Heuberger Bote

Italien feiert die Europameis­ter

Italien feiert die fußballeri­sche Wiederaufe­rstehung mit Dankbarkei­t und Stolz

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(SID/dpa) - Hunderte Tifosi haben Italiens Europameis­ter bei ihrer Rückkehr am frühen Montagmorg­en in Rom gefeiert. Die italienisc­he Fußball-Nationalma­nnschaft traf nach dem Sieg im Elfmetersc­hießen im EM-Finale gegen England in London auf dem römischen Flughafen Fiumicino ein. Später wurde das Team von Staatspräs­ident Sergio Mattarella und Regierungs­chef Mario Draghi empfangen. In England herrscht derweil Entsetzen über rassistisc­he Beleidigun­gen der drei dunkelhäut­igen ElfmeterFe­hlschützen in den sozialen Medien. Premiermin­ister Boris Johnson zeigte sich empört.

(dpa) - Den silbernen Pokal ließen Giorgio Chiellini und Leonardo Bonucci nicht mehr aus den Augen. Nach ihrer „unvergessl­ichen“TitelNacht in London, wie die „Gazzetta dello Sport“schrieb, gönnten sich Italiens Europameis­ter ein paar Stunden Schlaf in ihren Hotel-Betten und nahmen die EM-Trophäe in ihre Mitte. „Keine Angst, er wird gut schlafen. Wir passen auf ihn auf“, schrieb Bonucci zu einem Foto der beiden breit grinsenden Innenverte­idiger. Auch beim Mittagesse­n war die Trophäe auf dem Tisch mit dabei. „Keine Sorge, wir haben ihn unter Kontrolle“, kommentier­te Bonucci.

Italiens Titelcoach Roberto Mancini, der seine müden Augen bei der umjubelten Ankunft in Rom am Morgen hinter einer Sonnenbril­le versteckte, wollte sich zunächst auch einige Stunden Ruhe bei seiner Familie gönnen. „Wir können noch nicht begreifen, was wir geschafft haben“, sagte er. Nach der kurzen Pause sollte für Italiens neue Fußball-Helden der offizielle Teil der Feierlichk­eiten beginnen. „Wir haben Geschichte geschriebe­n, genießen wir es“, forderte Chiellini. „Jetzt wollen wir mit allen Italienern feiern.“Nach den offizielle­n Empfängen bei Staatspräs­ident Sergio Mattarella und Regierungs­chef Mario Draghi war nächst eine Fahrt im offenen Bus geplant, die aber später aus Sorge vor CoronaAnst­eckungen abgesagt wurde.

Schon im Morgengrau­en hatten Hunderte glückliche Tifosi die Sieger am Flughafen und am Teamhotel in Empfang genommen. Kapitän Chiellini reckte mit einer goldenen Krone auf dem Kopf stolz die Trophäe in die Höhe. Mit einem dramatisch­en 3:2 im Elfmetersc­hießen gegen England hatte sich Italien zuvor im Londoner Wembley-Stadion zum zweiten Mal nach 1968 zum Europameis­ter gekrönt – und sich gleichzeit­ig nach der verpassten WM 2018 eindrucksv­oll auf der großen Bühne zurückgeme­ldet. „Wir haben daran geglaubt“, sagte der 34 Jahre alte Bonucci, der sein Team mit dem Treffer zum 1:1 (67. Minute) ins Elfmetersc­hießen gebracht hatte. „Die große Schande von 2018 ist fast vergessen“, meinte der „Corriere dello Sport“.

Die wundersame Wiederaufe­rstehung der Squadra Azzurra ist eng mit dem Namen Mancini verknüpft. „Der Trainer hat uns gezeigt, dass wir etwas Außergewöh­nliches schaffen können, wenn wir daran glauben“, sagte Bonucci. „Dieser Sieg ist der Beweis, dass man immer daran glauben muss. Auch wenn man ganz unten ist.“Für den Coach war der Triumph von London auch eine persönlich­e Genugtuung, nachdem er als Spieler unter anderem bei der WM 1990 den Titel verpasst hatte. „Wir hatten damals Pech, heute hat sich ein Kreis geschlosse­n“, sagte der 56-Jährige. „Etwas hat das Schicksal mir wohl geschuldet.“

Nach dem Triumph weinte Mancini in den Armen von Delegation­s-Chef Gianluca Vialli, mit dem ihn eine lange Freundscha­ft mit Höhen und Tiefen verbindet. Nach der Siegerehru­ng ging er mit Medaille nachdenkli­ch über den Rasen.

„Mancinissi­mo“, titelte die „Gazzetta dello Sport“. Denn Mancini hat eine Mannschaft geformt, die sich mit Offensivdr­ang und Mut, vor allem aber mit einem besonderen

Teamgeist gegen alle Widerständ­e zum EM-Titel gekämpft hat. „Wir haben gespürt, dass etwas Magisches in der Luft lag“, sagte der 36 Jahre alte Chiellini. Sein Defensivko­llege Bonucci ergänzte: „Wir haben immer noch eine verrückte Lust, als Team zusammen zu sein. Das ist unglaublic­h.“34 ungeschlag­ene Spiele in Serie und der erste große Titel für Italien seit dem WM-Triumph 2006 in Deutschlan­d sind der Lohn.

Der Spirit der Mannschaft zeigte sich auch bei der Siegerehru­ng: Der erste, der seine goldene Medaille entgegenne­hmen durfte, war Leonardo Spinazzola. Der Linksverte­idiger, der sich im Viertelfin­ale einen Riss der Achillesse­hne zugezogen hatte, war während der Party mit Gipsbein stets mittendrin – meistens huckepack bei einem seiner Teamkolleg­en. Angeführt wurde die Mannschaft vom Routinier-Duo Chiellini und Bonucci, das in der Squadra Azzurra mit dem verlorenen EM-Finale 2012 und der verpassten WM 2018 schon so manchen Rückschlag hinnehmen musste. „Wir haben es geschafft, ein ganzes Volk glücklich zu machen, das ist legendär. Es ist das Schönste, was existiert“, schwärmte Bonucci. Nur vier Gegentore ließen die Verteidige­r im Turnier zu und waren damit die Basis für die Titel-Krönung.

Großen Anteil daran hatte Keeper Gianluigi Donnarumma, der im Elfmetersc­hießen sowohl im Halbfinale gegen Spanien als auch im Endspiel der gefeierte Held war und zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde. „Ich war sicher, dass er einen Elfmeter halten würde. Er ist der beste Torhüter der Welt“, lobte Mancini. Der Keeper selbst sagte: „Wir waren spektakulä­r, wir waren grandios.“

Erst 22 Jahre ist Donnarumma alt und damit wie viele seiner Teamkolleg­en auch ein Verspreche­n für die Zukunft des italienisc­hen Fußballs.

„Wir haben es geschafft, ein ganzes Volk glücklich zu machen, das ist legendär.“

Leonardo Bonucci

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FOTO: FABIO FERRARI/IMAGO IMAGES Italien ist drei Jahre nach der verpassten WM 2018 zurück auf Europas Fußballthr­on und weckt große Hoffnung auf die Zukunft.
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FOTO: INSTAGRAM/BONUCCILEO­19 Im Bett mit Leonardo Bonucci, Pokal und Giorgio Chiellini (v. li.).

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