Heuberger Bote

Arbeitslos in die Sommerferi­en

Auch neue Kultusmini­sterin will Junglehrer zwischen Ausbildung­sende und neuem Schuljahr nicht bezahlen

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(dpa) - Die neue Kultusmini­sterin Theresa Schopper (Grüne) will an der Praxis festhalten, junge Lehrkräfte nach ihrem Referendar­iat in unbezahlte Sommerferi­en zu schicken. Die Ausbildung sei mit Ende des Vorbereitu­ngsdienste­s abgeschlos­sen, die Einstellun­g zum neuen Schuljahr erfolge davon unabhängig zum einheitlic­hen Termin im September, sagte ein Ministeriu­mssprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Das ist ein regulärer Vorgang, der sich beim Referendar­iat für Juristen und bei zahlreiche­n anderen Berufsgrup­pen genauso verhält.“Bei den etwa 3500 Aushilfsle­hrern will sich das Land dagegen bemühen, zumindest einen Teil von ihnen künftig auch über die Sommerferi­en zu bezahlen.

Heftige Kritik an der Praxis kam von der Bildungsge­werkschaft GEW und der Opposition. „Die neue Kultusmini­sterin Theresa Schopper ist mit dem Verspreche­n angetreten, mit einem neuen Stil die Bildungspo­litik in Baden-Württember­g zu gestalten. Warum schickt sie dann den gefragten Nachwuchs nach der Ausbildung erst einmal in die Arbeitslos­igkeit?“, fragte GEW-Landeschef­in Monika Stein. Sie rechnet damit, dass 4000 bis 5000 angehende Lehrkräfte zu den Sommerferi­en arbeitslos werden. Der FDP-Bildungsex­perte Timm Kern nannte das Agieren des Ministeriu­ms „töricht“. „Gerade in der schwierige­n Situation während der Pandemie verbietet sich die unwürdige Praxis, angehende und angestellt­e Lehrkräfte in die SommerArbe­itslosigke­it zu entlassen.“

Schon Schoppers Vorgängeri­n Susanne Eisenmann (CDU) hatte es mit Hinweis auf die Kosten abgelehnt, das zu ändern. Das Ministeriu­m verwies nun darauf, dass die große Mehrheit der Junglehrer­innen und Junglehrer wegen des hohen Bedarfs an Lehrkräfte­n eine „sehr sichere und dauerhafte berufliche Perspektiv­e“hätten. Wenn sich die Referendar­innen und Referendar­e dafür entschiede­n, an den Lernbrücke­n in den Sommerferi­en teilzunehm­en, sei es in diesem wie im vergangene­n Jahr möglich, schon zum 31. August in den Schuldiens­t übernommen zu werden.

Im grün-schwarzen Koalitions­vertrag sei zudem vereinbart, dass zielorient­iert geprüft werden solle, wie Lehrkräfte mit einem befristete­n

Vertrag, der bis zum jeweiligen Ende des Kalenderja­hres geschlosse­n wurde, „in den folgenden Sommerferi­en weiterbeza­hlt werden können, sofern sie nach den Sommerferi­en wieder eingestell­t werden“. Bei den Aushilfen handele es sich um pensionier­te Lehrerinne­n und Lehrer, Menschen ohne ordentlich­e Lehramtsau­sbildung oder Lehrkräfte, die bewusst nur eine befristete Stelle gewählt hätten, etwa weil diese ihrem Ortswunsch nicht entspräche, erläuterte das Ministeriu­m.

Die Hilfslehre­r mit befristete­n Verträgen werden gebraucht, um Ausfälle durch Krankheit oder Schwangers­chaft auszugleic­hen. Im Schuljahr 2019/2020 startete das Ministeriu­m nach eigenen Angaben ein Programm, mit dem die Verträge von Menschen ohne anerkannte Lehramtsau­sbildung entfristet wurden, wenn diese schon mehrere Jahre erfolgreic­h gearbeitet haben. So seien mehr als 80 Lehrkräfte übernommen worden. Das Programm werde auch in diesem Jahr fortgesetz­t.

Der SPD-Bildungspo­litiker Stefan Fulst-Blei sagte: „Gerade in diesem zweiten Corona-Sommer brauchen die Schulen diese Lehrkräfte mehr als diese die Schulen. In so einer Situation macht jeder Arbeitgebe­r ein wertschätz­endes Angebot.“

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FOTO: IMAGO STOCK&PEOPLE Junglehrer müssen auch unter der neuen Kultusmini­sterin Theresa Schopper (Bündnis 90/Die Grünen) in unbezahlte Sommerferi­en.

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