Heuberger Bote

Autobauer fordern massiven Ladenetz-Ausbau

Eine Verschärfu­ng von CO2-Grenzwerte­n muss laut Branche zwingend einhergehe­n mit mehr Investitio­nen in Infrastruk­tur

- Von Ansgar Haase und Christian Ebner

(dpa) - Die Autoindust­rie warnt kurz vor der Vorstellun­g von neuen EU-Plänen zum Klimaschut­z vor einseitige­n Auflagen. Der europäisch­e Hersteller­verband Acea machte am Montag deutlich, dass er eine deutliche Verschärfu­ng von Kohlendiox­id-Grenzwerte­n nur dann für machbar hält, wenn es gleichzeit­ig verbindlic­he Vorgaben für mehr Infrastruk­tur für Elektrofah­rzeuge gibt.

Für jeden weiteren Prozentpun­kt der Zielversch­ärfung benötige man zusätzlich mindestens 200 000 weitere öffentlich­e Ladepunkte für Elektrofah­rzeuge – über die bereits erforderli­chen drei Millionen Stück im Jahr 2030 hinaus, sagte der BMWChef und Acea-Präsident Oliver Zipse in Brüssel.

So würde nach Berechnung­en der EU-Kommission zum Beispiel eine weitere Verringeru­ng der CO2-Emissionen bis 2030 um minus 50 Prozent bereits rund sechs Millionen öffentlich­e Ladepunkte erfordern. „Mit heute weniger als 225 000 Stück müsste das einer Steigerung um den

Faktor 27 in weniger als zehn Jahren entspreche­n“, sagte Zipse.

Der BMW-Chef äußerte sich kurz vor der für Mittwoch erwarteten Präsentati­on von Vorschläge­n, die ein Erreichen des EU-Zwischenzi­els für den Klimaschut­z ermögliche­n sollen. Es sieht konkret vor, den Ausstoß von Klimagasen bis 2030 um mindestens 55 Prozent unter den Wert von 1990 zu bringen – statt um die bisher geplanten 40 Prozent.

Es gilt damit als sicher, dass auch die Vorgaben für die Autoindust­rie verschärft werden. Bisher gilt, dass der CO2-Ausstoß bei Neuwagen 2030 im Schnitt um 37,5 Prozent niedriger sein muss als 2021. Es wird nun erwartet, dass die EU-Kommission vorschlägt, diese Zielvorgab­e auf 50 bis 60 Prozent anzuheben. Zipse sagte dazu, es gehe nun darum, nicht nur ambitionie­rte Klimaschut­zziele zu formuliere­n, sondern mit verbindlic­hen Vorgaben für mehr Ladeinfras­truktur gleichzeit­ig eine entscheide­nde Grundlage für deren Erreichen zu schaffen. Als Acea-Vorsitzend­er vertritt er derzeit auch zahlreiche andere in Europa tätige Autobauer wie Daimler, Volkswagen, Renault und Ford.

Ähnliche Forderunge­n an die politische­n Entscheidu­ngsträger wie Acea stellt die IG Metall. In einem Grundsatzp­apier zeigt sich die größte deutsche Einzelgewe­rkschaft zwar grundsätzl­ich überzeugt von den Klimaziele­n der Bundesregi­erung und der Europäisch­en Union, die insbesonde­re einen schnellere­n Umstieg auf Elektromob­ilität bedeuteten. Aber: „Die Politik kann sich nicht auf die Zielvorgab­en beschränke­n, sie muss die Voraussetz­ungen der Zielerreic­hung schaffen“, heißt es in dem Expertenpa­pier „Fit for 55“, das der dpa vorliegt.

Neben technologi­schen Feldern wie der Lade-Infrastruk­tur, dem Ausbau erneuerbar­er Energien, einer europäisch­en Batteriepr­oduktion und der Nachfrages­timulation sehen die Metaller politische­n Handlungsb­edarf zum Schutz der Beschäftig­ten.

In den bisherigen Strukturen von Fahrzeugba­u, Autohandel und nachgelage­rten Services seien in Deutschlan­d bis 2040 zusammen bis zu 900 000 Arbeitsplä­tze gefährdet. Am härtesten könnte es die Zulieferer treffen, bei denen einschließ­lich der ohnehin zu erwartende­n Rationalis­ierungseff­ekte schon 2030 rund 44 Prozent der Jobs wegfallen könnten.

Die Lösung der Beschäftig­ungsproble­me sieht die IG Metall in der zusätzlich­en Qualifizie­rung der Mitarbeite­r. Dazu müsse unter anderem das bisherige Kurzarbeit­ergeld zu einem Transforma­tions- Kurzarbeit­ergeld entwickelt werden, um damit Weiterbild­ungen zu ermögliche­n. Mit einer regionalen Strukturpo­litik müssten die existieren­den Standorte umgebaut und gesichert werden.

Die IG Metall spricht sich dafür aus, dass auch weiter Hybrid-Fahrzeuge als Übergangst­echnologie steuerlich gefördert werden. Mit Hybrid-Fahrzeugen machen insbesonde­re deutsche Hersteller gute Geschäfte.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Bisher gebe es viel zu wenige Ladepunkte für Elektrofah­rzeuge, sagt BMW-Chef Oliver Zipse. Das müsse sich nun dringend ändern.

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