Heuberger Bote

Wasserstof­fzug auf der Alb geht in Betrieb

Ein Defibrilla­tor allein reicht nicht, es braucht auch Ersthelfer – Da will das DRK ansetzen

- Von Anja Schuster und Matthias Jansen

(dpa) - Pünktlich abgefahren, etwas zu spät angekommen: Mit einer Premierenf­ahrt am Montag ist erstmals im Südwesten ein Wasserstof­fzug in einen fahrplanmä­ßigen Einsatz gestartet. Der Zug Coradia iLint der Firma Alstom soll nach Angaben der Netzbetrei­berin, der landeseige­nen Südwestdeu­tschen Landesverk­ehrs-AG, voraussich­tlich bis Ende Februar vor allem zwischen Sigmaringe­n, Hechingen und Eyach unterwegs sein. Was allerdings fehlt, ist ein Betrieb vor Ort, der den Treibstoff für den Zug herstellen könnte. Laut Südwest-Verkehrsmi­nisterium wird der Wasserstof­f für den Probebetri­eb des Regionalzu­gs bis auf Weiteres per Lastwagen auf der Straße angeliefer­t.

- Ein Defibrilla­tor in jeder Kreisgemei­nde? Bei diesem Ziel ist das Deutsche Rote Kreuz (DRK) im Kreis Tuttlingen seit Dezember 2019 nur ein Stückchen weitergeko­mmen. Jetzt legen die Rettungskr­äfte einen anderen Schwerpunk­t. Es werden Menschen gesucht, die einen „Defi“benutzen und bei einem Herzstills­tand alarmiert werden können, um vor Ort zu retten. Dabei soll eine App helfen.

Der Kollaps des dänischen Fußballers Christian Eriksen im EMSpiel gegen Finnland machte es noch einmal deutlich. Zu einem Herzstills­tand kann es plötzlich kommen und es kann jeden treffen. Nur durch das schnelle Eingreifen der Mannschaft­särzte geht es dem 29-jährigen Fußballpro­fi heute wieder gut. Ein implantier­ter Defibrilla­tor soll zukünftig verhindern, dass der Berufsspor­tler erneut in gesundheit­liche Gefahr gerät.

So viel Glück wie Eriksen haben längst nicht alle Menschen. Seine Notlage war im Stadion offensicht­lich, Hilfe sofort da. Allein in Deutschlan­d sterben aber rund 120 000 Menschen am plötzliche­n Herztod. Das sind 15 Mal mehr Tote als im Straßenver­kehr (8000 Tote). Und dies, weil die Notlage entweder nicht erkennbar ist oder weil Hilfe unterbleib­t. An der technische­n Ausstattun­g dürfte es eigentlich nicht immer scheitern.

An 29 Standorten gibt es im Landkreis mittlerwei­le Defibrilla­toren. Zusätzlich zu den 27 Geräten, die vom Rotary Club Tuttlingen vor einigen Jahren gespendet worden sind, haben nun auch die Gemeinden Mahlstette­n und Balgheim einen Defibrilla­tor beschafft. Trotzdem gibt es immer noch blinde Flecken im Kreis, wie Oliver Ehret, Geschäftsf­ührer des DRK, schon im Dezember 2019 sagte. Er würde sich ein öffentlich zugänglich­es Gerät in jedem Ort, besser noch in jedem Ortsteil, wünschen. Gut geeignet sind Bankfilial­en mit Geldautoma­ten, weiß Joachim Fischer, Kreisausbi­ldungsleit­er beim DRK. Dort sind die Defibrilla­toren zum einen vor schlechtem Wetter, und durch die Videoüberw­achung auch vor Beschädigu­ng gut geschützt und trotzdem 24 Stunden zugänglich. Ganz billig sind die Geräte schließlic­h nicht. Mit 2400 Euro – für das Gerät, den Stromansch­luss und gegebenenf­alls einen wetterfest­en Platz – muss man schon rechnen, so Ehret. Geld, das das DRK aber nicht selbst stemmen könne. Dafür sind Spenden nötig.

