Überweisung in Sekundenbruchteilen
Die Pläne für einen digitalen Euro werden immer konkreter – Doch was bringt er den Verbrauchern eigentlich?
- Neben dem normalen Euro könnte es bald eine digitale Variante geben. Von „revolutionären“Veränderungen im Geldwesen sprach Guido Zimmermann, Analyst bei der Landesbank BadenWürttemberg, am Montag. Trotzdem werde der digitale Euro für die Verbraucherinnen und Verbraucher „im Alltag anfänglich nichts ändern“– ein Paradox. Ein Überblick zum Digital-Euro.
Was passiert gerade?
Vermutlich an diesem Mittwoch wird die Europäische Zentralbank (EZB) erklären, dass sie „den Startschuss für eine digitale Erweiterung ihrer Gemeinschaftswährung gibt“. Davon geht die teilweise öffentliche Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) aus. Damit begänne die mehrjährige „Design-Phase“, in der sich die EZB überlegt, wie der digitale Euro grundsätzlich funktionieren soll. Später folgten eine Test-Phase und die Einführung.
Was ist der digitale Euro?
Eine digitale Ergänzung der heutigen Währung Euro, herausgegeben von der staatlichen EZB. Alle Bürgerinnen und Bürger sollen ihn benutzen können. Er wird so relativ wertstabil und sicher sein wie Banknoten und Münzen. Der digitale Euro kommt direkt von der Zentralbank, er ist nicht das Produkt von Geldschöpfung privater Banken wie etwa ein Kredit. Die EZB garantiert den digitalen Euro. Entsprechende Guthaben sind nicht betroffen, wenn Privatbanken pleitegehen.
Warum macht die EZB das?
Nachdem 2008 die private InternetWährung Bitcoin gestartet war, gab es viele Nachahmer. Mittlerweile arbeitet auch der US-Konzern Facebook an privatem Geld, das er Diem nennt. Die chinesische Regierung lässt eine digitale Version des Yuan entwickeln. Die Bahamas haben ihren digitalen Sand Dollar bereits in Umlauf gebracht. Zahlreiche weitere Zentralbanken weltweit verfolgen ähnliche Projekte. Damit Europa später nicht auf ausländische Internet-Währungen angewiesen ist, muss die EZB eine eigene Version vorbereiten. Es geht um ökonomische und politische Selbstbestimmung.
Was ändert sich für Verbraucherinnen und Verbraucher?
Die EZB könnte den Digital-Euro zur
Verfügung stellen, indem alle Kundinnen und Kunden neben ihrem normalen Konto bei einer Geschäftsbank ein zusätzliches Digital-EuroKonto bekommen. Auf dieses lässt sich dann wahrscheinlich eine begrenzte Summe vom Girokonto überweisen und so in digitale Euro umwandeln. Diese dienen zum Bezahlen im Netz, das schneller als heute, idealtypisch in Echtzeit, passiert. Für Überweisungen zwischen Digitalkonten bräuchte man eigentlich auch keine Dienstleister mehr wie heute etwa Paypal oder Kreditkartenfirmen. Die entsprechenden Gebühren könnten wegfallen. Anfangs
allerdings dürfte es zwischen Bezahlen mit Digital-Euro und heutigem elektronischen Zahlungsverkehr kaum spürbare Unterschiede geben, da es für Privatkunden meist egal ist, ob die Zahlung nach Sekunden oder schon Sekundenbruchteilen beim Empfänger ankommt. Eine alternative Bereitstellungsform neben einem Konto wäre eine digitale Brieftasche auf dem Smartphone.
Was ändert sich für Firmen?
Die Landesbank Baden-Württemberg geht davon aus, dass die EZB einen wichtigen Wunsch der Wirtschaft erst mal nicht erfüllt. Der digitale Euro wird wohl nicht programmierbar sein. Unternehmen hätten das gerne, weil Geld dann nicht nur zum schnellen Bezahlen diente, sondern auch weitere Informationen transportieren könnte, etwa Zweck, Zeitpunkt und Bedingungen von Transfers. Die Möglichkeit, solche sogenannten „smart contracts“(intelligenten Verträge) in den digitalen Euro einzubauen, erscheint der EZB aber anscheinend zu kompliziert.
LBBW-Experte Zimmermann rechnet deshalb damit, dass Banken und Technologiekonzerne in den kommenden Jahren weitere, eigene Digital-Zahlungsmittel einführen werden, die den Wünschen der Unternehmen entgegenkommen. Diese könnten sich auch zu einer Konkurrenz für das digitale Zentralbankgeld entwickeln.
Wird das Bargeld abgeschafft?
Die EZB will Banknoten und Münzen nicht abschaffen, wie sie erklärt. Die Entwicklung hängt allerdings auch davon ab, wie viele Bürgerinnen und Bürger das traditionelle Bargeld weiter nutzen wollen. Eine Rolle dürfte spielen, dass digitales Bargeld weniger anonym ist als Bargeld, das man anfassen kann. Bezahlen im Netz hinterlässt mehr Spuren als die Übergabe eines Geldscheins. Damit steht auch die Frage des Datenschutzes im Raum.
Die Informationen darüber, wer wann was mit digitaler Währung bezahlt, dürften bei der EZB besser aufgehoben sein, als bei irgendwelchen privaten Geld-Erfindern oder der chinesischen Zentralbank. Die Voraussetzung für diese Aussage ist allerdings, dass man Vertrauen in den demokratischen Staat hat. Wer das abwegig findet, mag sich wohler fühlen mit Zahlungen in Bitcoin oder anderen privaten Kryptowährungen, die ihre Daten der Obrigkeit gerade vorenthalten wollen.