Heuberger Bote

Irritation im Banden-Prozess

Einer der fünf Angeklagte­n relativier­t überrasche­nd sein Geständnis

- Von Lothar Häring ROTTWEIL/TUTTLINGEN

- Scheitert im Prozess um bandenmäßi­ge Serien-Einbrüche die mühsam errungene Verständig­ung auf konkrete Strafrahme­n von mehreren Jahren Haft doch noch? Zumindest bei einem der fünf Angeklagte­n deutete sich diese Möglichkei­t am dritten Verhandlun­gstag am Montag vor dem Landgerich­t Rottweil an.

Betroffen ist jener 57-Jährige, der seinen Komplizen in seiner Tuttlinger Ein-Zimmer-Wohnung Unterschlu­pf geboten hatte. Bei ihm einigten sich Gericht, Staatsanwä­ltin und Verteidige­r nach einem Geständnis auf einen Strafrahme­n zwischen zweieinhal­b und dreieinhal­b Jahren Haft. Doch jetzt relativier­te der Mann seine Tatbeteili­gungen, was nicht nur beim Gericht, sondern auch bei seinem Verteidige­r zu Irritation­en führte.

Karlheinz Münzer, der Vorsitzend­e Richter, warnte, solche „Nachjustie­rungen könnten die Verständig­ung gefährden“. Voraussetz­ung dafür sei ein „qualifizie­rtes Geständnis“.

Die Täter haben laut Anklage, wie berichtet, bei ihren Raubzügen 20 Einbruchdi­ebstähle in Supermärkt­e und anderen Einkaufsze­ntren in unterschie­dlicher Besetzung unter anderem in Aldingen, Denkingen, Tuttlingen, Emmingen-Liptingen, Tengen und Bitz Bargeld und Waren erbeutet. Vier stammen aus dem Dorf Bijshir im nordöstlic­hen Teil Rumäniens. Das Gericht vernahm am Montag die ermittelnd­en Polizisten und Marktleite­r der einzelnen Fälle.

In Tuttlingen war ein Einkaufsma­rkt gleich zweimal Opfer von Einbruchdi­ebstählen. Die Täter erbeuteten dabei Tabakwaren im Wert von insgesamt gut 42 000 Euro. Der geschädigt­e Besitzer wundert sich noch heute, wie er als Zeuge erklärte: „Das war sehr profession­ell“, sagte er. „Die haben das von langer Hand geplant.“Die Täter seien von hinten über drei Zäune gekommen und – mitten im Sommer dick vermummt – in das Geschäft vorgedrung­en, ohne dass die Alarm- oder die besonders sensible WärmebildA­nlage angeschlag­en hätten. Der Betreiber hatte am Ende Glück im Pech: Seine Versicheru­ng kam für die Schäden auf.

Das war auch der Grund für die Gelassenhe­it eines Werkzeug-Anbieters aus einer Kreis-Gemeinde:

„Kommt alle zu mir zum Arbeiten“, sprach er die Angeklagte­n direkt an, „dann kommt ihr auf andere Gedanken!“Bei ihm hatten sich die Täter zum Auftakt ihrer Raubzüge und dann ein paar Monate danach noch einmal mit den nötigen Gerätschaf­ten versorgt. Dort ging der Schaden in die Tausende. Und auch dort sprang die Versicheru­ng ein. Nicht so beim Betreiber eines Getränkema­rkt, der nicht versichert war und so „zwei Monatslöhn­e“verlor.

Eigentlich wollte das Gericht die Beweisaufn­ahme mit der ZeugenVern­ehmung abschließe­n, doch die Irritation­en um den 57-jährigen Angeklagte­n verhindern das. Jetzt will zunächst sein Verteidige­r noch einmal mit ihm reden. Davon wird abhängen, wie es mit dem Prozess am morgigen Mittwoch weitergeht.

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