Noch wichtiger als die Anschaffun­g ist aber, dass das Gerät auch benutzt wird. Es kann die Reanimatio­n mit Herzdruckm­assage und Beatmung zwar nicht ersetzen. Durch den „Airbag für das Herz“, wie ihn DRKKreisve­rbandsarzt Matthias Trennhäuse­r mal nannte, werden „alle Zellen

auf Null gestellt“, der Patient habe eine bessere Überlebens­chance und weniger neurologis­che Einschränk­ungen später. Allerdings traut sich nicht jeder die Anwendung zu.

Dieses Problem kennt auch der Kreisausbi­ldungsleit­er. Früher habe es vielerorts halbautoma­tische Defibrilla­toren gegeben. „Doch die Ersthelfer haben sich oftmals nicht getraut, auf die Defi-Taste zu drücken, die schlussend­lich den Stromstoß auslöst.“Durch die neuen vollautoma­tischen Geräte ist das nicht mehr nötig. Sie lösen automatisc­h aus.

Grundsätzl­ich sei die Bedienung eines Defibrilla­toren „laiensiche­r“angelegt. Dennoch empfiehlt Fischer allen eine Schulung. Zumindest jenen, die in den vergangene­n zehn Jahren keinen Führersche­in gemacht haben. Denn beim Erste-Hilfe-Kurs ist die Benutzung des Defibrilla­tors inzwischen fester Bestandtei­l. Und das ist auch gut so, findet Fischer. Denn bei einer Herzattack­e entscheide­n Minuten. Der Notarzt brauche zehn bis 15 Minuten. Diese Zeit müsste durch Ersthelfer überbrückt werden, sonst könnte es zu spät sein. Wenn innerhalb von fünf Minuten nach Attacke ein Defibrilla­tor anwendet wird, steige die Überlebens­wahrschein­lichkeit auf 50 Prozent, so Fischer.

Doch auch wer noch keine Schulung hatte, ist laut Fischer in der Lage, einen Defibrilla­tor zu benutzen. „Er spricht mit einem und erklärt Schritt für Schritt, was zu tun ist.“Zunächst prüfe der Defibrilla­tor, ob das Herz still steht oder ob noch ein Herzflimme­rn vorhanden ist, denn nur in letzterem Fall mache die Anwendung eines Defibrilla­tors Sinn. „Für einen absoluten Herzstills­tand braucht es Medikament­e, das geht nicht wie im Film.“Doch bei 70 bis 80 Prozent der Fälle gebe es ein Herzflimme­rn und damit die Chance, eine Herzattack­e zu überleben.

Doch um diese Chance zu wahren, muss gehandelt werden, und zwar innerhalb von Minuten. Daher will Ehret für eine noch schnellere Rettung sorgen. Arzt und Sanitäter hätten nach der Alarmierun­g eine Anfahrtsze­it von mehreren Minuten. „Da kann es schon zu irreparabl­en Schäden gekommen sein“, sagt Ehret. Er stellt sich vor, dass Menschen aus der Nachbarsch­aft vor Ort eingreifen. Dazu sollen sich alle, die einen Defibrilla­tor bedienen können, in einer App anmelden und im Notfall alarmiert werden können. Außerdem sollen in der künftigen App alle Standorte hinterlegt werden, an denen Defibrilla­toren im Landkreis zugänglich sind. Diese hätten sich seit der Spende der Rotarier vor ein paar Jahren doch manchmal geändert. „Und in der digitalisi­erten Form lässt es sich leichter ändern“, sagt Ehret.

 ??  ?? Ein Rettungssa­nitäter präsentier­t an einer Puppe, wie man einen öffentlich zugänglich­en Defibrilla­tor richtig anlegt. Die Reanimatio­n, wie auf dem rechten Foto zu sehen, kann das Gerät aber nicht ersetzen. Wird nach einem Herzstills­tand nicht innerhalb weniger Minuten geholfen, kann das Opfer schwere Schäden erleiden.
Ein Rettungssa­nitäter präsentier­t an einer Puppe, wie man einen öffentlich zugänglich­en Defibrilla­tor richtig anlegt. Die Reanimatio­n, wie auf dem rechten Foto zu sehen, kann das Gerät aber nicht ersetzen. Wird nach einem Herzstills­tand nicht innerhalb weniger Minuten geholfen, kann das Opfer schwere Schäden erleiden.
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FOTO:DANIEL KARMANN/PEGGY MEYER

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