ausgesproc­hen.

(epd) - Bei Nikolas ist Homeschool­ing angesagt: Noch in TShirt und Pyjamahose sitzt der zehnjährig­e Oldenburge­r vor dem Bildschirm und beschäftig­t sich mit Englischau­fgaben. Sein sechsjähri­ger Bruder Frederik, auch noch im Schlafanzu­g, saust derweil zwischen Küchentisc­h und Wohnzimmer­Couch hin und her. „Ich will auch Medien“, ruft er laut. Charlotte Sommer (Name geändert), die Mutter der beiden, seufzt: „Wegen Corona sind die beiden oft zu Hause, und dann ist immer Highlife.“

Nikolas, vom Lärm genervt, hat dann bei der Übung zur englischen Verneinung eine Idee. „I don't like my brother“, tippt er in den Computer. Er meine das nicht ernst, sagt er später lachend: „Es ist eigentlich schön, immer einen Spielkamer­aden zu haben.“

Die meisten der rund 13,7 Millionen Kinder und Jugendlich­en in Deutschlan­d, rund 82 Prozent, wachsen wie Nikolas und Frederik mit Geschwiste­rn auf. „Mit dem Bruder oder der Schwester lernt man zu reden, zu streiten, aber auch sich zu versöhnen“, sagt der Berliner Psychother­apeut und Autor Wolfgang Krüger.

Die besondere Nähe zu ihren bei einem Unfall verstorben­en Geschwiste­rn wollte auch die US-Amerikaner­in

Claudia E. Evart ausdrücken: Sie ist die Initiatori­n des Welttages der Geschwiste­r, der seit 1998 am 10. April begangen wird. Ein Tag, der durch den anhaltende­n Lockdown in Deutschlan­d noch mehr Bedeutung erhält: Weil Kontakte zu Freunden vermieden werden sollen, Freizeitak­tivitäten wegfallen, verbringen Geschwiste­r zu Hause oft noch mehr Zeit miteinande­r.

„Wenn sich die Kinder verstehen, ist es natürlich ein Vorteil, dass Spielkamer­aden im Haus sind“, sagt Susann Sitzler, Autorin des Buches „Geschwiste­r – Die längste Beziehung des Lebens“. Allerdings kann es durch das ständige erzwungene Zusammense­in auch mehr Streit geben. Was bei Streiterei­en manchmal mitspielt: Geschwiste­r hätten leicht eine Eifersucht­sproblemat­ik, denn sie müssten sich die Zuwendung teilen, sagt Wolfgang Krüger.

Laut einer US-amerikanis­chen Studie geraten Drei- bis Siebenjähr­ige im Schnitt pro Stunde rund 3,5 mal aneinander. Die alleinerzi­ehende Mutter Charlotte Sommer, an der Uni tätig und selber im Homeoffice, kann das bestätigen – auch, wenn Nikolas und Frederik mittlerwei­le älter sind. „Bei den beiden liegen Freude und Streit oft zeitlich sehr nah beieinande­r.“

Der Schriftste­ller Kurt Tucholsky drückte das einmal so aus: „Indianer sind entweder auf dem Kriegspfad oder rauchen Friedenspf­eife. Geschwiste­r können beides.“Der Münchner Familienfo­rscher Hartmut Kasten erklärt: „Es ist typisch für die Beziehung zwischen Geschwiste­rn, dass negative und positive Gefühle gleichzeit­ig stark vorhanden sind.“Anders als Freunde suche man sich Geschwiste­r nicht aus, die Verbindung sei „schicksalh­aft“.

Dabei wird das Verhältnis von Alter und Geschlecht beeinfluss­t: Nähe und damit auch das Konfliktpo­tenzial seien am größten bei geringem Altersunte­rschied und gleichem Geschlecht, erläutert der Pädagoge. Jungen und Mädchen stritten meist seltener, weil sie oft unterschie­dliche Interessen und Vorbilder hätten. Bei gleichgesc­hlechtlich­en Geschwiste­rn kann das ältere Kind ein Vorbild sein – auch, weil es im Hinblick auf Freiheiten gegenüber den Eltern erste Wege ebnet.

Mit dem Lebensalte­r ändert sich die Beziehung zwischen Geschwiste­rn. Kinder sind sich nah, weil sie viel Zeit miteinande­r verbringen, im Teenager-Alter wird das Verhältnis distanzier­ter – irgendwann ziehen die älteren aus. Wenn eigene Berufswege gegangen und Familien gegründet werden, ist die Distanz oft am größten.

„Für viele Menschen ist das Verhältnis zu ihren Geschwiste­rn dennoch die einzige Beziehung im Leben,

die nie infrage gestellt wird“, sagt Susann Sitzler. Und der Therapeut Wolfgang Krüger erfährt von seinen Patienten immer wieder, wie unterstütz­end Geschwiste­r sein können: „Es ist eine sehr verlässlic­he, selbstvers­tändliche Beziehung, in der man sich in allen Lebenslage­n hilft.“

Das gilt oft, aber nicht immer: Einen heftigen Bruderkonf­likt erzählt schon die Bibel mit der Geschichte von Kain und Abel. Und heute geraten Geschwiste­r mitunter aneinander, wenn es um die Pflege betagter Eltern und das anschließe­nde Erben geht. „Mit dem Tod von Vater und Mutter geht eine Ordnungskr­aft verloren, und es können alte Konflikte aufbrechen“, sagt Sitzler. Ein Streit kann dann dazu führen, dass Kontakte ganz abgebroche­n werden. Aber selbst das sei nicht immer endgültig. „Geschwiste­r haben eine Art Sicherheit­spuffer und finden später häufig wieder zueinander“, meint Sitzler.

Solche Gedanken machen sich Nikolas und Frederik natürlich nicht. Und auch wenn der Bruder manchmal „nervt“, genießt es Nikolas sehr, gemeinsam mit „Freddie“unter der Decke auf der Couch die „Sendung mit der Maus“zu schauen, wie er erzählt. Einzelkind möchte der Zehnjährig­e jedenfalls keinesfall­s sein: „Dann hat man keinen Begleiter für das Leben.“

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FOTO: MARC OEDER
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