Solide Lecker-Küche mit Nostalgiefaktor
In den 1980er-Jahren, wenn sich progressive Gastronomen einen noblen Anstrich geben wollten, setzten sie gerne Ragoût fin auf die Karte. Dieser Klassiker ist inzwischen gnadenlos out – aber aus nostalgischen Gründen gerade deshalb ein Muss, wenn man das helle Ragout doch noch irgendwo angeboten bekommt. Die Buchhorner Stuben in Friedrichshafen haben dieses Gericht trotzig auf ihre Abholkarte gesetzt. Dort steht es gemeinsam mit Wurstsalat, Flammkuchen, Nudeln mit Trüffelsoße, Schnitzel und Hamburger. Eine ziemlich wilde Mischung, bei der wirklich eine Menge schiefgehen kann.
Absolut geschmeidig, weil sympathisch und freundlich, findet die pünktliche Übergabe der Bestellung statt. Einziger Wermutstropfen: nicht in der sehr gepflegten Gaststube Platz nehmen zu können, wo dunkles Holz eine würdige Atmosphäre mit einer gewissen
Eleganz schafft. Bereits beim Salat aus frischen Blättern, Tomaten und Gurken zeigt sich eine wirklich erfreuliche Sorgfalt. Das weiße Dressing verleiht der knackigen Angelegenheit eine schöne Würze. Wuchtig und mit aromatischer Tiefe zeigt sich die Flädlesuppe – Optik und Duft deuten auf eine handwerklich zubereitete Brühe. Ein leckerer Einstieg. Und dann also das Ragoût fin, geliefert in einer Art Baukausten. Da wäre zunächst ein Blätterteig-Nestchen samt eines knusperzarten Deckels. Das Ragout enthält zarte Würfel von Huhn und Kalb. Die weiße Soße verfügt über einen cremigen Schmelz, wofür klassischerweise Mehlschwitze, Brühe und Sahne verantwortlich sind. Grasgrüne Erbsen, kerniger Reis – fertig ist diese Ikone versunken geglaubter Küchenwelten. Aber für Spott gibt es keinen Anlass, denn die Zubereitung verdient hohen Respekt – die milde Soße ist rund und kräftig abgeschmeckt, der Blätterteig setzt einen knusprigen Akzent und die Erbsen haben einen schönen, frischen Biss.
Mit jedem Gericht, mit jedem Bissen wird deutlicher, dass die Küchenmannschaft in den Buchhorner Stuben wegen der Pandemie nicht in eine hilflose Starre verfallen ist, sondern selbstbewusst zeigt, was sie kann. Und das ist vor allem das Selbermachen. Das aus gekochten Kartoffeln offenbar hausgemachte Rösti mit Gemüse und Bergkäse ist knusprig, wie es sein soll. Brokkoli, Blumenkohl, Karotten – all das schmeckt frisch und sieht dementsprechend trotz des Transports appetitlich aus.
Eine echte Wuchtbrumme ist der Hamburger vom Angus-Rind, der auf Wunsch in der bevorzugten Garstufe zubereitet wird. Das spricht einmal mehr für frische Zutaten, denn Fertig-Fleischküchle sind immer durchgebraten. Das fleischige Ensemble, angereichert mit würzigen Kartoffelecken und einem Dip aus saurer Sahne, steht auch nach einem 30-minütigen Transport noch schön im Saft.
Unspektakulär, aber grundsolide präsentieren sich die Schnitzel Wiener Art, die mit zartem Schwein für schönen Genuss sorgen. Auch hier zeigt als Begleitung das Frischgemüse Farbe und Geschmack. Das Angebot der Buchhorner Stuben mag insgesamt vielleicht keinen Innovationspreis gewinnen können – aber die spürbare Sorgfalt und das Bemühen um handwerklich einwandfreie Zubereitung verdient Anerkennung. Und Gäste, die beherzt zum Bestelltelefon greifen.
Buchhorner Stuben
Friedrichstraße 33
88045 Friedrichshafen
Tel. 07541-9789281 www.buchhornerstuben.de Abholung Montag bis Freitag von 17.30 Uhr bis 21 Uhr, Hauptgerichte 9,50-23,50 Euro. Weitere „Aufgegabelt“-Tipps: www.schwäbische.de/aufgegabelt